Zwischen den diversen Interessensverbänden des Taxigewerbes gibt es Zoff. Es geht um Tariferhöhungen, aber auch um parteipolitische Neutralität. Einmal mehr im Blickpunkt des Interesses: AfD-Stadtrat Bernd Klingler. Er soll sein Stuttgarter Ratsmandat mit geschäftlichen Interessen verquickt haben.

Stuttgart - Die Auseinandersetzung zwischen zwei in Stuttgart agierenden Taxiverbänden und der genossenschaftlich organisierten Taxi-Auto-Zentrale (TAZ) über eine zukunftsorientierte Tarifpolitik wird schärfer. Die Streitfrage, wer das Gewerbe gegenüber der Stadt vertritt, wird nun auch ins Rathaus hineingetragen. Einige Vertreter des Stuttgarter Taxiverbands (STV) und des Taxiverbands Baden-Württemberg (TV-BW) monieren die gewerbe- und parteipolitische Ausrichtung des TAZ-Vorstands. Der sieht 535 Unternehmer mit 700 Fahrzeugen hinter sich. Die Verbände beschreibt er als mitgliederschwache „Fundamentalopposition“.

 

Die vielen Sprachrohre machen es der Rathausspitze nicht leicht, den geeigneten Ansprechpartner bei strittigen Themen wie einem Fahrverbot herauszufiltern. Für eine Anhörung dazu hat die CDU die Teilnahme eines „Taxiverbands“ gefordert. Würde OB Kuhn die das Fahrverbot ablehnende Vermittlungszentrale hinzubitten, müssten wohl oder übel auch Vertreter der Online-Plattform My Taxi eingeladen werden. Am Freitag teilte die Stadt allerdings mit, sie werde nur „einen Vertreter des Taxigewerbes“ einladen. Ärger ist damit programmiert.

Differenzen gibt es auch wegen der von der Taxizentrale beantragten Tariferhöhung. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit erhalten werden. Stuttgart wäre dann das teuerste Pflaster für Taxifahrten in Deutschland. Die TAZ bestreitet allerdings diese vom Verkehrswissenschaftlichen Institut (VWI) der Uni Stuttgart geäußerte Schlussfolgerung. Die Verbände hatten wie schon bei der letzten Tarifdebatte 2014 die Experten um eine Einschätzung des TAZ-Antrags und ihres eigenen Vorschlags gebeten.

Stadt neigt eher zu maßvoller Tariferhöhung

Das VWI meint, es sei nicht gerechtfertigt, nur zwei Jahre nach einer spürbaren Erhöhung eine weitere Anpassung um durchschnittlich 20,7 Prozent vorzunehmen. Die angeführte Steigerung des Mindestlohns und der Treibstoffpreise rechtfertigten die Erhöhung nicht. Dagegen wird der Vorschlag der Verbände (6,1 Prozent) befürwortet.

Die Stadt neigt nach StZ-Informationen auch eher zum Vorschlag der Verbände. Die Idee von CDU, Grünen und SPD zur Einführung einer einheitlichen, kostengünstigeren Innenstadtzone für den ÖPNV findet auch im Vorschlag der Verbände für das Taxigewerbe ihren Niederschlag. Sie finden es besser, die Nachfrage zu stimulieren, als die Preise drastisch zu erhöhen. Ein Taxi ist im Schnitt nur zu 30 Prozent ausgelastet.

Der TAZ-Vorstand und die Verbandsspitzen Georg Natsiopoulos und Darush Bozorgmehr sind sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht grün, wie der Streit über einen OB-Kuhn-kritischen Artikel in der jüngsten Postille der Genossenschaft zeigt. Die beiden entschuldigten sich für die Attacken des TAZ-Vorstands und erklärten, sie bevorzugten den konstruktiven Dialog mit der Stadt. Die Grünen haben bei der TAZ einen schweren Stand. Vor der Landtagswahl 2016 war im Taxi-Magazin dazu aufgefordert worden, die Grünen nicht zu wählen. Hervorgehoben wurden die CDU und der Ex-FDP-Fraktionschef und jetzige AfD-Stadtrat Bernd Klingler. Im Sinne des Taxigewerbes forderte er per Interview, die Feinstaubmessstelle am Neckartor umzusetzen und Förderprogramme für das Taxigewerbe einzurichten. Die Verbände hatten deshalb Klingler im Verdacht, am Kuhn-Verriss mitgewirkt zu haben. Der TAZ-Chef Murat Arslan wies das zurück, Klingler stellte klar: „Ich halte die TAZ für einen wichtigen Partner des ÖPNV und kümmere mich deswegen um deren Probleme, wie für andere Institutionen auch.“

Ganz so selbstlos erscheint den Verbandsvorsitzenden das Engagement für die Taxler nicht mehr, nachdem Klingler einräumt, in den vergangenen Jahren als Inhaber einer Werbeagentur sehr wohl für die TAZ und die Postille gearbeitet zu haben – nur eben nicht redaktionell. Er habe Dinge erledigt, „die dort eine Optimierung brachten“, so Klingler. Außerdem habe er einige Anzeigen akquiriert.

AfD-Stadtrat Klingler will nichts falsch gemacht haben

Er fragt sich, was „ich nun schon wieder falsch gemacht haben soll“. Er sei seit 23 Jahren in Stuttgart tätig und brauche Aufträge zum Leben. Man solle die Vergabe der Kampagne gegen Zwangsprostitution von OB Kuhn hinterfragen oder „die zig Millionen“, die die Fraktionschefs von CDU und Freie Wähler, Kotz und Zeeb, „jährlich von der Stadt abfegen“. Die Verbände erinnern sich aber eher an Klinglers Verurteilung wegen des fragwürdigen Umgangs mit Fraktionsgeldern.

Kritisch sehen sie auch das Verhalten der TAZ-Spitze. Ex-Vorstandsmitglied Manfred Hülsmann erinnert sich, dass die Geschäftsverbindung kurz nach einer Demonstration Hunderter Taxifahrer Anfang Oktober2014 auf dem Marktplatz aufgenommen worden sei. Damals hatte Klingler gegen OB Kuhn gewettert und sich als FDP-Fraktionschef für Standplätze am Wasen starkgemacht. Pikant erscheint ein nun aufgetauchter, unter anderem von TAZ-Chef Arslan unterschriebener Kassenbeleg über 2000 Euro, ausgestellt nur wenige Tage nach der Demo mit dem Verwendungszweck „Spende FDP“. Es sei nie zur Auszahlung gekommen, sagt er auf Anfrage. Aber nur, weil er seine Zustimmung verweigert habe, betont Ex-Vorstand Hülsmann, der heute im Landesverband mitwirkt. Und Bernd Klingler? Er sagt: „Von einer Spende ist mir nichts bekannt, ich hätte sie auch nicht angenommen.“