Auf der A 8 haben Raser nachts freie Fahrt, weil eine Anlage zur Verkehrsbeeinflussung das Tempolimit aufhebt. Nach dem Willen des Stuttgarter Gemeinderates soll sich das allerdings ändern.

Stuttgart - Die Stadt dringt trotz der ablehnenden Haltung des Stuttgarter Regierungspräsidiums (RP) weiterhin auf ein Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde auf den Autobahnabschnitten rund um die Landeshauptstadt. Daran ändert auch der laufende Probebetrieb der 21 Millionen Euro teuren, vom Land bestellten Verkehrsbeeinflussungsanlage nichts, die den Autoverkehr auf der A 8 zwischen Leonberg und Wendlingen verflüssigen soll. Die elektronischen, von der Verkehrsleitzentrale im Minutentakt zu steuernden Schilder führen bei dichtem Verkehr zwar dazu, dass die Autofahrer ihr Tempo den aktuellen Gegebenheiten anpassen und gegebenenfalls auch den Standstreifen nutzen. Da die Anlage aber nachts keine Verkehrsverdichtung registriert und somit auch keine Tempobegrenzung vorgibt, kann man auf diesem Abschnitt „auch mit 200 Stundenkilometern unterwegs sein“, so Ordnungsbürgermeister Martin Schairer – zumal die Schilder, die dort bisher eine Höchstgeschwindigkeit von 120 zuließen, mittlerweile abmontiert worden sind. Schairer: „Dieser Vorgang befremdet uns.“

 

Bürgermeister schreibt ans Regierungspräsidium

Sein Befremden hatte der Bürgermeister bereits im August in einem Schreiben an das RP zum Ausdruck gebracht. Darin heißt es: „Insgesamt ergibt sich für mich (. . .) ein Bild, nach dem die neue Verkehrsbeeinflussungsanlage ohne eine tiefer gehende, vorausschauende und schlüssige Regelungsstrategie eingeführt wurde.“ In seiner Antwort räumte der Vizechef der Behörde, Christian Schneider, ein, dass die Höchstgeschwindigkeit durch die neue Anlage nun nicht mehr „gedeckelt“ sei. Es werde bis Anfang nächsten Jahres mit dem Verkehrsministerium gemeinsam geprüft, inwieweit sich die Anlage entsprechend programmieren lasse und auch Aspekte der Luftreinhaltung und des Lärmschutzes berücksichtigt werden könnten.

Grüne, SPD und SÖS/Linke wollten sich am Dienstag im Technischen Ausschuss nicht mit dem Hinweis zufriedengeben, es werde auf dem Abschnitt ein sogenannter Flüsterasphalt aufgebracht. „Eine überdies sehr teure Infrastrukturmaßnahme kann nicht die Lösung sein“, so Jochen Stopper (Grüne). Tempo 80 wäre dagegen eine ideale und vergleichsweise günstige Lösung. SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind sagte, der Wegfall der Tempohöchstbegrenzung sei „völlig unverständlich“. Es gehe nicht nur um die Verflüssigung des Verkehrs, sondern auch um die Luftreinhaltung und die Reduzierung des Lärms. „Tempo 80 wäre die richtige Lösung“, sekundierte SÖS-Stadtrat Gangolf Stocker.

Ruf nach alten Tempo-120-Schildern

Der CDU-Fraktionssprecher Alexander Kotz plädierte dafür, die Schilder mit Tempo 120 wieder aufzustellen. Günter Stübel (FDP) sprach sich ebenfalls für eine nächtliche Höchstgeschwindigkeit von 120 Stundenkilometern aus, während Joachim Fahrion (Freie Wähler) sagte, er akzeptiere „die Entscheidung der Landesregierung“.