Am Donnerstag dürften laut der Gewerkschaft Verdi mindestens 170 von 185 städtischen Kitas in Stuttgart geschlossen bleiben. Die Eltern stellen sich auf einen längeren Streik ein.

Stuttgart - Die Gewerkschaft Verdi rechnet damit, dass am nächsten Donnerstag von den 185 städtischen Kindertagesstätten in Stuttgart mindestens 170 geschlossen bleiben. Gestreikt wird auch in den Landkreisen Böblingen, Ludwigsburg und im Rems-Murr-Kreis. Verdi will eine höhere Eingruppierung für Erzieher und Beschäftigte im Sozialdienst erreichen. Noch geht es nur um einen Tag Warnstreik, die Eltern aber befürchten einen wochenlangen Streik. Bei vielen ist die Erinnerung an den letzten großen Arbeitskonflikt in den Kitas noch wach – der war im Jahr 2009 und zog sich über 13 Wochen hin.

 

Eltern kritisieren Streiktaktik

In dem aktuellen Tarifkonflikt verfolgen nicht nur der Kommunale Arbeitgeberverband und Verdi unterschiedliche Interessen, sondern zumindest ein Stück weit auch die Eltern und die Gewerkschaft. Der Gesamtelternbeirat der Stuttgarter Kitas (GEB) unterstützt zwar grundsätzlich die Forderung nach höheren Gehältern für die Erzieherinnen, hadert aber mit dem geplanten Vorgehen von Verdi. „Schwierig für uns ist, dass diesmal flächendeckend gestreikt werden soll. Das ist anders als 2009, als abwechselnd bestimmte Stadtteile betroffen waren und die Eltern immer wieder Verschnaufpausen hatten“, sagt Monika Schneider vom GEB.

Die Elternvertreter wollen Vorsorge treffen. Der Gesamtelternbeirat will beim Tagesmütterverein anfragen, welche Tagesmütter von Ende April bis Juni freie Kapazitäten haben, der Zeitraum also, in dem mit längeren Streiks zu rechnen wäre, sollte es zu keiner Einigung kommen. Die Listen sollen in den Kitas aufgehängt werden. Bei der Gewerkschaft kam dieser Vorstoß nicht gut an. „Uns wurde Streikbruch vorgeworfen, aber es ist unsere Aufgabe, den Eltern zu helfen“, erzählt Schneider.

Eltern sollen sich zusammentun

Martin Agster vom Personalrat der Stadt Stuttgart wiederum versichert, dass von Gewerkschaftsseite keiner wolle, dass die Eltern ihren gesamten Jahresurlaub aufbrauchen müssten, um die Streiktage abzudecken. „Wir empfehlen den Eltern, sich in Dreier- oder Vierergruppen zusammenzutun, um dann bei Bedarf abwechselnd auf die Kinder aufpassen zu können.“ Er macht aber auch deutlich, dass die Gewerkschaft ihre Streikstrategie nicht nach den Eltern ausrichten könne. „Wir informieren die Eltern zwei Wochen vor einem möglichen Streik, das ist ja schon ein deutliches Entgegenkommen.“

Dafür ist die Elternvertreterin Monika Schneider auch dankbar. Erfreut ist sie auch über ein Signal der Stadt: Das Jugendamt habe dem GEB in Aussicht gestellt, dass bei einer längeren Streikphase ab einem bestimmten Zeitpunkt die Kita-Gebühren erlassen werden könnten. „Das haben wir beim letzten großen Streik so praktiziert und darüber würden wir dann natürlich wieder nachdenken“, bestätigt Daniela Hörner vom Jugendamt. Sollte es zu einem längeren Streik kommen, wird die Stadt mit Verdi auch wieder über die Einrichtung von Notbetreuungsplätzen verhandeln. Martin Agster spricht von 100 Plätzen, die sich die Gewerkschaft vorstellen könne.

Eltern als die Leidtragenden

An einem konkreten Beispiel rechnet Agster vor, welche Erhöhung die Gewerkschaft fordert. „In der Stadt Stuttgart sind die meisten Erzieherinnen in Einkommensstufe 3 eingruppiert.“ Das Monatsgehalt liege derzeit bei 2703 Euro im Monat und soll auf 2920 Euro angehoben werden. „So viele Erzieherinnen wie das Land braucht, gibt es nur, wenn man sie auch gut bezahlt“, sagt der Personalrat.

Monika Schneider hat für den nächsten Donnerstag für ihre Familie schon eine Lösung gefunden. „Einen Tag können wir innerfamiliär auffangen.“ Für sie ist aber klar: Sollte es zu einem längeren Streik kommen, seien die Eltern die Leidtragenden.

Update (16. März 2015): Nach Angaben der Elternvertreter hat der Tagesmütterverein mitgeteilt, dass sich die Tagesmütter nicht an der Aktion beteiligen.