Was haben Sie aus den Jahren mit Ihren Trainern mit in diese Arbeit genommen?
Ich hatte wunderbare Trainer und Lehrmeister. Ion Tiriac, Günther Bosch, Bob Brett, Nick Bollettieri oder Niki Pilic – alle sehr verschiedene Charaktere mit ihren eigenen Fähigkeiten. Davon profitiere ich heute ungemein. Alles, was ich selbst gelernt habe von diesen tollen Coaches, fließt heute in meine Arbeit ein. Saisonplanung, Taktik, Gegnerbeobachtung, das psychologische Spiel.
Haben Sie als ehemalige Nummer eins mehr Überzeugungs- und Argumentationskraft?
Es ist nun mal so, dass man als mehrfacher Grand-Slam-Gewinner einen anderen Zugang hat. Man hat alles selbst erlebt, die Höhen und Tiefen, die Comebacks, die verrückten Matchsituationen, die Regenpausen in Wimbledon oder anderswo. Für Novak ist es wichtig, mit jemandem sprechen zu können, der eine Lebenserfahrung dazu einbringen kann, eine Autorität aus eigenem Erleben. Das stützt ihn. Und hilft ihm, eine Krise wie nach Paris zu überwinden.
Sie haben sich wiederholt beklagt, dass Djokovics Erfolge in der Öffentlichkeit nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Hat das Jahr 2015 da etwas verändert?
Eindeutig, ja, und zwar vor allem, wie er nicht nur mit den Siegen umgegangen ist, sondern auch mit dieser einzigen schmerzhaften Niederlage in Paris. Seine Ansprache damals, diese Emotionen, die Tränen, das gehörte zu den bewegendsten Momenten, die ich je im Tennis erlebt habe. Ich glaube, die Menschen kriegen einfach mit, was für ein großartiger Champion er ist. Bescheiden im Erfolg, keiner, der Siege arrogant vor sich herträgt. Einer, der dem Tennis als Führungsfigur einfach guttut.
Andererseits haben Sie noch als TV-Kommentator einst angemerkt, es gehe Ihnen an der Spitze zu kuschelig zu. Djokovic steht jetzt auch nicht gerade für Konfrontation.
Aber auf dem Centre-Court kann er schon ein Krieger sein. Er ist eine Art Straßenkämpfer, einer, der sich mit aller Macht durchsetzen will. Denken wir nur mal an das US-Open-Finale, ein paar Hundert Serben auf der Tribüne, aber 24 000 Amerikaner waren gegen Djokovic und für Federer: Wenn du so eine Prüfung bestehst, bist du wirklich ein Großer. Das schaffst du nur, wenn du Rückgrat hast, nicht ängstlich bist und eine ganz klare Position zeigst. Für mich war es das Spiel des Jahres von ihm.