Der Tatort aus Münster enttäuscht mit einem Drehbuch nach Baukasten-Prinzip. Doch das exzellente Ermittlerduo rettet den Krimi.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Münster - Dem pragmatischen Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) ist es egal, wer auf seinem Seziertisch landet. Er zersägt munter Knochen, rupft Eingeweide raus und klatscht Organe in die Nierenschalen. Daran ändert sich auch nichts, als Katja Braun (Tanja Schleiff) vor ihm liegt. Ja, auch der ansonsten eher emotionsfreie Boerne hatte einmal eine Affäre. Mit eben dieser Frau, die er nun obduziert. Katja Braun ist die Tote im Tatort „Hinkebein“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD und in der Mediathek). Die Ermittler haben sie nackt im Gebüsch liegend gefunden, erfroren, mit einer Platzwunde am Kopf. Was zunächst nach einem Unfall aussieht, entpuppt sich allerdings als Mord. Denn per Zufall entdecken Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Boerne den Ort des Verbrechens in einem Münsteraner Restaurant.

 

Die Vergangenheit der ehemaligen Polizeibeamtin Katja Braun führt die Kommissare auf die Spur von Heinz Kock (Wolfram Koch). Der raubeinige Zuhälter will sich an der Polizistin dafür rächen, dass sie ihn für einen Mord an einer Prostituierten festgenommen hat. Ein lange zurückliegender Fall, der auch Boerne in Gefahr bringt. Denn es stellt sich heraus, dass der Rechtsmediziner an den Ermittlungen gegen den hinkenden Kock beteiligt war.

Der Zufall verbindet

Leider ist es häufig der Zufall, der die Ermittlungen im aktuellen Tatort vorantreibt. Das Alibi eines Verdächtigen verpufft, weil ausgerechnet am Abend der Tat ein Kinofilm kurzfristig ausgetauscht wurde. Der verdächtige Fleischlieferant betritt zufällig gerade dann das Restaurant, als die Kommissare dort auf Spurensuche sind. Und nur weil Thiel niest, erinnert sich Boerne an das entscheidende Taschentuch, das Heinz Kock als mutmaßlichen Mörder überführt hat. Zufall ist in diesem Krimi der Kitt, der die Szenen miteinander verbindet.

Doch auch wenn die Geschichte sehr konstruiert ist, schafft es der Münsteraner Tatort wie so oft, mit Humor den Zuschauer auf seine Seite zu ziehen. Das Ermittlerduo funktioniert einfach. Es macht Spaß, wenn sich Thiel mit seiner hanseatischer Direktheit und Boerne mit seinem zynischen Charme die Dialoge zuwerfen. Auch, wenn platte Sprüche fallen. „Heute wollen Sie mich wohl mit aller Gewalt zum Kotzen bringen“, sagt Thiel, als Boerne ihn nach dem blutigen Schauspiel in der Autopsie auch noch darum bittet, die Vorschriften zu missachten. Der Münsteraner Tatort lebt von den Gags des ungleichen Ermittlerduos. Das Drehbuch stammt eher aus dem Plot-Baukasten für Beginner.

Schönste Krimifloskel: „Ich bin sicher, die Laborergebnisse werden das bestätigen“, sagt Boerne, nachdem er die Leiche von Katja Braun zersäbelt hat.

Heimliche Stilikone: Boxershorts, St.-Pauli-Shirt, bewaffnet mit einem Hockeyschläger: mit seinem Outfit staubt Kommissar Frank Thiel den Stilpokal ab.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Selbst für eingefleischte Krimiprofis ist es unmöglich, den Täter anhand der Hinweise zu entlarven. Bei diesem Tatort heißt es warten bis zum Schluss – oder raten.