Tansania steht für Afrika pur. Unsere Autorin wollte möglichst viel von diesem großen Land sehen. Sie reiste deshalb in Begleitung eines eigenen Fahrers.

Arusha - „Wir haben Zeit“, sagt Gabriel, „polepole“. Während im Frühstücksraum noch die Köche Pfannkuchen brutzeln, stellen sich an der Rezeption schon die Fahrer auf. In zünftiger Safarikleidung warten sie auf ihre Gäste, die sie in die Parks rund um Arusha begleiten werden. Ältere Paare aus England werden abgeholt, eine Großfamilie aus den USA, französische Eltern mit kleinen Kindern und die allein reisende Mutter aus Deutschland, die eben Gabriel um etwas Geduld bitten musste, weil die 16-jährige Tochter noch auf den Pfannkuchen wartet. „Polepole“ wird zum Zauberwort dieser Erlebnistour, was auf Kiswahili so viel wie „langsam“ oder „gemächlich“ heißt. Eigentlich ist Afrika im Schnelldurchgang geplant, denn die Reiseroute der beiden Frauen ist pickepackevoll mit Programmpunkten. Beim dritten Afrikabesuch wollte die Mutter vor allem den Süden Tansanias, Menschen und soziale Einrichtungen besuchen. Für die Tochter waren die Serengeti im Norden und die großen wilden Tiere ein absolutes Muss. Nach zehn Tagen sollte die Reise dann bei Freunden in Daressalam enden. Die unterschiedlichen Vorstellungen deckten sich mit keiner Gruppenreise und wurden daher als individuelle Tour ausgeklügelt, mit Driver Guides, Fahrern, die gleichzeitig Fremdenführer und Begleiter sind.

 

Das mulmige Gefühl und die Sorgen um Gesundheit und Sicherheit angesichts von Ebola und Überfällen in Nachbarländern verfliegen schon am ersten Morgen in der Moivaro Lodge. Gabriel (38) ist auf Anhieb sympathisch und vertrauenerweckend, sein Name scheint Programm: ein Schutzengel hinterm Steuerrad. Statt Räuberbanden überall freundliche Menschen, die sich gewissenhaft um ihre Gäste kümmern und ihnen vermitteln, dass „Karibu!“ keine leere Begrüßungsformel ist, sondern tatsächlich „Willkommen!“ heißt. Die erste Etappe der Reise führt in die Nähe von Karatu in eine Krankenstation von Schweizer Nonnen und in die berühmte Serengeti. Auf dem Weg dorthin geben die Straßenränder einen ersten Einblick in das Leben vieler Tansanier. Es findet direkt neben der staubigen Fahrbahn in aller Öffentlichkeit statt. Hier werden Möbel geschreinert und Autos repariert, wird Gemüse zum Verkauf kunstvoll aufgebaut, wird Wäsche gewaschen und Essen gekocht.

Das Gesundheitswesen des Landes

Wie es um das Gesundheitswesen des Landes bestellt ist, erfahren Mutter und Tochter bei Schwester Blasia im Rhotia Health Center. Die 83-jährige Hebamme aus der Schweiz gehört dem franziskanischen Frauenorden der Baldegger Schwestern an. Zupackend und herzlich versorgt die Hebamme Wöchnerinnen und leitet junge tansanische Schwestern an, die bald an ihre Stelle treten sollen. Schwester Blasia kam vor 56 Jahren nach Afrika und kämpft seitdem unerschrocken mit vielen Problemen, vor allem der Finanzierung ihres Lebenswerkes. Die schlechten Schulen des Landes bringen die Ordensfrau förmlich in Rage wie die Situation der Ärzte, die oft weniger verdienen als ein Driver Guide.

Das Rhotia Health Center ist ein gelungenes Beispiel für gute medizinische Versorgung, aber andere Krankenhäuser in der Umgebung machen der Schwester Sorge, weil sie völlig heruntergewirtschaftet sind, seit sie vom Staat übernommen wurden. Eine ökologische und wirtschaftliche Pleite könnte auch der Serengeti blühen, wenn der tansanische Staat den Plan, eine Straße durch das Weltnaturerbe der Menschheit zu bauen, nicht fallen lässt. Der Nationalpark, dessen Name in der Sprache der Massai „große, endlose Weite“, bedeutet, übersteigt trotz aller Bedrohungen und vieler Touristen jegliche Erwartungen. Die braun-gelben Grassavannen, die ein- bis zweimal im Jahr Schauplatz der letzten intakten Tierwanderungen der Erde sind, ziehen Besucher aus aller Herren Ländern in ihren Bann. Gabriel kennt hier jeden Stein und fährt zu den Lieblingsplätzen der großen Fünf. Sie zeigen sich alle: Elefanten, Büffel, Löwen, Nashörner und Leoparden.

