Zwei terroristische Anschläge haben am Mittwoch die iranische Hauptstadt erschüttert, dabei starben mindestens zwölf Menschen, mehr als 40 wurden verletzt. Der IS reklamierte die Bluttat für sich. Die Hintergründe liegen noch im Dunkeln.

Teheran - Am Morgen hallten Schüsse durch die Straßen Teherans, Menschen kauerten zum Schutz hinter Alleebäumen. Die Konfrontation zwischen Sunniten und Schiiten im Nahen Osten erfuhr am Mittwoch eine spektakuläre Eskalation, als sunnitische Terroristen in einer Kommandoaktion das Parlament im Herzen Teherans und das Mausoleum von Staatsgründer Ajatollah Khomeini im Süden der Hauptstadt unter Feuer nahmen. Nach Angaben der Behörden töteten sie bei dem Doppelattentat mindestens 12 Menschen und verletzten mehr als 40.

 

Einige der Attentäter, darunter eine Frau, sprengten sich in die Luft, andere schossen mit Kalaschnikows und Pistolen um sich. In dem Parlamentskomplex gelang es der Polizei erst am Mittag, die vier Angreifer des ersten Kommandos aufzuspüren. Die Abgeordneten schlossen sich zum Zeitpunkt des Dramas im Plenarsaal ein, unterbrachen ihre Sitzung nicht. Parlamentspräsident Ali Larijani reagierte demonstrativ gelassen, nannte den Angriff „eine triviale Angelegenheit“, die in die Kompetenz der Polizei falle. Parallel dazu stürmte eine zweite Gruppe von Attentätern auf das Gelände der Khomeini-Gedenkstätte und erschoss wahllos Umstehende, darunter einen Gärtner. Auch hier dauerten die Gefechte zwischen den Terroristen und der Polizei nach Angaben der Nachrichtenagentur Ilna mehr als eine Stunde.

Drittes Kommando außer Gefecht gesetzt

Der „Islamische Staat“ reklamierte die Bluttat für sich, der erste Anschlag der sunnitischen Terrormiliz auf dem Staatsgebiet der schiitischen Vormacht im Nahen Osten. „Kämpfer des Islamischen Staates griffen das Khomeini-Mausoleum und das Parlamentsgebäude in Teheran an“, hieß es in einer Erklärung auf der IS-Website Amaq, die sich den Anstrich einer Nachrichtenagentur gibt. Das iranische Geheimdienstministerium erklärte, man habe ein drittes Kommando außer Gefecht gesetzt, bevor es seine Terrorpläne ausführen konnte.

Auf Fotos im Internet war im Fenster eines Parlamentsbüros einer der Angreifer mit einer Kalaschnikow zu sehen, der zu diesem Zeitpunkt offenbar eine Geisel in seiner Gewalt hatte. Andere Bilder zeigten Sicherheitskräfte, die Angestellte über die Außenmauern evakuierten.

Die genauen Hintergründe der beiden Bluttaten liegen noch im Dunkeln, auch über die Identität der Attentäter war noch nichts bekannt. Doch der IS hatte im März zum ersten Mal auch der Islamischen Republik explizit Terroranschläge angedroht. Man werde den Iran erobern und ihn wieder zu einer sunnitischen Nation machen, hieß es in der Audio-Botschaft. Im syrischen Bürgerkrieg kämpfen iranische Revolutionäre Garden und schiitische Milizen an der Seite des Regimes von Bashar al-Assad gegen die Aufständischen, unter denen sunnitische Extremisten eine immer zentralere Rolle spielen. Im Irak beteiligen sich die iranhörigen Paramilitärs an der Rückeroberung der Metropole Mossul, wo der „Islamische Staat“ kurz vor der militärischen Kapitulation steht.

Auch im Inneren des Landes gibt es Probleme

Aber auch im Inneren des Iran gab es in den vergangenen Jahren Terrortaten sunnitischer Radikaler, von denen viele mit dem „Islamischen Staat“ sympathisieren. So räumte Geheimdienstminister Mahmoud Alavi ein, sein Land habe bisher rund 1500 junge Männer an einer Ausreise in das IS-Gebiet gehindert. Im Mai flammten die Gefechte mit kurdischen Separatisten im Westen des Landes wieder auf. Zwei Soldaten starben, drei wurden schwer verletzt. An der Grenze zu Pakistan gärt es vor allem in der Provinz Sistan-Baluchistan. Die dort operierende Terrororganisation Jaish-ul Adl, die sich zu Al-Qaida rechnet, erschoss zuletzt im April zehn iranische Grenzpolizisten. Bei ihrem bisher schwersten Attentat 2009 starben 42 Menschen.