„Treffpunkte“ heißt das neue Format der Mitglieder des Produktionszentrums Tanz und Performance in Feuerbach.

Feuerbach - Die eine kommt mit Bogen, die andere mit Geige. Gemeinsam beginnen sie zu spielen, gehen in die Knie, umkreisen sich, wechseln die Instrumente, bis sie schließlich getrennt voneinander tanzen und spielen. Schneller, leidenschaftlicher, stets aufeinander und die Töne von Hildegard von Bingen achtend, die auf der Violine und den Stimmbändern erklingen. „Herstory I“ heißt die Musik- und Tanz-Performance, die am Mittwoch, 24. Mai, und Donnerstag, 25. Mai, jeweils im 20.15 Uhr, im Theaterhaus läuft. Choreografin und Tänzerin Eva Baumann sowie Violinisten Biliana Voutchkova zeigten jüngst einen Ausschnitt daraus bei „Treffpunkte“ im Produktionszentrum Tanz und Performance (PZ) in Feuerbach: Bei diesem neuen Veranstaltungsformat in loser Reihe stellen Mitglieder des Vereins ihre künstlerischen Positionen vor.

 

„Wir laden die Öffentlichkeit ein, bei uns auf Entdeckungsreise zu gehen, was hinter diesen historischen Mauern so alles passiert“, sagt PZ-Geschäftsführerin Isabell Ohst. „Bei den ‚Treffpunkten‘ geben Kunstschaffende Einblicke in ihre Arbeitsweise und aktuellen Produktionen, stellen sich den Fragen der Zuschauer. Sie arbeiten oft sehr unterschiedlich in Bereichen wie Musik, Performance, zeitgenössischer Tanz überschreiten deren Grenzen.“ Sie schmunzelt: „Der Austausch zwischen Publikum und Künstlern ist absolut erwünscht und essentiell!“

Wenige Komponistinnen in der Historie der Musik

So beschrieben Baumann und Voutchkova im nachfolgenden Gespräch, warum in „Herstory I“ Musikstücke von Frauen erklingen, vom Mittelalter bis in die Gegenwart: Komponistinnen kommen in der Historie der Musik kaum bis gar nicht vor. Entsprechend aufwändig war es, Stücke zu finden, Baumann tat sich Spezialarchiven um. „Für Frauen war es verpönt, im 19. Jahrhundert Geige zu spielen, es wurde mit weiblichen Formen assoziiert“, so Baumann, der es im Stück auch um das Aufeinander-Hören geht, darum, dass „der Körper musiziert und die Musik tanzt.“

Reagieren und Begegnen waren auch Aspekte bei „Synchronicity“, von dem Choreografin Juliette Villemin einen Vorgeschmack bot. Die Tanz-Musik-Medien-Performance über den richtigen Augenblick hat am 1. Juli im Fitz Premiere. „Tanz, Schauspiel und Musik sind Künste, die im Jetzt passieren, nach der Aufführung sind sie vorbei, kehren nicht wieder“, so Villemin. „Mich hat das Thema Zeitlichkeit interessiert in Musik, Tanz und Beziehung. Welches Zeitempfinden gibt es jenseits der Messbarkeit, was ist innere und äußere Zeit. Wann erleben wir den seltenen Moment, in dem beide überstimmen?“ In dem Versuch, diesen Augenblick und den Rhythmus des anderen zu finden, gaben sich denn auch die Tänzer Marina Grün und Hygin Delimat nichts. Während sie rasant schreitend, ihre Unterarme kreisen ließ, versuchte er ihren Kopf zu berühren. Sie springt in Kampfpose, er warf sein Bein in die Luft und den Körper in einen Drehsprung.

Tänzerisch-musikalisch-darstellerische Miniaturen

Nicht weniger kurzweilig ging es Claudia Senoner an. Zunächst auf jazz-bluesige Tönen den Körper biegend und in sich rollend, berichtete sie danach entspannt auf einem Stuhl sitzend über ihr 2018 in München anstehende Performance „Water is wet“, zu der sie ein Islandaufenthalt im März sowie ein gleichnamiges Gedicht inspirierte. Nur um darauf ihre Erlebnisse in Bewegungen umzusetzen. Sie verwies auch auf „Living Utopia“. Die tänzerisch-musikalisch-darstellerischer Miniaturen inspiriert von der „Zurück zur Natur“-Bewegung der Künstlergruppe Monte Verità sind am 27. bis 29. Juli im Garten am Stuttgarter Rotenberg zu sehen.

Blumen spielten schließlich eine Rolle in der „Stimmperformance zusammen mit nichtmenschlichen Wesen“: In „Jaborosa“ sang Elisabeth A.M. Kaiser eine im Augenblick entstehende Komposition, inspiriert von einer weißen Rose, die sie in der Hand hielt. „Ich bin Synästhetikerin“, so Kaiser, die bereits mit Sukkulenten, „den faszinierende Wesenn“, performte. „Wenn ich die Rose berühre, sie rieche, höre ich innere Klänge, sehe Farben. Das ist unvorhersehbar, ich reagiere darauf.“