Rudolf Grabner hat 35 Jahre lang die Tennisschule Botnang geführt. Vor kurzem hat er 80. Geburtstag gefeiert. Grabner schätzt, dass er in all den Jahren mehr als 5000 Leuten das Tennisspielen beigebracht hat.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Botnang - Genau wie bei einem Tennismatch hat Rudolf Grabner 35 Jahre lang, während er die Tennisschule Botnang geleitet hat, starke Nerven bewahrt, den Ball sicher im Spiel gehalten, manchen Angriff abgewehrt, aber auch Niederlagen weggesteckt. Am Ende ist er als Gewinner vom Platz gegangen. „Ich konnte mit meinem Beruf anderen Leuten Freude bereiten. Das gibt kaum ein anderer Beruf her und ist ein großes Glück“, sagt er. Von 1971 bis 1995 hat Rudolf Grabner an der Beethovenstraße 41 das „Grabner Court’le“, wie die Tennisschule bei seinen Kunden genannt wurde, geführt. Die sechs Plätze mit der dazugehörigen Traglufthalle gibt es bis heute, wenn auch unter anderer Leitung.

 

Schläger und Ball statt Hammer und Säge

Vor kurzem hat Rudolf Grabner seinen 80. Geburtstag gefeiert. Noch immer steht er jede Woche auf dem Tennisplatz. Allerdings nicht mehr von morgens um 7 bis abends um 22 Uhr. Solche Zeiten hat es durchaus gegeben: „Zum Teil habe ich auf einer Bank im Clubhaus geschlafen, weil ich so müde war, dass ich nicht mehr heim gegangen bin“, erinnert er sich.

Den Entschluss, eine private Tennisschule zu gründen, hat Rudolf Grabner Ende der 60er Jahre gefasst. Zuvor hatte er fast zehn Jahre lang die Tennis- und Skischule Schwaben (TSS) mit aufgebaut. Dabei war Grabner, dessen Familie aus dem Ost-Sudetengau vertrieben worden war, ein Tennisneuling. Erst mit 26 Jahren hatte er den weißen Sport erlernt. Nur drei Jahre später, 1963, legte er die Sportlehrerprüfung ab. Seinen Beruf als Schreiner gab er auf, tauschte Hammer und Säge gegen Schläger und Ball. „Ich hatte Talent und vielleicht auch Mut“, erklärt er heute seinen Entschluss.

„Tennis für Jedermann“

Zusammen mit seiner Frau Ingeborg, die er auf dem Tennisplatz kennengelernt hatte, fuhr Grabner auf der Suche nach einer geeigneten Fläche durch ganz Stuttgart. „Mit großen Schritten haben wir ausgemessen, wo es Platz für Tennisplätze haben könnte.“ In Botnang wurden sie fündig. 500 Mark waren ihr Startkapital. Werbeprospekte tippte der junge Sportlehrer mit der Schreibmaschine und kopierte sie, „mehr konnten wir uns nicht leisten“. Doch das Konzept ging auf. Innerhalb kurzer Zeit sprachen sich die Schule und ihr Motto „Tennis für Jedermann“ herum. Moderate Preise sollten jedem erlauben, Bälle zu schlagen. Für drei Mark konnten Besucher eine Stunde lang auf einem Platz spielen, Unterricht gab es für zehn Mark. Wer sich für etwas Besseres hielt und sich entsprechend aufführte, den schickte Grabner auch mal nach Hause – „obwohl wir uns das anfangs überhaupt nicht leisten konnten“. Später zählten auch der spanische Vizekonsul oder Ministerpräsident Lothar Späth zu seinem Kundenstamm, „aber die Prominenten waren nicht die wichtigsten Spieler“, betont Grabner. „Die Hauptsache waren die normalen Kunden, die sommers wie winters zu uns kamen.“ Fünf Jahre nach der Gründung konnte Grabner drei weitere Tennislehrer voll beschäftigen. 1995, als er die Schule verkaufte, waren 4300 Kunden in seiner Kartei verzeichnet.

Auch wenn der Aufbau der Tennisschule im Nachhinein wie eine Erfolgsgeschichte klingt, so hatte Grabner auch etliche Nackenschläge wegzustecken. Nur vier Monate nach der Eröffnung zerstörte eine geplatzte Bodensee-Trinkwasserleitung die Plätze, die mehrere Wochen lang unbespielbar waren. Der Schaden betrug 30 000 Mark. „Es war der Wahnsinn. Aber heute kann ich darüber lächeln“, sagt der 80-Jährige. „Das war halt Pech.“ Und auch die Jahre danach blieb er vom Unglück nicht verschont: In 35 Jahren musste er 22 Einbrüche in seiner Tennisboutique wegstecken.

Spionage beim Tennisclub Waldau

Grabners Anspruch an sich selbst war es, als Tennislehrer immer besser zu werden. In den Anfangsjahren radelte er regelmäßig zum Tennisclub Waldau, versteckte sich hinter einer Hecke und beobachtete den Chef-Trainer Camillo Keretic bei seinem Unterricht. „Von ihm habe ich viel gelernt“, erzählt Grabner. Zum Beispiel, sich selbst nie in den Mittelpunkt zu rücken. „Ein Trainer muss nicht zeigen, wie gut er spielen kann, sondern er muss gut zuspielen.“ Das Training von heute sei mit dem von früher nicht mehr zu vergleichen. „Das Spiel ist athletischer und schneller geworden, manchmal auch auf Kosten der Raffinesse.“ Ein Nachteil sei, dass der Körper der Spieler viel stärker beansprucht werde und sie sich häufiger verletzten.

Grabner schätzt, dass er in all den Jahren mehr als 5000 Leuten das Tennisspielen beigebracht hat – darunter auch seinem Sohn und dem 15-jährigen Enkel. Zum 80. Geburtstag kamen beide aus Australien, wo sie leben, zu Besuch. Natürlich stand auch ein Tennismatch auf dem Programm. „Mein Enkel hat gesagt: ,Opa, nächstes Jahr schlage ich dich‘“, erzählt Grabner und lacht. „Bis jetzt hat er’s nicht geschafft.“