Sonntagabend, halb zehn in Stuttgart: Das Zwölfzehn erlebt gerade eines der besten Konzerte dieses Jahres. The/Das haben aus Berlin typisch deutschen Electropop mitgebracht, der auch Techno kann. Und Rockstarposen, nur mit Badetuch um die Lenden.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Das Konzert von The/Das am Sonntagabend im Zwölfzehn hält gleich mehrere Erkenntnisse bereit. Die erfreulichste formuliert Anton Feist ganz am Ende: „Stuttgart, Sonntag ...“, sagt der Fachmann für synthetische Klangerzeugung und dann hebt er beide Daumen.

 

Wenn man als etablierte Größe des Berliner Electro-Kosmos eins von einem Sonntagabend in Stuttgart nicht erwartet, dann offenbar ein so umjubeltes wie schweißtreibendes Konzert. Vielleicht zu Recht.

Dass es am Ende trotzdem genau so kam, dafür sind natürlich in erster Linie The/Das verantwortlich. Das Berliner Duo ist aus der für melodieverliebte und an Techno angelehnte Popmusik bekannte Formation Bodi Bill hervorgegangen. Auf dem ersten The/Das-Album „Freezer“ ist der Sound gar nicht so weit von Bodi Bill entfernt; das klingt alles ein bisschen nach den ebenfalls in Berlin beheimateten Moderat: Maschinenmusik zwar, aber mit einem tief menschlichen, in diesem Fall emotionalen Einschlag.

Ein Biest von Performance

Was für sich genommen schon gut geschriebene Songs mit fein ausbalancierten Rhythmus- und Soundstrukturen sind, wird live zu einem Biest von Performance. The/Das haben neben dem expressiven Gesangs- und Tanzstil von Fabian Fenk am Schlagzeug noch Jörg Wähner von der Band Apparat mitgebracht und außerdem den DJ Thomalla, der mithilfe von reichlich Elektronik den Livesound abrundet.

Jörg Wähner spielt synkopische Jazzrhythmen zu den Vier-Viertel-Takt-getriebenen Electronica-Bässen; Fabian Fenk greift immer mal wieder zur Gitarre und verhakt sich dabei mit Thomallas pumpenden Synthesizer-Sounds. Und auch wenn der Sänger plötzlich morriseymäßig über eine vor sich hinschmelzende Orgel schnulzt, entsteht aus Reibung Wärme. Diese vier Musiker bilden einen Organismus, der atmet und lebt, tanzt und schwitzt. So wie Fabian Fenk, der wie ein Saunagast nur mit Handtuch um die Lenden die Bühne betritt.

Eine Band, ohne Zweifel

Die zweite wichtige Erkenntnis des Abends: Knöpfe drehen ist wie ein Instrument spielen und wenn von vier Leuten einer Schlagzeug spielt, einer singt und zwei Knöpfe drehen, dann muss unbedingt von einer Band gesprochen werden. Zumal The/Das ja auch die entsprechenden Posen drauf haben, außer Schlagzeuger Jörg Wähner greift jeder während des Konzerts mindestens einmal zur E-Gitarre.

Es sind ja auch nicht nur Technokids im Publikum, denen man mal zeigen müsste, welche Energie eine Liveband erzeugen kann. Einer trägt ein Bloc-Party-Shirt, was passt, weil Fabian Fenks Gesang immer wieder an den des Bloc-Party-Frontmanns Kele Okereke erinnert. Andere fahren voll auf den Beat des Liveschlagzeugs ab, der selbstverständlich dynamischer und echter ist als alles, was je aus einer Maschine kommen kann.

The/Das drehen ständig irgendwo einen schimmernden Effekt rein, einen klettenhaft sich anschmiegenden Bass oder das Echo eines Sounds, der bereits verklungen schien. Und so wird dieses Konzert zu einem der besten, die im Grenzbereich von elektronischer Musik und klassischer Bandkonstellation überhaupt vorstellbar sind. Gut, dass der Veranstalter Popnotpop die Gruppe ungesehen gebucht hat. Glücklich, wer sich trotz Sonntagabend aufraffen konnte. Erfreulich, dass es am Ende genug waren, um das Zwölfzehn reichlich zu füllen: Stuttgart, Sonntag, Daumen hoch.

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