Die Marvel-Studios schicken alle ihre Helden gemeinsam in den Kampf. Sogar in Stuttgart schlagen sie eine Schlacht. Am Donnerstag läuft „The Avengers“ in den Kinos an.

Stuttgart - Im riesigen Labor der geheimen US-Regierungsbehörde S.H.I.E.L.D. wird an der Lösung aller irdischen Energieprobleme gebastelt. Doch der Strahlen schleudernde Würfel namens Tesseract öffnet leider auch das Tor zu anderen Welten, plötzlich steht der listige Loki (Tom Hiddleston) im Raum, einer der nordischen Götter, fuchtelt mit seinem Leuchtspeer herum, macht damit den Agenten Hawkeye (Jeremy Renner) zum zombieartigen Untertanen und schickt sich selber an, die Weltherrschaft zu übernehmen. „Ab jetzt sind wir im Krieg!“, spricht der einäugige S.H.I.E.L.D.-Chef Nick Fury (Samuel L. Jackson) grimmig. Er will sofort seinen Tesserac zurück und trommelt deshalb ein Team von Superhelden zusammen.

 

Die vier größten unter ihnen heißen Captain America, Thor, Iron Man und Dr. Bruce Banner, Letzterer in seinem grünen Aggregatzustand auch bekannt als unglaublicher Hulk. Alle vier gehören sie zum Marvel-Comic-Universum, waren in den Kinoadaptionen bisher jedoch als Einzelkämpfer zu sehen. Ihre jeweiligen Filme aber, so groß angelegt sie auch waren, sollen nun bloß ein Vorspiel gewesen sein. Das von den Marvel-Studios schon 2005 verkündete Ziel ist die Bündelung der Superkräfte, ist also dieser ungeheuer aufwendige Film von Joss Whedon, in dem sich auf der Leinwand erstmals die natürlich unter amerikanischer Leitung stehende Weltfeuerwehrtruppe The Avengers formiert.

Aber kommen sich diese Helden mit ihren Super-Egos nicht in die Quere? Doch, das tun sie, und genau das macht manchmal auch den Reiz dieses Abenteuers aus. Der nostalgische Pathosstil von Captain America (Chris Evans), der nach seinem Auftritt im Zweiten Weltkrieg zunächst eingefroren war, passt einfach nicht zusammen mit der ironisch-sarkastischen Attitüde des eitlen Selfmade-Milliardärs Tony Stark alias Iron Man (Robert Downey jr.). Und wie will sich der göttlich-blonde Thor (Chris Hemsworth), der gern einen archaisch-hohen Ton anschlägt, eigentlich mit dem prollig dahinknurrenden Haudrauf Hulk (Mark Ruffalo) verständigen? Zunächst gar nicht, lautet die Antwort. Bevor diese Superhelden nämlich gegen Loki antreten, müssen sie sich erst mal selber zusammenraufen, auch buchstäblich: In diversen Eifersuchts- und Konkurrenzduellen krachen die Superkräfte nur so aufeinander und gehen ganze Wälder zu Bruch.

Superhelden-Kabinett voller Spiegelungen

Zum Team von Nick Fury, der sein Hauptquartier in einem fliegenden Flugzeugträger aufgeschlagen hat, gehört auch die rothaarige Black Widow (Scarlett Johansson), sie macht eine gute Figur und wirbelt im Martial-Arts-Stil herum, löst ihre Aufgaben aber lieber durch coole Hirntätigkeit. Der S.H.I.E.L.D.-Agent Coulson (Clark Gregg) dagegen wirkt spätestens dann eher uncool, wenn er sich als Captain-America-Bildchen-Sammler erweist. Überhaupt führt sich der Film, wenn er nicht gerade mit Action, Action, Action beschäftigt ist, unendlich selbstreferenziell auf und zeigt sich als prall gefülltes Superhelden-Kabinett der Spiegelungen, Verweise und Zitate. Wer sich nicht auskennt im Marvel-Universum, wer auch noch keine der „Avengers“-Vorgängergeschichten gesehen hat, der ist zwar nicht ganz verloren, aber es rauscht doch einiges an ihm vorbei.

Dafür scheint der Film, als er Loki zum Bürgerunterjochen ausgerechnet ins simulierte Stuttgart schickt, noch nicht zu wissen, dass diese Stadt sich durchaus wehren kann, dass sie also den Kampf gegen einen Superschurken wohl auch ohne die Hilfe von Captain America und Iron Man aufgenommen hätte. Im Film prunkt die wörtlich genannte Königstraße übrigens mit klassizistischen Palästen und Hochhäusern. Der Endkampf aber findet wieder mal in der Filmkatastrophenstadt Nummer 1 statt: Im Himmel über New York hat sich ein Loch aufgetan, durch das Lokis metallische Horden eindringen, es gibt also viel zu tun für die Avengers. Und sie packen es an, kämpfen in einer langen und turbulenten Schlacht, in der kein einziges Bild ohne Computerhilfe entstanden sein dürfte. Hemmungslos wird hier eine Krach-Bum-Kaputtmach-Orgie inszeniert. Dass in New York mal echte Wolkenkratzer einstürzten, scheint das US-Action-Kino inzwischen völlig verdrängt zu haben.

Und Gott ist mickrig

Andererseits ist es natürlich ein wenig albern, so einem Film Pietätlosigkeit vorzuwerfen. Wenn man „The Avengers“ nicht allzu ernst nimmt, kann man durchaus seinen Spaß haben. Und wenn ein sehr wütender Hulk sich mal Loki packt, ihn wie einen nassen Lappen herumschleudert und beim Wegwerfen „Mickriger Gott!“ grummelt, muss man sogar schallend lachen. Trotzdem ist diese Superheldenshow nicht mehr als die Summe ihrer Teile, sondern eher ein bisschen weniger. Weil sie so viele Protagonisten in zweieinhalb Stunden unterbringen muss, wirkt sie etwas überfrachtet. Und weil sie darauf verzichtet, einen einheitlichen Ton für alle Helden zu finden, wirkt sie auch disparat. Anders gesagt: „The Avengers“ ist jeweils nur so gut wie der gerade vor der Kamera herumfliegende Held. Wenn also der brave Thor seinen Hammer rausholt, geraten diese Szenen schlichter als die, in denen der narzisstische Iron Man sich wieder mal selber feiert.

The Avengers. USA 2012. Regie: Joss Whedon. Mit Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Chris Evans, Robert Downey jr., Scarlett Johansson. 142 Minuten. Ab 12 Jahren. Metropol, Ufa; 3D: Cinemaxx Mitte + SI, Gloria, Ufa, OF Corso