Die Gewerkschaft Verdi wagt im nächsten Jahr einen bisher einzigartigen tarifpolitischen Vorstoß. Erstmals sollen die Kliniken unterschiedlicher Träger zu Tarifverhandlungen aufgefordert werden – auch unter dem Druck von Streiks der Pflegekräfte.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Mit einer bundesweiten Kampagne in den Krankenhäusern will die Gewerkschaft Verdi im nächsten Jahr die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbessern. Kernziel ist eine bessere Personalausstattung. Die Kampagne bedeutet für Verdi tarifpolitisches Neuland: Erstmals sollen die Kliniken unterschiedlicher Träger zu derartigen Tarifverhandlungen aufgefordert werden. „Wir belasten die Arbeitgeber mit unserer Entlastungsrunde, damit es den Patienten und Beschäftigten in der Pflege insgesamt besser geht“, kündigt der Verdi-Landesleiter in Baden-Württemberg, Martin Gross, gegenüber unserer Zeitung an.

 

Verdi hat drei Forderungsblöcke: So wird eine verlässliche Arbeitszeit angemahnt. Dazu gebe es vielfältige Regelungen, sagt Landesfachbereichsleiterin Irene Gölz. „Doch stellen wir fest, dass sie aufgrund der Personalenge nicht eingehalten werden.“ Zudem wird eine Mindestbesetzung auf den Stationen gefordert: mit Zweierteams in den Nachtschichten oder einem Stellenschlüssel von einer Pflegekraft zu zwei Patienten auf Intensivstationen, was auch Fachverbände verlangen. Ferner geht es um einen Belastungsausgleich: Früher hätten die Pflegekräfte noch Erholungsphasen gehabt. Diese gebe es wegen der Arbeitsverdichtung nicht mehr.

Verdi: Lieber Leistungen einschränken

Zudem müssten Konsequenzen vereinbart werden für den Fall, dass die Regeln nicht eingehalten werden. Es dürfe nicht mehr sein, dass Mitarbeiter bei Engpässen aus der Freizeit geholt und Pausen gestrichen werden. Die Arbeitgeber seien „hochkreativ“, wenn es darum geht, sich die Kräfte verfügbar zu halten. Lieber sollten Leistungen eingeschränkt werden, so Gölz.

Bis Juli will Verdi die Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen auffordern – unter dem Druck von Ausständen. „Wenn es nicht anders geht, streiken wir“, sagt der Verdi-Experte Jürgen Lippl. „Wir bereiten einen flächendeckenden Arbeitskampf zur Durchsetzung unserer Tarifziele vor.“ Rechtlich ist dies möglich, wenn die Forderungen nicht durch gültige Tarifverträge abgedeckt sind. Sonst wäre Verdi in der Friedenspflicht.