In der Grumeti Reserve in Tansania darf gejagt werden - doch der neue Besitzer setzt auf Luxus-Tourismus: Neue Chancen auch für die Einheimischen.

Tansania - Der Kellner bringt das Dessert. Auf dem Dach der Lodge rumpeln Paviane, vor der Terrasse, stehen Giraffen im Abendlicht. Und der Kellner tischt diese Schokomousse-Kreation auf: die untere Schicht elfenbeinfarben, von cremigem Weiß, die obere Hälfte nahezu nachtschwarz, in der Farbe von Büffelhorn. Eine logistische Leistung, diese Schokomousse mitten im Busch, in Tansania, am Rande der Serengeti. Doch wüssten die Gäste, welchen Weg Peter Andrew Chuwa gehen musste, um in der Küche diese Köstlichkeit zu schaffen, sie würden diese mit noch mehr Andacht genießen. Peter Andrew Chuwa war Wilderer. „Ich war ein schrecklicher Mensch“, sagt der drahtige 35-Jährige. Aber er hatte keine Wahl oder glaubte zumindest, keine zu haben, was letztendlich dasselbe ist.

 

Chuwa wuchs im Westen des Serengeti-Nationalparks auf, er war 16 Jahre alt, als seine Mutter starb. Er hatte drei jüngere Geschwister. Die neue Frau seines Vaters brachte sechs Kinder mit ins Haus. „Leider“, so sagt Peter A. Chuwa, „ist es in unserer Kultur nicht üblich, dass Mütter sich um Stiefkinder kümmern.“ Seine Schwester durfte nicht mehr zur Schule. Es lag an Peter, sich zu kümmern. Peter gelang es, weil er, selbst noch fast ein Kind, einen guten Lehrer fand. Er nannte ihn nur Babu: Lehrer. Babu brachte ihm das Jagen bei. Peter zog mit dem alten Mann in den Busch, sie jagten Tag und Nacht, mit Pfeil und Bogen, mal Antilopen, mal Impalas. Peter verkaufte das Fleisch im Dorf und brachte so seine Geschwister durch. Und es wurde noch besser. Ein „Mann aus Somalia“ tauchte auf. Der gab Peter ein Gewehr. Damit sollte er Elefanten jagen.

Der andere verkaufte das Elfenbein weiter und gab Peter Geld dafür. Sieben Elefanten hat Peter geschossen. Aber er zog auch weiter mit Babu in den Busch. Bis zu dem Tag, als jener von einem Büffel angefallen und getötet wurde. „Acht Stunden lang habe ich ihn auf meinem Rücken ins Dorf zurückgebracht. Er war 79 Jahre alt.“ Nach dem Tod seines Lehrers hat Peter weitergemacht. „Was hätte ich denn tun sollen?“, sagt er. Er erzählt das abends, nach dem Dinner, auf der Terrasse der Faru Faru Lodge. Die Lodge liegt in der Grumeti Reserve, diese grenzt an den Serengeti-Nationalpark. Im Nationalpark ist die Jagd verboten, in Grumeti hingegen erlaubt. Genau genommen ist Grumeti ein 400 Quadratkilometer großes Jagdgebiet. 1994 hatte die tansanische Regierung das Schutzgebiet ausgerufen.

2002 übernahm ein US-Hedgefonds-Manager das Gebiet

Grumeti gehört zum Serengeti-Mara-Ökosystem, auch hier ziehen die großen Tier-Migrationen durch. Die teuren Jagdlizenzen sollten Geld einbringen, das an anderer Stelle für den Naturschutz verwendet werden kann. Ein durchaus übliches Prozedere in Afrika. 2002 übernahm ein US-Hedgefonds-Manager das Gebiet und gründete den Grumeti Community and Wildlife Conservation Fund. Seither werden keine Jagdlizenzen für Grumeti mehr auf den Markt gebracht. Das Geld, das die Pächter der tansanischen Regierung zahlen müssen, sollte von nun an mit fotografierenden Touristen erwirtschaftet werden. Singita, eine Kette luxuriöser Lodges aus Südafrika, stieg mit ein. Vom Bau der Safari-Lodges hörte auch Peter Andrew Chuwa. Mittlerweile hatte er geheiratet, seine Frau hatte ihr erstes Kind bekommen.

Peter machte sich auf den Weg, und er sagt: „Brian Harris verdanke ich alles.“ Harris, Wildlife and Community Development Manager der Singita Grumeti Reserve, lancierte das Anti-Wilderer-Programm, bis heute ein Teil des sozialen Engagements der Lodges. Vom Lohn eines Angestellten einer Lodge werden in den Dörfern zehn Menschen satt. Was aber auch bedeutet: Wenn einer Arbeit hat, erwarten neun Familienmitglieder, dass er sie unterstützt. In den vier Singita-Lodges in Grumeti Reserve arbeiten rund 150 Angestellte, zumeist aus den Dörfern der Umgebung. 1500 Tansanier leben also von vier luxuriösen Lodges. Peter Andrew Chuwa bekam einen Job im Straßenbau. „Harte, schwere Arbeit,“ erinnert er sich. Noch immer sprach er kein Englisch, seine Frau war zum zweiten Mal schwanger. „Ich war ehrgeizig, aber ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich mal in der Mzungu-Küche arbeiten würde“, in der Küche für die weißen Gäste. Peter Chuwa fiel Harris auf. Er wollte, dass der ehemalige Wilderer eine feste Stelle bekommt.

