Der satte Gehaltszuschlag von 6,3 Prozent für die Angestellten wird auf die Bundesbeamten und Pensionäre ebenfalls übertragen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es ist der höchste Tarifabschluss im öffentlichen Dienst seit Anfang der neunziger Jahre – und erst recht seit der Verdi-Gründung vor elf Jahren. Infolge des Potsdamer Kompromisses vom frühen Samstagmorgen steigen die Gehälter beim Bund und in den Kommunen rückwirkend zum 1. März um 3,5 Prozent, am 1. Januar 2013 um 1,4 Prozent und zum August 2013 um weitere 1,4 Prozent. Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt zwei Jahre.

 

Die schnelle Abfolge der Anhebung wertet Verdi-Chef Frank Bsirske als besonders großen Erfolg. So erhalten die Beschäftigten binnen zehn Monaten 4,9 Prozent mehr Gehalt und nach 18 Monaten ein dauerhaftes Plus in den Lohntabellen von 6,3 Prozent. 1991 und 1992 hatte die Verdi-Vorgängerin ÖTV – damals noch in Stuttgart-Degerloch – 6,0 und 5,4 Prozent höhere Einkommen herausgeholt.

Der Abschluss kostet Milliarden

Die Kehrseite des Friedensschlusses: Unterm Strich müssen die Kommunen allein für die Entgelterhöhung in diesem Jahr 2,1 Milliarden Euro mehr zahlen und 2013 weitere zwei Milliarden Euro drauflegen; dies hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund errechnet. Derweil wird der Bundeshaushalt mit etwa 550 Millionen Euro jährlich mehr belastet. Für die Kommunen sind die Tarifeinigungen stets eine besondere Bürde, denn die Städte und Gemeinden haben rund zwei Millionen Tarifangestellte, der Bund nur 140 000. Gut ein Viertel der kommunalen Gesamtausgaben entfällt auf den Personalbereich, während die Personalkostenquote des Bundes bei lediglich neun Prozent liegt.

Nicht durchgesetzt haben die Gewerkschaften ihre Forderung nach einer Mindesterhöhung von 200 Euro als soziales Element. Diese sollte die unteren Einkommensgruppen stützen, die von der deutlichen Preissteigerung in den lebensnotwendigen Bereichen stärker tangiert sind als die Gutverdiener. Die baden-württembergische Verdi-Vize Dagmar Schorsch-Brandt lobte zwar, der Abschluss bringe die „dringend nötige Reallohnsteigerung in diesem Jahr und eine Perspektive für das nächste“. Doch „das Fehlen einer sozialen Komponente schmerzt uns sehr“. Bei der Beamtenbund-Tarifunion hieß es, dass der Kompromiss auch für die unteren Entgeltgruppen positiv sei. Demnach bekommt beispielsweise ein typischer Beschäftigter der Entgeltgruppe fünf, Stufe fünf eine Gesamterhöhung von 152 Euro (83 Euro ab März plus 34 Euro ab Januar 2013 plus 35 Euro ab August). Vor diesem Hintergrund hat die Tarifunion „die Einforderung eines Sockelbetrages nicht mehr für unumgänglich gehalten“. Verdi hat allerdings deutlich mehr Mitglieder in den unteren Einkommensgruppen als die Tarifunion.

Gewerkschaft kam beim Urlaubsanspruch entgegen

Erfreulich zudem für den Beamtenbund: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat sich mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits darauf verständigt, dieses „vertretbare Ergebnis“ zeit- und inhaltsgleich auf die gut 350 000 Beamten des Bundes, Soldaten und Versorgungsempfänger zu übertragen.

Der Hauptgeschäftsführer der kommunalen Arbeitgeber, Manfred Hoffmann, hob zudem die Neuregelung des Urlaubsanspruchs hervor. Künftig erhalten alle Beschäftigten 29 Urlaubstage, die über 55-Jährigen 30 Tage und Auszubildende 27 Tage. Das Bundesarbeitsgericht hatte die bisherige Altersstaffelung im Manteltarifvertrag des öffentlichen Dienstes jüngst für nichtig erklärt. Auch jüngere Mitarbeiter unter 40 Jahren hätten Anspruch auf 30 Urlaubstage pro Jahr, urteilte das Gericht.

Die Gewerkschaften kamen den Arbeitgebern in Potsdam an dieser Stelle entgegen – es gibt keine flächendeckende Anpassung des Urlaubs auf 30 Tage. Für die bisherigen Tarifbeschäftigten über 40 Jahre bleibt es wegen der Bestandsschutzklausel jedoch bei 30 Tagen. Mit der Neuregelung habe man Rechtssicherheit geschaffen, lobte Hoffmann.

Nachdem die Verdi-Tarifkommission das Abkommen abgesegnet hat, sollen bis zum 25. April die Gewerkschaftsmitglieder darüber abstimmen. Erst dann will Verdi den Tarifvertrag unterschreiben. Überraschungen sind aber nicht zu erwarten.