Beim Frauen-Tennisturnier in der Stuttgarter Porsche-Arena steht Simona Halep unter besonderem Schutz. Die Rumänin wird von einem Stalker bedroht, dennoch schaffte sie gegen die Italienerin Sara Errani den Halbfinaleinzug.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Weil Simona Halep eine tolle Tennisspielerin und eine tapfere junge Frau ist, hat sie sich äußerlich nichts anmerken lassen. Also hat sich die 1,68 Meter kleine Rumänien die Schlägertasche umgehängt, und ist im lachsfarbenen Outfit wie immer hinaus auf den Centre-Court gegangen. Dort hat sich die 23-Jährige mit ihrer Gegnerin Sara Errani aus Italien eingeschlagen, ehe beide letztlich für das erste Viertelfinalspiel beim Stuttgarter Tennis-Grand-Prix bereit waren. Das sah alles nach der alltäglichen Routine eines aufstrebenden Profis auf der Tennistour aus – war aber nur gespielt: Denn im Leben der Simona Halep, der Nummer zwei der Stuttgarter Setzliste, ist vorerst vieles anders als gewohnt.

 

Schließlich waren zu diesem Zeitpunkt bereits unauffällig und diskret die Sicherheitsvorkehrungen in der Halle wie auch im Hotel der Spielerinnen erhöht worden. Denn die Rumänin aus Constanta am Schwarzen Meer hatte bereits am Donnerstag über ihren Twitter-Account eine ernst zu nehmende Morddrohung erhalten. Dort hatte ein offensichtlich verwirrter Fan, der sich im Netz „Jesper Andreassen“ nennt und aus Dänemark stammen soll, auf Englisch geschrieben: „Ich werde Dich zu hundert Prozent zerstören. Du stirbst!“. Wie die Veranstalter des Turniers weiter bestätigten, soll es sich bei dem Mann um einen Stalker handeln, also einen verwirrten Kriminellen, der Simona Halep bereits seit einiger Zeit nachstellt, aber bisher nicht dingfest gemacht werden konnte.

Dass die Nummer drei der Welt ihre Partie gegen Sara Errani auf dem Centre-Court letztlich in 1:21 Stunden souverän mit 6:4 und 6:4 für sich entschied und damit an diesem Samstag im Halbfinale auf die Dänin Caroline Wozniacki trifft, macht deutlich, welch große mentale Stärke sie besitzt. 2013 war Simona Halep im Eiltempo auf die große Tennisbühne gestürmt, als sie binnen einer Saison die ersten sechs Turniere ihrer Karriere gewann. Ein derart furioser Start war zuletzt Steffi Graf im Spieljahr 1996 gelungen. „In Rumänien ist meine Popularität schon gewaltig. Es ist schwer, unerkannt durch die Straßen zu gehen“, sagte Halep am Montag in Stuttgart bei einem Pressegespräch. Dennoch will die kleine Kämpfernatur mit den wieselflinken Beinen ihre Heimat keinesfalls verlassen, um etwa – wie so viele der Kolleginnen auf der WTA-Tour – nach Monte Carlo zu ziehen.

Das Geld für ein luxuriöses Leben an der Côte d’Azur besäße sie freilich. Denn Halep hat sich in ihrer noch jungen Karriere bereits mehr als acht Millionen US-Dollar allein an Preisgeld erspielt. Im Vorjahr beim Porsche Grand-Prix gleich in ihrem Auftaktmatch ausgeschieden, hatte das 23-jährige Energiebündel einen Monat später das Finale der French Open erreicht, in dem sie nach zähem Kampf letztlich Maria Scharapowa unterlegen war. Somit wartet Halep, die sich im Jahr 2009 aus gesundheitlichen Gründen die Brüste verkleinern ließ, zwar weiter auf ihren ersten Grand-Slam-Titel, blieb unter ihrem neuen Trainer Victor Ionita, der den Belgier Wim Fissette ablöste, aber weiter in der Erfolgsspur.

So gewann die zurückhaltende Rumänin („Ich spiele hier Tennis – um die aktuellen Drohungen kümmern sich professionelle Leute“) in diesem Jahr bereits die Turniere von Shenzen, Dubai und Indian Wells. Vor allem ihr bisher letzter Titelgewinn war dabei ein außergewöhnlicher mentaler Kraftakt. Denn Simona Halep hatte bereits vor dem ersten Ballwechsel in der kalifornischen Wüste die erste schockierende Nachricht des Jahre 2015 erreicht: Ihr Cousin, den offenbar hohe Spielschulden drückten, hatte sich in seiner Wohnung erhängt.

„Der Schmerz ist groß bei mir und meiner Familie“, sagte Halep Mitte Februar, trat aber dennoch an – und gewann weiter wie am Fließband. Erst die Nummer eins, Serena Williams, stoppte im Viertelfinale von Miami den da schon 15 Einzel andauernden Siegeszug der Simona Halep, die sich nun in Stuttgart auch von ihrem Stalker nicht von erfolgreichem Tennis abbringen lassen will.