Dramatische Szenen in Ottawa: Erst wird an einem Kriegerdenkmal ein Soldat der Ehrenwache niedergeschossen, dann fallen Schüsse im kanadischen Parlament. Auch ein Einkaufszentrum wird evakuiert.

Ottawa - Ein Mann hat das Parlament in Kanadas Hauptstadt Ottawa mit einem Gewehr angegriffen. Es kam zu einer Schießerei mit Sicherheitskräften. Zuvor war nur wenige Meter vom Regierungssitz entfernt ein Soldat am Weltkriegsdenkmal niedergeschossen worden. Ein Angreifer soll nach Medienberichten getötet worden sein. Offiziell wollte die Polizei das nicht bestätigen.

 

Auch in einem Einkaufszentrum in der Innenstadt nahe dem Parlamentsgebäude seien Schüsse gefallen, berichteten kanadische Medien unter Berufung auf Polizeiangaben. Das Einkaufszentrum sei evakuiert worden, teilten die Betreiber per Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Laut Bürgermeisters Jim Watson könnte es möglicherweise mehrere Angreifer geben. Sicherheitsbehörden und Polizei verfolgten derzeit „den oder die Kriminellen, die diese bösartige und unvertretbare Attacke verübt haben“, teilte Watson per Kurznachrichtendienst Twitter mit. Er sei „schockiert und traurig“ wegen der Ereignisse. „Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Verletzten.“

Die Hintergründe blieben zunächst unklar. Erst am Montag hatte ein mutmaßlicher Islamist zwei kanadische Soldaten überfahren. Ein Soldat starb, der Täter wurde nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei erschossen.

"Mom, I'm okay"

Premierminister Stephen Harper war während der Schießerei am Mittwoch im Parlamentsgebäude. Er wurde in Sicherheit gebracht, wie sein Sprecher auf Twitter mitteilte. Mehrere Parlamentarier hielten ihre Angehörigen auf Twitter auf dem Laufenden: Sie seien sicher, aber in großer Sorge und Angst, hieß es in mehreren Nachrichten: „Mama, mir geht es gut. Ich verstecke mich“, twitterte die Abgeordnete Michelle Rempel.

„Mindestens 30 Schüsse während der Sitzung. Wir sind in Sicherheit, aber es ist noch nicht vorbei“, twitterte der Abgeordnete Tony Clement.

Die ersten Schüsse fielen laut Polizei um 9.52 Uhr Ortszeit (15.52 deutscher Zeit) am Denkmal. Passanten versuchten, den getroffenen Soldaten mit Erster Hilfe zu retten. Sein Zustand war zunächst unklar.

Medien zufolge berichteten Zeugen, ein langhaariger Mann habe mehrere Schüsse abgefeuert und sei dann mit einem Gewehr zum Parlamentsgebäude gegangen. Am Eingang soll er mit dem Gewehr mehrfach in das Gebäude geschossen haben. Anfangs hieß es, auch im Gebäude selbst seien Schüsse gefallen.

Parlamentsgebäude abgeriegelt

Die Polizei sperrte das Gebiet weiträumig ab und forderte alle Passanten auf, sich vom Parlamentshügel fernzuhalten. Das Gebäude selbst wurde abgeriegelt; niemand kam hinein oder heraus. Das Gebiet in einem Park unmittelbar am Fluss Ottawa ist sonst frei zugänglich, Tausende Touristen lassen sich jeden Tag mit den Wachen fotografieren.

Die Polizei gab zunächst keine Details zu den Ermittlungen bekannt. Alle Wachen schlossen ihren Besucherverkehr. Die Polizei forderte alle in der Innenstadt von Ottawa auf, sich nicht am Fenster zu zeigen oder auf Dächer zu gehen.

Das Denkmal für die Kriegstoten ist unmittelbar am Parlamentspark, nur durch eine Straße getrennt. Die Ehrenwache ist zwar bewaffnet, die Sturmgewehre dienen aber rein repräsentativen Zwecken. Unklar war, ob sie normalerweise überhaupt geladen sind. Das Denkmal wurde 1939 für die Toten des Ersten Weltkrieges eingeweiht und dient inzwischen auch dem Gedenken der Opfer anderer Kriege.