Seite 2: Glücksmomente

Mal sind die impo santen Tiere umringt von unzähligen Geländewagen und klickenden Kameras, mal tauchen sie an einsamen Orten auf wie die beiden Löwendamen, die sich direkt am Geländewagen eine halbe Stunde, „polepole“, sonnen. Dann wieder kommt über Funk die Meldung, dass ein Leopard gesichtet wurde, und der Fahrer brettert über staubige Pisten los, damit seinen Gästen diese Rarität nicht entgeht. Prachtvoll steht das Raubtier hoch oben in den Ästen eines Baumes, wo es eine große Antilope verspeist. Wie er das Tier da hinaufgezerrt hat? Glücksmomente wie diese gibt es viele in den vier Wildlife-Tagen. Die jungen Geparden auf einem Stein, die ulkigen Marabus auf einem toten Baum, zickig stolzierende Strauße, bizarre Steingebilde und unzählige Giraffen, Zebras, Paviane, Antilopen, Schakale, Warzenschweine und Nilpferde - nur ein Krokodil liegt in keinem der halbtrockenen Flussläufe. Die respekteinflößenden Reptilien begegnen Mutter und Tochter dann im Süden des Landes auf der zweiten Etappe der Reise.

Direkt vor ihrer Banda, einer gemütlichen Holzhütte am Ruaha-Fluss, glühen nachts die Augen der Tiere, und niemand in der spektakulär gelegenen Lodge darf die Unterkunft verlassen, ohne Begleitung eines Massai, der sich mit Speer und rotem Tuch aus der Dunkelheit löst, sobald sich eine Tür öffnet. Seit die Frauen die Cessna am Lake Manyara bestiegen und sich schweren Herzens von Gabriel mit „Kwaheri!“ verabschiedet haben, sind sie nun in Begleitung von Amoz unterwegs. Der Fahrer aus Daressalam wirkt wie ein urbaner Hipster mit verspiegelter Sonnenbrille und tief sitzender Jeans. Er hat es anfangs schwer bei den Damen. Aber auch Amoz fährt seine Gäste sicher und zuvorkommend durch den Busch oder bringt sie zur Walking Safari im Ruaha National Park.

Dort erfahren Mutter und Tochter von zwei Rangern, dass Flusspferde in Afrika die Tiere sind, die am meisten Menschen auf dem Gewissen haben. Die gemütlich aussehenden Vegetarier können Eindringlinge in ihr Revier mit einem Hieb ihres tonnenschweren Maules niederstrecken. Das erleben die Buschgänger beinahe am eigenen Leib, denn am Ende der Tour taucht plötzlich mit Gebrüll ein Hippo direkt am Pfad auf und droht mit weit geöffnetem Maul. Die Ranger entsichern ihre Gewehre und ziehen die Frauen hinter einen Felsen. Glück gehabt! Hier im Süden sind weitaus weniger Touristen unterwegs, und an den Toren mancher Parks melden sich im afrikanischen Winter mehr Schulklassen an als Geländewagen mit „Wazungu“, wie hier die Weißen genannt werden. Dabei gibt es im südlichen Teil des großen Landes Einzigartiges zu bestaunen wie den Urwald in den Udzungwa-Bergen, wo auf Wanderungen unzählige Vogel-, Affen- und Schmetterlingsarten durch die Baumkronen flitzen und seltene medizinisch genutzte Pflanzen wachsen. Oder der stimmungsvolle Sonnenuntergang im Mikumi National Park von der Veranda eines geräumigen Haus-Zeltes im Vuma Hill Tented Camp.

Der Weg in die Highlands lohnt sich in jeder Hinsicht

Der weite Blick in die Mkata-Ebene, die vorwitzigen Buschbabys mit ihren Kulleraugen und die heulenden Afrikanischen Wildhunde sind langlebige Eindrücke. Betreiber dieser und fünf anderer schön gelegener Lodges wie die am Ruaha River ist die Familie Fox, die Amoz achtungsvoll als eine der wohltätigsten Familien des Landes ankündigt. Zu ihrem Stammsitz in den abgelegenen Bergen des südlichen Hochlands fährt er seine Passagiere schließlich vor der Rückkehr in die Großstadt. Über Schlaglochpisten geht es mehr als eine Stunde lang durch dschungelartige Wälder und Teeplantagen, an kleinen Siedlungen und Holzfällern vorbei. Die grüne, hügelige Landschaft ist ein willkommener Kontrast zu den staubtrockenen Ebenen der letzten Tage. Der Weg in die Highlands lohnt sich in jeder Hinsicht. In der Mufindi-Lodge werden Mutter und Tochter von Geoff und Vicky Fox herzlich begrüßt, den Gründern des Britisch-Tansanischen-Familienunternehmens, das sich aus Holzhandel, Straßenbau, Lodges, einer kleinen Airline und Landwirtschaft zusammensetzt. Die Gäste beziehen eines der Blockhäuser mit Blick über Berge und Wälder.

