Die Flugzeugführer machen Ernst und beginnen mit ihrem Ausstand bei der Lufthansa-Tochter Germanwings. Rund 15 000 Fluggäste bleiben am Freitag bis zwölf Uhr am Boden.

Frankfurt - R

 

und 15 000 Fluggäste werden heute nicht wie geplant in eine der Maschinen der Lufthansa-Tochter Germanwings steigen können. Das jedenfalls schätzt die in Köln beheimatete Fluggesellschaft. Zwar werden die Piloten, wie von der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) angekündigt, nur von sechs Uhr morgens bis zwölf Uhr mittags streiken, aber der Flugbetrieb wird dadurch auch in den Nachmittagsstunden gestört werden. Nach Schätzung der Lufthansa-Tochter werden rund 116 der insgesamt geplanten 164 Flüge ausfallen. Betroffen seien vor allem innerdeutsche Flüge. Hingegen sollen die Verbindungen in Urlaubsgebiete stattfinden. Dafür setze Germanwings auch Piloten ein, die sonst im Management der Airline tätig sind.

Zudem sollen bei anderen Gesellschaften Flugzeuge gemietet werden. Die Lufthansa-Tochter bat alle Fluggäste, auf www.germanwings.com den aktuellen Status ihres Fluges zu prüfen. Dort würden die neuesten Informationen regelmäßig veröffentlicht. Bei abgesagten Flügen könnten die Betroffenen ihren Flug kostenlos stornieren oder umbuchen.

„Wir sind sehr enttäuscht, dass wir den Streik nicht abwenden können“, sagte Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens, nachdem die Gespräche mit der VC nach nur wenigen Stunden abgebrochen worden waren. Die Rückkehr der Pilotengewerkschaft an den Verhandlungstisch stand allerdings von Anfang an unter keinem guten Stern. Nachdem die VC am vergangenen Freitag die seit Monaten dauernden Moderationsgespräche für gescheitert erklärt und neue Streikaktionen angedroht hatte, war sie vom Management zu dem Gespräch eingeladen worden. Die Erwartungen an die gestrige Runde lagen aber weit auseinander. Während die Gewerkschaft sich einen schnellen Abschluss oder zumindest ein klares Kompromissangebot erhoffte, ging Personalchefin Volkens davon aus, dass man sich erst einmal über die weitere Vorgehensweise einigen müsse. Zusätzlich wurden die Gespräche durch die Ankündigung der VC belastet, gleich am nächsten Tag bei Germanwings den Ausstand zu beginnen, wenn es keinen Erfolg gebe. Es sei nicht realistisch, über ein neues Modell für eine zukunftsfähige Übergangsversorgung an einem einzigen Tag eine Einigung zu erzielen, sagte Bettina Volkens. Das Ultimatum sei „sehr ungewöhnlich und nicht nachvollziehbar“.

Die Fronten zwischen beiden Seiten sind schon seit einiger Zeit verhärtet. Hauptsächlich geht es in dem Streit um die Übergangsrente für die 5400 Piloten bei Lufthansa, Germanwings und die Luftfrachttochter Lufthansa Cargo. Im Schnitt gehen Lufthansa-Kapitäne derzeit mit knapp 59 Jahren in den vom Unternehmen   bezahlten Vorruhestand. Lufthansa will das durchschnittliche Eintrittsalter schrittweise auf 61 Jahre erhöhen. Die aktuelle Regelung zur Übergangsrente will die Airline bis 2016 beibehalten, um Zeit für Verhandlungen zu haben. Die Vereinigung Cockpit jedoch pocht darauf, dass die Piloten auch künftig das Recht haben sollen, mit 55 Jahren freiwillig in den Ruhestand zu gehen. Aus ihrer Sicht ist die Übergangsversorgung für das Unternehmen kostenneutral, weil durch das Ausscheiden älterer Piloten mit höheren Gehältern junge Flugzeugführer eingestellt werden können, die weniger verdienen. Die Gewerkschaft geht davon aus, dass sich die Auseinandersetzung noch lange hinziehen wird.

Der Schaden dieses Streiks wird sich vermutlich in Grenzen halten, da die Langstreckenflüge und die Verbindungen von den Drehkreuzen Frankfurt und München nicht betroffen sind. Germanwings fliegt täglich etwa 550-mal in Deutschland und Europa. Der Schwerpunkt der Verbindungen ist in Köln/Bonn, Düsseldorf, Stuttgart, Hamburg und Berlin. Die Lufthansa baut den Billigableger seit gut einem Jahr aus, um nach jahrelangen Verlusten im Europaverkehr die Wende zu schaffen.

Auch beim Lufthansa-Konkurrenten Air France drohen die Piloten mit Streik. In der Auseinandersetzung über die Neuordnung der Kurz- und Mittelstrecke bei der französischen Fluggesellschaft hat die Pilotengewerkschaft am Donnerstag einen Streik vom 15. bis 22. September angekündigt. Die Kampfmaßnahme werde ergriffen, sofern es keine Fortschritte in Gesprächen mit Air France gebe.

36 Flüge annulliert

Am Stuttgarter Flughafen fallen am Freitag 36 Flüge der Fluggesellschaft Germanwings streikbedingt aus. „Schwerpunkt des Ausstands sind innerdeutsche Verbindungen“, sagte ein Sprecher des Stuttgarter Flughafens. Der Flughafen rechnet nicht mit gestrandeten Passagieren, weil die Erfahrungen mit früheren Streikaufrufen zeigten, „dass sich die Fluggäste informieren, Alternativen suchen und, sofern ihr Flug betroffen ist, erst gar nicht zum Airport kommen“. Gestreikt werden soll zwischen 6 und 12 Uhr. Doch auch nach Streikende könne es zu Zeitverschiebungen bei einzelnen Germanwings-Flügen kommen, fügte der Flughafen-Sprecher hinzu.

Neben den abgesagten nationalen Abflügen – Hannover (7.50 und 18 Uhr ), Berlin-Tegel (7.55, 8.45 und 9.45 Uhr), Hamburg (7.55, 9.40, 11.40 und 18.05 Uhr), Bremen (9 Uhr), Dresden (9.10 und 18.40 Uhr), Rostock-Laage (15.30 Uhr) – werden laut Internetseite des Flughafens (www.flughafen-stuttgart.de) auch folgende internationalen Abflüge der Germanwings annulliert: Wien (9.15 Uhr und 17.55), London (11.20 Uhr) und Zagreb (13.45 Uhr). Informationen – Auf der Internetseite der Airline – www.germanwings.de – erhalten Betroffene Informationen. Außerdem steht ihnen das Callcenter von Germanwings unter der Rufnummer 0180 6 320 320 für Fragen zur Verfügung. Die Umbuchung und die Erstattung ausgefallener Flüge soll nach Angaben von Germanwings auch nach dem Flugdatum noch möglich sein.