Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes warnt der baden-württembergische Beamtenbund die Landesregierung vor weiteren Sparpaketen und droht mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht. Doch Grün-Rot entzieht sich bisher einer Konfrontation.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Am Montagmittag startet in Potsdam die dritte Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst. Die Unterhändler der Länder und der Gewerkschaften behalten sich vor, bis in den Mittwoch hinein ums Geld zu pokern. Ein Tarifabschluss wäre denkbar. Weil es aber nicht nur um mehr Einkommen für die 800 000 Tarifbeschäftigten geht, könnte ein viertes Treffen vonnöten sein. Denn mit der von den Gewerkschaften geforderten neuen Entgeltordnung für die angestellten Lehrer sowie mit der von den Ländern angestrebten Zukunftssicherung der betrieblichen Altersversorgung müssen komplexe Themen aus dem Weg geräumt werden. Zwar finden hinter den Kulissen ohnehin diverse Beratungen dazu statt, doch könnten die Lösungsansätze noch mehr Zeit brauchen.

 

Ungeachtet dieser konstruktiven Gespräche mobilisieren die Gewerkschaften noch einmal ihre Truppen. Am Mittwoch beteiligten sich etwa 2000 Beschäftigte an einem Demozug des Beamtenbundes in Stuttgart – am Freitag ruft Verdi zum Warnstreiktag mitsamt Kundgebung auf dem Schlossplatz auf. Anders als in anderen Ländern konnten sich die Gewerkschaften nicht auf gemeinsame Aktionen verständigen. Das wird mit einer tiefen Uneinigkeit der Polizeiorganisationen begründet, hat aber auch mit einer anderen Zielrichtung des Beamtenbundes zu tun.

Beamtenbund geht auf Konfrontation

Denn Landesbund-Chef Volker Stich nutzte die Chance zur Abrechnung mit der Landesregierung, was den DGB-Gewerkschaften ungelegen kommt. Zwar leiste sich Grün-Rot „teure Reformen, die viele nicht wollen“, sagte Stich, doch „bluten“ solle der öffentliche Dienst. Dabei hätte das Land in den jüngsten vier Jahren fast acht Milliarden Euro mehr Steuern eingenommen und zugleich sechs Milliarden Euro für Prestigeprojekte ausgegeben. Nach vier Jahren grün-roter Politik sei „die gesamte Beamtenschaft enttäuscht und empört“. Vier Sparpakete hätte sie hinnehmen müssen. „Das waren keine Peanuts – das waren Beamtensonderopfer“, rügte Stich.

Wenn das Tarifergebnis auch diesmal nicht zeit- und inhaltsgleich, sondern mit einer bis zu einjährigen Verzögerung auf die Beamten übertragen werde, sei „die Grenze der Verfassungsmäßigkeit überschritten“. Mit anderen Worten: Dann will er dagegen in Karlsruhe klagen. Grün-Rot habe den Aufschub der Besoldungsanhebung sowohl in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2020 als auch im Doppelhaushalt 2015/16 bereits „perpetuiert“, sagt Stich. Eine entsprechende Absichtserklärung bleibt jedoch aus: Weder Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) noch sein Vize Nils Schmid (SPD) haben sich bisher konkret zur Tarifrunde geäußert. Dieses „Abtauchen“ empfindet Stich als „Missachtung der Beschäftigten“.

Der Verhandlungsführer des Beamtenbundes in Potsdam, Willi Russ, forderte ultimativ ein Angebot von den Arbeitgebern am Montag. Sonst „platzt diese Tarifrunde, und wir haben Streik im ganzen Land“.