Den ukrainischen Soldaten mangelt es an Essen, Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Sie warten auf Verstärkung und bessere Ausrüstung. Die Separatisten geben sich indes kämpferisch.

Kiew - Die Kriegsfolgen in der Ostukraine werden immer verheerender. Die Regierungstruppen wollen die Großstädte Lugansk und Donezk einnehmen und von prorussischen Separatisten „säubern“. Zuversichtlich macht sie die von Präsident Petro Poroschenko befohlene Teilmobilmachung von 60 000 Männern. Die Armee und ihre proeuropäische Führung hoffen zudem nach dem mutmaßlichen Abschuss der malaysischen Passagiermaschine mit fast 300 Menschen an Bord weiter auf militärische Hilfe des Westens.

 

In der ukrainischen Hauptstadt möchte sich Poroschenko am Tag der Unabhängigkeit am 24. August als siegreicher Oberbefehlshaber präsentieren. Dann will er sein Versprechen einlösen, die Ukraine von „russischen Invasoren“ befreit zu haben – und Parlamentsneuwahlen ansetzen. Doch ob der sich seit April verschärfende Konflikt mit Tausenden Toten und Verletzten tatsächlich bald lösen lässt, ist ungewiss.

Mangel an Essen, Wasser und medizinische Versorgung

Der Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, Andrej Parubij, verkündet zwar immer neue Siege der Armee. Das mag angesichts von Vorstößen in Richtung der Separatistenhochburgen Donezk, Lugansk und Gorlowka und der Befreiung von Sewerodonezk stimmen. Der wahre Zustand der ukrainischen Armee ist jedoch an Berichten von Soldaten abzulesen. Die Klagen ähneln sich: Es mangelt an Essen, Trinkwasser und erst recht an medizinischer sowie militärischer Ausrüstung. Viele Rückkehrer aus dem Kampfgebiet sind schwer traumatisiert oder verletzt.

Die Soldaten stünden täglich unter massivem Beschuss seitens schwer bewaffneter prorussischer Separatisten, wie der Freiwillige Juri Birjukow von der 79. Luftlandebrigade erzählt. „Die Jungs haben gelernt, sich einzugraben, doch da gibt es nur schweren Untergrund, Muschelkalk und andere Gemeinheiten, dort gräbst du dich nur schwer ein“, berichtet er. „Jeden Tag gibt es Verluste, die Leute sterben täglich.“

Propagandakrieg mit Videos

Die prorussischen Kräfte führen ihren Krieg weiter nicht nur mit schweren Waffen. Mit Videos von mutmaßlich bei Bombenangriffen durch ukrainische Truppen getöteten Zivilisten laden sie im Propagandakrieg nach. Die erschütternden Aufnahmen, veröffentlicht von der Separatistenseite novorosinform.org, laufen – wie viele Berichte – mit dem Titel „Völkermord“.

Schätzungen zufolge stehen in der Ostukraine mehr als 40 000 Aktive der Regierungstruppen bis zu 20 000 Freischärlern der Separatisten gegenüber. Unbekannt ist die Zahl der Kämpfer in Freiwilligenbataillonen, die dem Innenministerium unterstehen und auch gegen die Aufständischen vorgehen. Weil das alles nicht reicht, gibt es nun Zehntausende Einberufungsbefehle für 18- bis 60-Jährige. Auf eine Reserve von gut zehn Millionen Männern könne das Land mit weiteren Teilmobilmachungen noch zurückgreifen, warnt Kiew.

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