Während die BBC ihren Teletextdienst abschaltet, wird in Berlin ein Festival für Teletextkunst veranstaltet. Die dort gezeigten Werke führen zu den Ursprüngen digitaler Ausdrucksformen zurück. Und natürlich gibt es sie stilecht im ARD-Text zu sehen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Berlin - Irgendwann wird alles, pardon, zum „Kult“ erklärt. Schellack, Schallplaten, Kassetten. Commodore, Gameboy, Super Nintendo. Jetzt reiht sich auch der Teletext ein – jene Jahrzehnte alte und extrem knappe Darstellungsform von Informationen, die den Betrachter bis zum heutigen Tag mit nur einem Druck auf die Fernbedienung mitten in die Achtziger versetzt mit ihren überaus begrenzten technischen Möglichkeiten. Man könnte auch sagen: in die 8-Bit-Welt, die ja zumindest musikalisch längst wieder auferstanden ist, wie im Mai in Esslingen zu hören war.

 

Nun ist der Teletext kein Auslaufmodell, sondern wird weiter eifrig genutzt – allein in Deutschland schalteten im Jahr 2011 laut AGF/GfK ganze 15,52 Millionen Fernsehzuschauer an einem durchschnittlichen Tag den Teletext ein. Die Nutzer bleiben im Schnitt laut ARD-Medienforschung nur wenige Sekunden, etwa um Programminformationen abzurufen. Deshalb ist die Teletextnutzung in Haushalten mit digitalem Empfang geringer als in solchen mit Analoganschluss.

„Teletext is the future“

Und doch hat der Teletext auch über diese Basisfunktion hinaus seine Anhänger. Auch die Sender selbst haben ihn offenbar noch nicht aufgegeben. So konnten Zuschauer während der Olympischen Spiele via Twitter in den ARD-Teletext schreiben und man kann den Teletext in einer Mobilversion auf dem Handy lesen. Auch die Privatsender betreiben weiterhin einen eigenen Teletextdienst mit eigenem Nachrichtenangebot oder entwickeln den Teletext zu einem Dienst mit hochauflösenden Bildern weiter.

Das Festival für Teletextkunst hingegen zeigt in Berlin von Donnerstag an künstlerische Dimensionen der traditionellen, auf 625 Zeilen genormten Teletext-Ästhetik. Ausgestellt werden elektronische Arbeiten, die von internationalen Künstlern gemäß der technischen Beschränkungen von Teletext erstellt wurden: „Nur sechs Farben plus weiß und schwarz sind möglich, die Grafik basiert auf Pixeln, das Bildformat ist festgelegt. Dennoch sind die Möglichkeiten, die der Teletext als künstlerisches Ausdrucksmittel bietet, noch lange nicht ausgeschöpft“, heißt es auf der Projekt-Website, und: „Teletext is the future“.

Einfluss auf viele spätere Kunstrichtungen

Diese These ist womöglich ein bisschen gewagt ob der Retrokunst, die vom morgigen Donnerstag an in der Berliner Galerie Pflüger68 gezeigt wird. Zumal die Pioniere der britischen BBC ihren Teletext mittlerweile abgeschaltet haben. Das International Teletext Art Festival zeigt aber die besonderen Ausdrucksformen, die trotz oder wegen der Beschränkung auf wenige Farben und eine niedrige Auflösung möglich werden. Zumal optische Darstellungen beim Teletext ursprünglich überhaupt nicht vorgesehen waren.

Man sieht Portraits, Tribal- und Street-Art-Anspielungen, textlastige Darstellungen, Muster oder mit Sternchen und anderen Zeichen gebaute, grobe Formen. Alles hat einen „analogen“ Touch und führt den Blick vor allem zurück auf die Anfänge der computergestützten Ästhetik – eine Rückbesinnung, die angesichts immer ausgefeilterer Multimedia-Bewegtbild-Interaktions-Darstellungsformen digitaler Kunst wohltuend wirkt und nicht bloß nostalgisch. Zudem sind spätere Ausdrucksformen wie Street Art, Graffiti und Modedesign von der verpixelten Kunst im Teletext-Format inspiriert worden. Und Liebhabern der noch bis 7. Oktober laufenden Schau „Rasterfahndung“ im Stuttgarter Kunstmuseum dürfte diese künstlerische Ausdrucksform ohnehin gefallen.

Eine Kunstschau auf Teletext, Seite 770

Die ARD unterstützt das Teletext-Kunst-Festival: der Sender zeigt die Kunstwerke im ARD-Text. Ein Festival, das im Frühjahr bereits in ähnlicher Form in Helsinki veranstaltet wurde, anlässlich des dreißigsten Geburtstags des finnischen Teletexts. In Deutschland läuft der Text schon länger über die Bildschirme: der Bayerische Rundfunk sendete 1975 erstmals Signale.

Die Ausstellung mit Bildern von 17 Künstlern ist von Donnerstag an bis zum 16. September in der Galerie Pflüger 68 in Berlin zu sehen – und im ARD-Teletext ab Seite 770.