Ein Tennis- und Kricketplatz, Angelteiche, Pferdekoppeln und Spazierwege gehören zum Anwesen, das auf den ersten Blick so gar nicht afrikanisch wirkt. Doch hier arbeiten ausschließlich Menschen aus der Umgebung, und sie bekommen die besten Aus- und Arbeitsbedingungen geboten. Das respektvolle Geben und Nehmen, das die Foxes in ihrer Wahlheimat, praktizieren, ist am schönsten im Wild-Orphans-Waisendorf zu erfahren. Gäste der Lodge können die neu erbaute Siedlung besuchen und am Leben der Kinder teilnehmen. Wie „hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen“ tauchen inmitten des Waldes kleine Häuschen auf. Viele Bewohner sind Aids-Waisen. Der Krankheit, von Wanderarbeitern eingeschleppt, sind hier Unzählige zum Opfer gefallen.

Die Stiftung der Foxes sorgt für gute medizinische Versorgung und Aufklärung. Und dafür, dass die Waisenkinder eine Heimat finden. Aber auch Kinder aus Familien der umliegenden Dörfer gehen in die Kindergärten und Schulen der Fox-Stiftung. Sie werden hier nach Montessori-Pädagogik erzogen und mit „Ugi“-Brei gut ernährt. In den neu gebauten Häuschen am Berg wohnen die Kinder mit ihren Ersatzmüttern in Familiengruppen. Von hier nehmen Besucher einen fröhlichen Eindruck Tansanias mit nach Hause.

Infos zu Tansania

Anreise
Viele Airlines bieten Flüge mit Zwischenlandungen nach Daressalam und zum Kilimanjaro International Airport bei Arusha an. Direktflüge gibt es bei KLM von Amsterdam aus ( www.klm.com ). Swiss fliegt von Zürich über Nairobi nach Daressalam (www.swiss.com ), Turkish Airlines von Istanbul aus (www.turkishairlines.com ).

Unterkunft
Die niederländische Königsfamilie machte in der geschmackvoll eingerichteten Plantation Lodge bei Karatu Urlaub ( www.plantation-lodge.com ).

Nicht weit entfernt liegt die Gibbs Farm mit schönem Blick über Kaffeefelder und mit hervorragender Küche. Hier besteht die Gefahr, die Safari sausen zu lassen ( www.gibbsfarm.com ).

Die allesamt schön gelegenen Fox Lodges im Süden des Landes bieten besonderes Afrika- und Busch-Feeling ( www.tanzaniasafaris.info ).

Im Guest House des Neema Crafts Centre in Iringa gibt es nette und sehr preiswerte Räume, auch für Familien ( www.neemacrafts.com ).

Soziale Projekte
Es lohnt sich, in Tansania nicht nur Tiere zu beobachten, sondern auch soziale Einrichtungen zu besuchen wie die Projekte des Foxes Community and Wildlife Trust ( www.wildorphans.org ).

Auch das Neema Crafts Centre in Iringa ist ein empfehlenswerter Stopp. Hier gibt es ein gutes Café, das von gehörlosen Menschen geführt wird, inklusive Einführung in die Gebärdensprache auf Kiswahili. Nicht auslassen: Führung durch die Werkstätten, in denen Menschen mit Behinderungen attraktives Kunsthandwerk produzieren ( www.neemacrafts.com ).

Veranstalter
Mehrere Reiseveranstalter bieten inzwischen individuelle Reisen ohne Gruppe mit Fahrern an. Die beschriebene Tour wurde von Marco Polo Reisen ausgearbeitet und organisiert, www.marco-polo-reisen.com/individuell . Ausführliche Beratung unter Freecall 0 08 00 / 44 02 44 02.

Flugsafaris, die sich auch gut für Familien eignen, und individuelle Touren organisiert auch der Spezialveranstalter Outback Africa ( www.outback-africa.de ).

Während der Südtansania-Flugsafari kommen die Gäste auch in den Ruaha-Nationalpark und in die Mufindi Highlands zur Farm und Lodge der Familie Fox.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall den weniger touristischen Süden des Landes besuchen und eine Wanderung in den Udzungwa Mountains mit einem Guide einplanen, www.tanzaniaparks.com

Auf keinen Fall das Programm zu dicht vollpacken, damit auch Zeit für „polepole“ bleibt.

Allgemeine Informationen
Tanzania Tourist Board, IPS Building, 3rd Floor P.O.Box 2485, Dar-es-Salaam, Tanzania www.tanzaniatouristboard.com

CMT
Marco Polo Reisen ist auf der CMT vertreten in Halle 8, Stand D24 .