War es der Kiezpolizist Thorsten „Rauschi“ Rausch? Oder doch eines der verwahrlosten Kinder des Brennpunktviertels Gaarden? Der Kieler Tatort ist spannend bis zum Schluss.

Stuttgart - Armut, Verwahrlosung, Abdriften auf die schiefe Bahn: man könnte meinen, es handle sich beim Kieler „Tatort“ um ein klassisches Sozialdrama – wäre da nicht der Mord an einem verurteilten Kinderschänder, den Klaus Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) aufklären müssen. Unter dem grauen Himmel Norddeutschlands, zwischen ebenso grauen Hochhäusern im Brennpunktviertel Gaarden konzentrieren sich die Kommissare auf die vernachlässigten Kinder und Jugendlichen, die bei dem toten Pädophilen ein- und ausgegangen sind.

 

In den Kreis der Verdächtigen rückt zwischendurch auch der Kiezbulle Thorsten Rausch (Tom Wlaschiha), der als Kind selbst vom getöteten Onno Steinhaus missbraucht wurde. Am Ende ist das Ermittlungsergebnis aber so überraschend wie tragisch: der kleine Leon (Amar Saaifan) wird zum Mörder, sein Motiv ist jedoch nicht Rache oder Notwehr nach einem sexuellen Übergriff. Er wollte nur Steinhaus’ Hund beschützen – etwas, das umgekehrt niemand für ihn macht.

Von einem wahren Fall aus Berlin inspiriert und unter Berücksichtigung der überdurchschnittlich hohen Kinderarmut in Kiel stricken die Drehbuchautoren Eva und Volker A. Zahn einen spannenden Krimiplot. Der Regisseur Florian Gärtner inszeniert den Tatort mit starken Bildern, die die Not in einem scheinbar reichen Land wie Deutschland spürbar machen. Neben dem gewohnt souveränen Kieler Ermittlerduo überzeugen vor allem die jungen Schauspieler (unter anderem Bruno Alexander als Timo Scholz) wie auch der aus der Kultserie „Game of Thrones“ bekannte Tom Wlaschiha. Beeindruckend, wie er die großkotzige Fassade des Revierpolizisten Rausch Stück für Stück bröckeln lässt.