Dundu in Hochform, Sven Väth hat "gude Laune", manche DJs tragen schicke Jeanshemden und sowieso alle ziemlich bunt angezogen: So war das Semf 2014.

Stuttgart - Es war gerade erst 23 Uhr, also die klassische Club-Eröffnungszeit, und mit der Menschenmasse auf Floor zwei, sozusagen die halbe Messehalle eins, hätte man wahrscheinlich alle Läden in der Stuttgarter Innenstadt auffüllen können. Der Grund: Headliner Fritz Kalkbrenner begann um 23:15 Uhr sein Live-Set und die Raver drängten sich deswegen bis zur Messewand auf den Floor. Und der war gerade mal seit zwei Stunden auf. Das Semf-Festival begann um 20 Uhr.

Herr Kalkbrenner selbst hatte massig Platz. Während seines Gigs durfte nur eine Handvoll Leute hinter ihm agieren, alle anderen anwesenden Artists, Decksharks, Groupies und VIPs mussten auf die Außenbühnen ausweichen. Es ergab sich ein Bild wie im Stadion, in der Mitte Spielmacher Kalkbrenner. Und er spielte unter seinen eigenen Visuals und selbstbewusster Bühnenattitüde richtig groß auf. Finale, natürlich: „Sky & Sand“, der gemeinsame Hit mit seinem Bruder Paul. Da bekam sogar der dauergehetzte Mitveranstalter und Artist-Manager Tome Aulicky kurz Gänsehaut: „Genau in dem Moment als er mit 'Sky & Sand' begann, bog Dundu um die Ecke!“

 

Die Gäste sparen nicht an Lob

Dundu, die Riesenpuppe, marschiert durch die Stuttgarter Messe, gesteuert von mehreren Personen, Fans rufen gerne Duuuuunduuuuu, das bedeutet nichts anderes: es war wieder SEMF-Zeit. Und die 2014er Ausgabe kam gut an. Das Abendkassenhäuschen musste erst gar nicht aufgebaut werden, denn schon am Samstagnachmittag wurde vermeldet: ausverkauft. 16.600 Karten (15.500 im letzten Jahr) gingen über die (virtuelle) Ladentheke, neuer Rekord. Das freute auch Tome, aber noch wichtiger für ihn: „Außer Kleinigkeiten gab es keine erwähnenswerte Vorkommnisse und keine Lärmbeschwerden. Das Event wird von Jahr zu Jahr intensiver im positiven Sinn. Mehr Gäste, mehr Stimmung, mehr fröhliche Gesichter.“

Die Veranstaltung fühlt sich in der Tat richtig gut an. Und so sparen die Gäste nicht an Lob – aber auch nicht an Kritik. Wie die letzten Jahre wird im Nachgang wieder hauptsächlich die komplizierte wie langwierige Token-Rückgabe bemängelt, weiterhin die großen Schlangen an den Toiletten, die Polizeikontrollen oder der Einlassstopp auf Floor vier, als Klaudia Gawlas ihr Set begann, die sich dafür auch prompt selbst bei ihren Fans auf Facebook entschuldigte. Die neue Königin im Techno-Business hat also scheinbar noch mehr Anhänger als gedacht.

Saustarkes Jeanshemd inklusive Western-Feeling

Wie auf Floor eins mit dem Schweden-Star Adam Beyer, dem italienischen Durchstarter Joseph Capriati, Grinsekatze Chris Liebung oder dem Stuttgarter Raphael Dincsoy, gehörte der Viererraum eher dem härteren Techno-Sound. Vor Gawlas präsentierten sich Drumcell und der 2014er Held Rødhåd, letzterer übrigens in einem saustarken Jeanshemd inklusive Western-Feeling und seinem konsequenten, vorwärtsorientiertem, hypnotischen Sound. Nebenan stand derweil die beliebte Electro-Fraktion um Oliver Schories, Lexy & K-Paul, Aka Aka, Moonbootica und Chartbeherrscher Robin Schulz zwischen den Monitorboxen.

Die Vier-Floor-Konstruktion mit unterschiedlichen Klangbildern kommt gut an bei den Gästen. SEMF-Stammgast und Electronic-Kenner Bernd W. fand Aka Aka „fresh“ und meinte außerdem: „Moonbootica waren wieder geil und Felix Kröcher konnte man sicher noch in Ulm hören, hat gut gebrettert.“ Kröcher beendete den Floor vier und Robin Schulz hatte zeitgleich nebenan auf Floor drei mit seinem softeren Sound einen etwas schweren Stand.

"Gude Laune" und einen grundehrlichen Sound

Sven Väth dagegen hatte zwischen 2 Uhr und 4 Uhr auf Floor zwei natürlich überhaupt keinen schweren Stand und mit ganz offensichtlich „gude Laune“ einen grundehrlichen Techno-House-Schieber-Sound in die Menge geäthert. Die Frankfurter Ikone ist übrigens zwischenzeitlich einer der allerletzten DJs, die immer noch mit Schallplatten auflegen. In Zeiten von hochmodernen CD-Playern, in die einfachhalber USB-Sticks gesteckt wird, die gängige Praxis in der Szene, wirkt folgende Unterhaltung schon fast schon prähistorisch, Tontechniker fragte Stage-Manager am frühen Abend: „Und für was brauchen wir diesen Tisch?“ „Für Svens Schallplatten.“ Wie viel Spaß der „Babba“ hatte, kann man in dem kurzen Video sehen, das er gestern seinen eine Million Facebook-Fans teilte.

Ebenso wurde der neue gestaltete Chillout Floor im Atrium angenommen, dieses Jahr mit den zahlreichen Local-Acts. So stellten z.B. Initial Pattern mit vielen Maschinen erstmals ihr grooviges, warmherziges Live-Set vor oder der erfolgreiche Stuttgarter Newcomer Niklas Ibach hatte bei seinem Set einen Miniatur-Dundu auf seiner Schulter und Pult. Dabei wurde ausgeruht, flaniert und auch der Popo bewegt.

Tome zieht weiter als Fazit: „Es wird immer noch eine Schippe draufgelegt, obwohl man letztes Jahr dachte, das war schon eine hohe Messlatte. National ist das Semf nun klar in den Top drei Indoor-Events anzusiedeln und das Ansehen steigt. Da wollen wir nächste Jahr ansetzen und versuchen, das Event trotzdem noch weiter zu verbessern.“ Der Termin für 2015 sei bereits optioniert und die „Bookingabteilung schon gedanklich wieder bei diesem Event.“ Damit es auch nächstes Jahr wieder heißt: „Kommt und tanzt mit uns.“