Ausgerechnet beim Comeback von Maria Scharapowa beim Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart hat es keine Dopingkontrollen gegeben. Die Dopingjäger von der Nada sind empört.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Auf dem Centre-Court der Stuttgarter Porsche-Arena kämpfte sich gerade die russische Tennisdiva Maria Scharapowa in Turnier eins nach dem Ablauf ihrer 15-monatigen Dopingsperre bis ins Halbfinale vor, als zeitgleich die International Tennis Federation (ITF) mit einer erfreulichen Nachricht aufwartete. So teilte der Weltverband Ende April mit, dass man die Ausgaben für sämtliche Maßnahmen im Anti-Doping-Kampf bereits 2017 um mehr als 50 Prozent auf 4,5 Millionen US-Dollar anheben werde.

 

Diese Mitteilung wurde aus ITF-Sicht zur denkbar günstigsten Zeit lanciert. Waren doch zunehmend dunkle Flecke auf der vormals weißen Weste des weißen Sports zutage getreten. Wobei der Dopingfall der Maria Scharapowa, der vormals bestbezahlten Sportlerin der Welt, besonders ins Auge stach. Obendrein besitzt der professionelle Tennissport bei der Jagd nach Dopingsündern fast schon traditionell einen großen Rückstand: Nur 4433 Dopingtests hatte die International Tennis Federation 2015 durchführen lassen – zum Vergleich: im Radsport waren es bereits 2011 durch die dessen Weltverband UCI 13 500 Tests.

Die schöne Tenniswelt kommt ins Wanken

Doch künftig, so lautete die frohe Botschaft der ITF noch Ende April, werde mit dem erhöhten Budget im Anti-Doping-Kampf ja vieles, wenn nicht alles besser.

Am Donnerstag allerdings kam die schöne, neue Tenniswelt wieder ernsthaft ins Wanken. Denn da wurde auf einer Pressekonferenz der Nationalen-Anti-Doping-Agentur (Nada) in Berlin öffentlich, dass es während des WTA-Turniers von Stuttgart überhaupt keine Dopingkontrollen gegeben hat. Mehr noch: „Es wurde uns verwehrt, Kontrollen durchzuführen“, sagte Nada-Vorstand Andrea Gotzmann: „Das ist etwas, das wir nicht gutheißen können. Zumal dann, wenn der internationale Verband selbst keine Kontrollen bei diesem Turnier durchführt.“

Tatsächlich hatte die ITF die Nada-Mitarbeiter nicht in die Stuttgart Porsche-Arena gelassen – und sich dabei auf den Code der Welt- Anti-Doping-Agentur (Wada) berufen, wonach Kontrollen 35 Tage im Voraus anzumelden sind. „Dies war uns nicht bekannt, da wir vorher bei anderen Sportarten stets Zugang zu den Sportveranstaltungen erhalten haben“, sagt Eva Bunthoff, die Pressesprecherin der Nada – und Gotzmann ergänzt: „Es macht wenig Sinn, da noch von Zielkontrollen zu sprechen, wenn man sie vorher anmelden muss.“

Tatsächlich ist es den nationalen Dopingjägern auch nicht möglich, die Spielerinnen etwa abseits der Halle im Hotelzimmer zu kontrollieren, weil sie in der sogenannten In-Competition-Phase, also bei laufendem Wettbewerb, nicht das Recht dazu besitzen. Dabei dienten die Test grundsätzlich auch dem Schutz der Sportler. „Wenn man eine Frau Scharapowa testet und negativ testet“, sagt der Nada-Vorstand Lars Mortsiefer, „kann man zeigen, dass sie sauber ist.“

Der Weltverband verschanzt sich hinter einem Paragrafen

Warum sich die International Tennis Federation im Fall des Stuttgarter Tennisklassikers hinter dem Wada-Code verschanzte und die Mitarbeiter der Woman Tennis Association (WTA) als ihr ausführendes Organ vor Ort anwies, die Kontrolleure abzuweisen, anstatt sie unbürokratisch hereinzulassen, war nicht zu klären. Eine Anfrage dieser Zeitung ließ die ITF mit Sitz in London unbeantwortet.

So erhält das Stuttgarter Turnier nachträglich eine pikante Note: Ausgerechnet beim weltweit beäugten Comeback der rehabilitierten Dopingsünderin Maria Scharapowa, der Meldonium zum Verhängnis geworden war, hat es keine Kontrollen gegeben. Dies ist allerdings nicht die Schuld der Organisatoren. „Wir als Turnierveranstalter sind nicht in das Dopingkontrollsystem involviert und haben deshalb auch keinen Einfluss darauf, ob und wann Dopingkontrollen durchgeführt werden“, sagt der Turnierdirektor Markus Günthardt – doch der Schweizer kann die Nada nicht von jeglicher Mitschuld freisprechen: „Dopingkontrollen muss es geben, das steht überhaupt nicht zur Diskussion. Es gibt jedoch klare Regeln über deren Ansetzung und Durchführung. An diese Regeln müssen sich stets alle Beteiligten – in diesem Fall die Nada sowie die ITF und die WTA – halten.“