Terje Lange, Leiter des Degerlocher Jugendhauses, engagiert sich in seiner Freizeit beim Mankind Projekt. Mit einer Mischung aus mentalem und körperlichen Training soll es Männern zu einem neuen Selbstwertverhelfen. Daran gibt es auch Kritik.

Degerloch - Nein, mit militärischem Drill sei das, was die Männer bei dem sogenanten Abenteuertraining der Männerbewegung Mankind Projekt (MKP) erwartet, nicht zu vergleichen, betont Terje Lange. Die Idee kann einen durchaus beschleichen, denn immerhin war ein Gründer des MKP ein ehemaliger Offizier bei den US-Marines.

 

Was genau bei dem Initiationsritus nach den Regeln der 1984 in den USA gegründeten Bewegung irgendwo in der Abgeschiedenheit der Stuttgarter Wälder passiert, will Lange, der beruflich das Degerlocher Jugendhaus leitet, nicht verraten.

Oder vielmehr, er kann es nicht. Die Regeln der inzwischen in vielen Ländern vertretene Männerorganisation sehen es vor, dass nichts nach außen dringt, was die Männer tun und erleben, wenn sie sich draußen in der Natur einem geheimen Initiationsritus unterziehen.

Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter

Die Tatsache an sich lässt aufhorchen. Denn Initiationsriten werden heute eher bei Naturvölkern verortet. In traditionellen Stammesgesellschaften beschreiben solche Riten bis heute den Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter. Im übertragenen Sinne gilt auch für die Männer, die Teil des Mankind Projekt werden, dass sie den Eintritt in einen neuen Bewusstseinszustand anstreben. Die Bewegung Mankind Projekt geht davon aus, dass Männer in Zeiten der Industrialisierung und der Angleichung der Geschlechterrollen um ihr Selbstbild kämpfen. Zu oft würden Männer – eingezwängt in unterschiedliche Rollenbilder und Erwartungen – sich selbst verlieren und an seelischen Verletzungen leiden, sagt Terje Lange. „Das geht meist im Kinderalter los. Wenn ein Junge hört, dass er lernen soll, ein Mann zu sein, lernt er, dass er nichts wert ist, wenn er den gängigen Vorstellungen von Männlichkeit nicht entspricht“, sagt Lange.

Die Mankind-Bewegung geht davon aus, dass sich die Lage für den heute lebenden Mann aber noch erschwert, weil es keinen gesellschaftlichen Konsens mehr darüber gebe, was eigentlich Männlichkeit ausmacht. Männer müssten heute alles gleichzeitig sein, viril und sensibel, erfolgreich im Beruf und fürsorglich in der Familie, durchsetzungsfähig und ein guter Zuhörer. „Das führt bei vielen zu einer Überforderung, zu Burn-outs oder Suchterkrankungen“, sagt Terje Lange.

Er selbst habe vor einigen Jahren in einer persönlichen Krise zu der Bewegung gefunden, sagt der Leiter des Degerlocher Jugendhauses. „Ich wollte mich mit anderen über Stärken und Schwächen auszutauschen. Bei der Recherche im Internet bin ich dann auf das Mankind Projekt gestoßen“, sagt Terje Lange.

Anstrengend für Körper und Geist

Ein paar allgemeine Dinge verrät Terje Lange dann doch über die Initiation. Körperlich und mental sei sie anspruchsvoll. Ein Mediziner sei immer dabei, sagt er. Neben denjenigen, die neu an sich arbeiten, nehmen immer auch Männer teil, die den Ritus bereits vollzogen haben.

Die Praktiken des Mankind Projekts sind nicht unumstritten. Ehemalige Mitglieder sprechen davon, dass bei mentalen Übungen die Gefahr von Manipulation bestehe. Andere sehen es kritisch, Menschen ohne professionellen Beistand mit traumatischen Erlebnissen aus ihrer Vergangenheit zu konfrontieren.

2007 nahm sich in den USA ein Mann das Leben, der am MKP teilnahm. Seine Eltern beschuldigten die Organisation, für den Selbstmord verantwortlich zu sein. Terje Lange führt den Suizid des Mannes aber nicht auf seine Mitgliedschaft bei der Bewegung zurück. „Ich weiß, dass der junge Mann Drogenprobleme hatte, bevor er beim MKP mitgemacht hat“, sagt Lange. Mittlerweile würde aber die geistige Gesundheit der Teilnehmer vor jeder Initiation geprüft, versichert er.