Der Stuttgarter „Tatort“ ging der Stadt offenbar ein wenig zu weit: Oberbürgermeister Fritz Kuhn wehrt sich gegen die Darstellung im Film, dass Bauflächen nur an Investoren mit dem höchsten Gebot vergeben würden.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart hat auf den ARD-Krimi „Tatort: Der Inder“ reagiert, der sich kritisch mit Stuttgart 21 auseinandersetzt. Offenbar fühlt sich die Stadt durch das Drehbuch rund um das Bahnprojekt falsch dargestellt: Die Landeshauptstadt hat am Montagmorgen eine Mitteilung veröffentlicht, in der sich Oberbürgermeister Fritz Kuhn gegen die Vorwürfe wehrt, dass die Bauflächen auf den frei werdenden Gleisflächen an die Investoren mit dem höchsten Gebot vergeben würden.

 

Oberbürgermeister Fritz Kuhn sagt, dass man die Fiktion des Sonntagskrimis nicht mit der Wirklichkeit verwechseln dürfe. Der Tatort hinterlasse bei vielen Zuschauern den Eindruck, dass finanzstarke und korrupte Investoren den Immobilienmarkt in Stuttgart bestimmten. „Das stimmt so nicht“, heißt es in der Mitteilung des Rathauses.

Fritz Kuhn: Das beste Konzept entscheidet

Für die frei werdenden Gleisflächen gebe es noch keinen Bebauungsplan. Das sei im „Tatort“ falsch dargestellt worden. Die Bürger und der Gemeinderat würden darüber entscheiden, was auf den Flächen entstehen werde. „Das wird keine Wiese für Heuschrecken“, sagt Fritz Kuhn. Der Stuttgarter Oberbürgermeister verweist auf sein Wahlversprechen und sagt, beim Verkauf der Flächen entscheide nicht der Preis, sondern das inhaltlich beste Konzept.

Der Stuttgarter SPD-Fraktionsvorsitzende im Rathaus, Martin Körner, sagte: „Es ist schon ein bisschen skurril, einem fiktiven Krimi mit bierernstem Unterton zu begegnen. Jeder blamiert sich halt, so gut er kann.“

„Es ist kein Dokumentarfilm, sondern ein Krimi“, sagte Schauspieler und S-21-Gegner Walter Sittler. „Ich rege mich persönlich nicht darüber auf.“ Für ihn sei klar, dass der „Tatort“ nicht die Realität widerspiegele. Negative Reaktionen auf die Folge beim Südwestrundfunk (SWR) habe es keine gegeben, sagte eine Sendersprecherin. Das sei erfreulich, da die Zuschauer anscheinend den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Fiktion erkennen würden.

Parkschützer sehen S21-Gegner nicht treffend dargestellt

Auch einige Politiker sahen das Thema des „Tatorts“ wenig kritisch: „Ich habe nix vom #Tatort zu #S21 verstanden“, schrieb Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) am Sonntagabend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Finanzminister Nils Schmid hatte laut eines Sprechers des SPD-Landesverbands den „Tatort“ gar nicht gesehen. Aus Sicht eines Sprechers der Parkschützer, einer Gruppe von Stuttgart-21-Gegnern, wurde das Interessengeflecht zwischen Wirtschaft und Politik im „Tatort“ gut auf den Punkt gebracht. Seiner Meinung nach wurden die Gegner des Bahnhofprojekts „als Autoanzünder und Farbbeutelwerfer“ aber nicht treffend dargestellt.

Den Krimi aus Stuttgart sahen am Sonntag insgesamt 9,49 Millionen Zuschauer, der Marktanteil der Sendung betrug 28,3 Prozent. Viele Kritiker lobten den Plot des Regisseurs Niki Stein, während einige Zuschauer die komplexe Geschichte kritisierten. Der Autor inszenierte einen politischen Auftragsmord im Umfeld des Bahnprojekts Stuttgart 21. Im Mittelpunkt stehen korrupte Politiker, die in das Projekt involviert sind und aus den geplanten Immobilien Profit schlagen wollen, die auf den frei werdenden Flächen gebaut werden sollen.

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