Ein furioser Felix Klare bewahrt den Stuttgart-Tatort vor dem Absaufen im Privaten. Dagegen bleibt sein Ermittlerkollege Richy Müller blass.

Stuttgart - Groß war die Hoffnung, als das Stuttgarter Ermittlerduo Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) vor nunmehr 15 Fällen den alternden Kommissar Bienzle ablöste. Oft wurde der Zuschauer enttäuscht, besonders die vergangenen Folgen waren oft überfrachtet vom Bootz’schen Privatleben. Der Wandel vom treu sorgenden zum mittels Scheidung entsorgten Familienvater wirkte oft bemüht. In „Eine Frage des Gewissens“ nimmt der private Konflikt des Sebastian Bootz so viel Raum ein, dass die Fallhöhe enorm ist: Bootz lebt mittlerweile im hippen Stuttgarter Süden, säuft sich aber in bester Hallschlag-Manier durch den Fall. Hier ein Dosenbier, dort ein Glas Rotwein auf ex.

 

Richy Müller besticht vor allem mit seiner Nase

Dass Bootz nicht zur billigen Neualkoholiker-Karikatur verkommt, liegt an der schauspielerischen Leistung von Felix Klare. Hier kann einer mehr als „Tatort“. Dass Bootz’ rotziges Ermittlerspiel nicht ins Peinliche abdriftet, liegt auch an der mit viel Drive erzählten Handlung: Die privaten Konflikte sind gut in die Geschichte über eine Geiselnahme mit tödlichem Ausgang, internen Ermittlungen und eine überraschende Wendung eingebaut. Regisseur Till Endemann, Absolvent der Ludwigsburger Filmakademie, behält bei seinem ersten „Tatort“ die Fäden in der Hand und gefällt vor allem mit einer hervorragend inszenierten Eingangssequenz, der Geiselnahme im Supermarkt.

Einen Verlierer hat diese Folge: Richy Müller bleibt neben Punkrocker Klare seltsam blass und hölzern. Wenigstens ist Müller der Titel des „Tatort“-Kommissars mit der größten Nase nicht mehr zu nehmen, seit Boris Aljinovic in der Rolle des Berliner Kommissars in den Ruhestand geschrieben wurde. Mehr war in dieser Folge gegen einen furiosen Klare einfach nicht drin.