In Tansania werden täglich etwa 30 Elefanten illegal getötet

Der junge Mann wurde Koch für die Angestellten. Und dann wurde er eines Tages in die Küche gerufen. Und er wurde gefragt, ob er Koch oder Konditor werden wolle, so richtig mit Ausbildung. „Ich habe kurz nachgedacht“, erzählt er grinsend. „Konditor will in Afrika keiner werden, also werden Konditoren immer gebraucht.“ So kam es, dass der ehemalige Wilderer Peter Andrew Chuwa in die Mzungu-Küche kam. Er und seine Frau haben drei Kinder. „Meine Familie, meine Geschwister und meine Kinder bekommen jeden Tag drei Mahlzeiten. Ich sorge für sie.“ Und Peter sagt: „Keiner meiner Freunde wildert mehr.“ Und doch: In Tansania werden täglich etwa 30 Elefanten illegal getötet. Der Stoßzahn eines Elefanten kann bis zu 100 Kilo schwer werden. Ein Kilo Elfenbein bringt auf dem Schwarzmarkt 2000 Euro. Das Elfenbein - und die noch teureren Hörner der Nashörner - werden nach Asien gebracht. Interpol geht von einer Verdoppelung des Handels mit Elfenbein zwischen 2007 und 2013 aus. 25 000 Elefanten werden jährlich gewildert.

Die Wildereikrise hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Wer als Besucher nach Tansania kommt, ist versucht zu sagen: Wilderei sei natürlich verabscheuungswürdig, aber wenn einer arm ist und wildert, um seine Familie zu ernähren - das sei doch vielleicht verständlich. Ein Lodge-Betreiber antwortet darauf, wenn man in Europa arm und in einer Notlage sei, dürfe man ja auch nicht einfach eine Bank überfallen. Auch Wildtier-Hüter Grant Burden sieht die Fleisch-Wilderei der Dörfer zwiespältig. Burden sagt, ein Gnu wiege etwa 200 Kilogramm. Davon könne auch eine große Familie einen Monat leben. Eigentlich. „Aber wir befinden uns hier mitten in der Zone der großen Migration.“ Wilderer würden zwischen den Bäumen Drahtschlingen auslegen. So könnten vier Männer in einer Stunde 100 Gnus erlegen. „Dann rufen sie mit Handys im Dorf an, und alle kommen, mit Mopeds, mit Mulis, und schleppen die Kadaver nach Hause.“ Es scheine ja endlos viele Tiere zu geben, und Jahr für Jahr kommen sie wieder, seit endlosen Zeiten.

„Wilderei ist Alltag in Tansania“, sagt Grant Burden. Hat man alle diese Geschichten gehört, weiß man, dass in Afrika nichts einfach und vor allem nichts einfach schwarz-weiß ist. Außer der himmlischen Schokomousse von Peter Andrew Chuwa, ehemals Wilderer, heute Konditor.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Tansania

Anreise
Mit Turkish Airlines nach Kilimanjaro Airport oder Daressalam, Preis in der Economy-Class ab 535 Euro, www.turkishairlines.com/de-de/

Mit Condor nach Kilimanjaro Airport oder Zanzibar, Preis in der Economy-Class ab 565 Euro, www.condor.de

Unterkunft
Reisen nach Tansania organisiert beispielsweise der Veranstalter Designreisen (Brienner Straße 7, 80333 München, Telefon: 089 / 90 77 88 99, www.designreisen.de/luxusreisen/singita-grumeti-reserves-singita-faru-faru-lodge/ .

In der Singita Faru Faru Lodge ( http://singita.com/faru-faru-lodge/ ) kostet die Übernachtung pro Person im Doppelzimmer umgerechnet 697 Euro inklusive Safari und Vollpension.

In der Chem Chem Tarangire Lodge beim Tarangire Nationalpark ( www.chemchemsafari.com/de ) kostet ein 2-Nächte-Package ab 1220 Euro pro Person im Luxuszelt mit Vollpension und Safaris. Buchbar über Designreisen oder Ast-Reisen, www.ast-reisen.de/chem-chem-safari-lodge.php

Allgemeine Informationen
Informationen zu Tansania: www.tansania.de

Sehenswürdigkeiten/Ausflüge
Klassischerweise wird man zwei oder drei Safari-Destinationen kombinieren. Wer etwa in den Tarangire-Nationalpark und in die Serengeti möchte, hat als Verbindung noch den sagenhaften Flug in einer Propellermaschine über den Ngorongoro-Krater. Und wer hoch hinaus will, kann den Kilimandscharo besteigen. Das ist dann allerdings anstrengend.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall sich zu einer morgendlichen Safari aufraffen, auch wenn man im Urlaub gerne ausschläft. Schön ist die Savanne im frühen Morgenlicht.

Auf keinen Fall die Tiere immer nur auf dem Display der Kamera betrachten. Besser: Fotos machen, Kamera wegstecken und in die Natur schauen.