Der Entwicklungsminister Dirk Niebel hat einen Teppich von Kabul in sein Wohnzimmer schaffen lassen. Das beschäftigt den Bundestag.

Berlin - So kleinlaut wie in dieser Aktuellen Stunde im Bundestag ist Dirk Niebel selten. Der Entwicklungsminister ist normalerweise ein Mann für den politischen Nahkampf, gut im Nehmen und noch besser im Austeilen. Als er zu Beginn seiner Amtszeit in die Kritik geriet, weil er sich bei Auslandsreisen mit einer jahrzehntealten Gebirgsjägermütze ablichten ließ, blieb er dem verschlissenen Stück Stoff trotz gegenteiliger Ratschläge wohlmeinender Berater trotzig treu. Aber diesmal gibt er klein bei. Und allein schon die defensive Haltung dieser auf Angriff ausgelegten politischen Streitkraft zeigt, wie ernst Niebel die Lage selbst einschätzt.

 

Es geht um einen Teppich für sein Wohnzimmer. Neun Quadratmeter groß, 1400 Dollar teuer. Erstanden im März in der deutschen Botschaft in Kabul. Niebel hatte den Händler in die Botschaft kommen lassen, weil der Besuch eines Basars zu gefährlich gewesen wäre. Aber Niebel stand kein Regierungsflieger zur Verfügung, er musste Linie fliegen. Deshalb deponierte er den Teppich in der Botschaft. Im Mai wurde das gute Stück in einem Jet des BND-Präsidenten Gerhard Schindler nach Deutschland geflogen. Der Chef des Auslandsnachrichtendienstes war angeblich fälschlicherweise von einem zollfreien Gastgeschenk ausgegangen.

Auf dem Rollfeld des Flughafens Schönefeld nahm der Fahrer des Ministers den Teppich entgegen – unverzollt. Die Sache wurde ausgeplaudert, der „Spiegel“ recherchierte, fragte bei Niebel nach, was diesen, so sagt es Dirk Niebel selbst, überhaupt erst „problembewusst“ hat werden lassen. Inzwischen hat der Minister die Nachverzollung beantragt.

Der Intimfeind geht ans Mikrofon

In der Bundestagsdebatte ergreift zunächst der SPD-Angeordnete Sascha Raabe das Wort, Niebels Intimfeind. Raabe teilt aus, versucht den reizbaren Minister zu reizen. Aber er schafft es nicht, Niebel zu provozieren und so in den nächsten Fettnapf zu zwingen. Raabe fordert erneut Niebels Rücktritt. „Wir können das nicht mehr mit ansehen“, klagt Raabe. Niebel habe nicht nur mit Hilfe des BND den Zoll umgangen. Er habe sich auch nicht ausreichend garantieren lassen, dass der Teppich nicht von Kinderhänden geknüpft wurde. Die Versicherungen von Botschaftsmitarbeitern reichten da nicht aus, ein international anerkanntes Gütesiegel habe Niebel aber bisher nicht vorlegen können.

Niebel, der sich auch schon von Kanzlerin Angela Merkel für den Teppichhandel hat rügen lassen müssen, geht auf Raabe nicht ein, sondern beschränkt sich auf die ihm nicht gerade auf den bulligen Leib geschriebene Rolle des Büßers. Sein erster Satz lautet: „Ich habe einen Fehler gemacht.“ Noch einmal entschuldigt er sich, auch bei BND-Chef Schindler, der von falschen Voraussetzungen habe ausgehen müssen. Er habe „keine klaren Absprachen“ gemacht, so Niebel: „Niemand ärgert sich über diesen Vorgang mehr als ich.“

Für die Regierungsparteien soll es damit sein Bewenden haben, für die Opposition nicht. Heike Hänsel von den Linken nennt zwar den Vorwurf, Niebel habe sich bereichern wollen, „albern“. Nicht zu entschuldigen sei aber Niebels fortwährende Gedankenlosigkeit. Ein Minister müsse „ein Gespür dafür haben, was man macht und was nicht, und dieses Gespür fehlt ihnen“. An dieser Stelle kommt dann als Beispiel prompt wieder Niebels Mütze ins Spiel. Mit dieser, so Hänsel, erinnere Niebel im Ausland an „ungute deutsche Zeiten“.