Gewerkschaften sehen Rückenwind für ihre Position wegen hoher Beteiligung an Warnstreiks.

Potsdam - Im Tarifstreit für die zwei Millionen Beschäftigten in den Kommunen und beim Bund gibt es neue Signale für eine Annäherung. Die Arbeitgeber halten die Erhöhung der Gehälter innerhalb von 24 Monaten auf bis zu 5,8 Prozent für „denkbar“. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Freitag aus Verhandlungskreisen in Potsdam.

 

Beide Seiten beurteilen die Chancen für eine rasche Einigung aber nach wie vor auf 50 zu 50. Ein Scheitern sei unverändert möglich, hieß es am Freitagnachmittag.

Entscheidende Punkte für einen Abschluss seien immer noch strittig. Dazu gehört vor allem die Forderung der Gewerkschaften nach einer Mindesterhöhung von 200 Euro im Monat, um untere Einkommen besserzustellen.

Die Arbeitgeber hatten zunächst angeboten, die Gehälter innerhalb von 24 Monaten in zwei Schritten auf 3,3 Prozent anzuheben und einmalig 200 Euro zu zahlen. Dies hatten die Gewerkschaften als völlig unzureichend abgelehnt. Sie verlangen 6,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro pro Monat bei einjähriger Laufzeit des Tarifvertrages.

Die Verhandler der Arbeitnehmer pochen zudem auf ein Gesamtpaket. So steht für sie neben Gehaltsverbesserungen eine Übernahmegarantie für Auszubildende ganz oben auf der Liste. Durchgesetzt werden sollen zudem Verbesserungen für das Sicherheitspersonal an Flughäfen. Für Bühnenbeschäftigte will man die Klarstellung bekommen, was künstlerische und was handwerkliche Tätigkeiten sind.

Verhandlungsmarathon wurde am Freitagmorgen fortgesetzt

Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten am Freitagmorgen nach einer nur kurzen Nacht ihren Verhandlungsmarathon fortgesetzt. Die dritte Runde in diesem Tarifstreit war bereits am Mittwoch gestartet. Zuvor waren zwei Verhandlungsrunden Anfang und Mitte März ohne Ergebnis geblieben.

Verdi-Chef Frank Bsirske sagte zu Beginn der Verhandlungen am Freitag: „Wir sind nach wie vor in harten Diskussionen. Aber es wird sich heute klären - ob hop oder top.“ Auch der Verhandlungsführer der dbb-Tarifunion des Beamtenbundes, Frank Stöhr, sagte: „Die Zeit ist reif für eine Entscheidung.“

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Bsirske hatten am Donnerstagabend trotz stundenlanger zunächst ergebnisloser Gespräche gemeinsam ihren Einigungswillen bekräftigt.

Wegen der hohen Beteiligung an den beiden Warnstreikwellen im Nahverkehr, Kitas und auf Flughäfen sehen die Gewerkschaften erheblichen Rückenwind für ihre Forderung. Kommt es nicht zu einem Ergebnis, gilt als sicher, dass die Arbeitgeber die Schlichtung anrufen. In dieser Zeit gilt Friedenspflicht. Neue Streiks sind in dieser Zeit nicht möglich, so dass während der Ostertage nicht mit Verkehrsstörungen zu rechnen ist.

Kassenlage der Haushalte hat sich 2011 deutlich entspannt

Der Bund drängte am Freitag nach dpa-Informationen auch darauf, mit dem Tarifabschluss die Konsequenzen aus dem jüngsten Urlaubsurteil des Bundesarbeitsgerichtes zu klären. Die Richter hatten Mitte März die bisherige Altersstaffel im Manteltarifvertrag für den öffentlichen Dienst für nichtig erklärt. Damit haben auch Mitarbeiter unter 40 Jahren Anspruch auf 30 Urlaubstage pro Jahr.

Der Manteltarifvertrag ist nicht gekündigt und steht auch in Potsdam eigentlich nicht zur Verhandlung an. Kommunen und Bund fürchten allerdings wegen des längeren Urlaubsanspruchs von Jüngeren Mehrkosten.

Die Kassenlage der öffentlichen Haushalte hat sich 2011 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes deutlich entspannt. Sprudelnde Steuern und weniger Arbeitslose haben die Differenz zwischen Einnahmen und Ausnahmen erheblich verringert - und zwar um 68,3 Milliarden auf rund 12,4 Milliarden Euro.