Das Konzert von The Little Unsaid und der Nürtinger Band Flowers in Syrup im Zwölfzehn beginnt am Donnerstag vor genau drei Zuhörern. Nach zwei Stunden voller wunderbarer musikalischer Momente blickt man sich um - und ist ganz überrascht.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Zu den Besonderheiten des Stuttgarter Konzertbetriebs zählen Konzerte wie das von The Little Unsaid im Zwölfzehn am Donnerstagabend. Es ist das zweite Gastspiel der Briten, das erste fand im alten Cassiopeia auf der Waldebene Ost statt. Organisiert wird der Gig (so wie der in Tübingen am Freitag) von einem Enthusiasten, privat - einfach weil er die Band gut finde, wie er vor dem Konzert erklärt.

 

Man konnte es schon vorher ahnen, hinterher ist es Gewissheit: der Mann hat Geschmack. Zunächst aber haben er und die Nürtinger Vorband Flowers in Syrup erstmal Pech: zu Beginn des Support-Sets stehen genauso viele Menschen auf wie vor der Bühne.

Das natürlich völlig zu Unrecht. Flowers in Syrup, einst sowas wie die Gewinner des Emergenza-Bandcontests, spielen wahrlich ausgereiften Indie-Rock, der sich in seiner Musikalität vor den Bands der vielfach gepriesenenen Nordbahnhof-Szene keineswegs zu verstecken braucht. Mehr noch, bei diesen Songs gleicht zumeist kein Part dem anderen. Die Songs stellen ihre Ingredienzien - mal ein mäandernder Bass, mal ein schepperndes Becken - ganz nackt in die Auslage und sind doch ungemein zugänglich. Bei diesem Gig mag im Zuschauerraum Leere herrschen, aber gewiss kein Gähnen.

Es ist verständlich, dass diese Band gerade versucht, die große Promotour zu fahren. So souverän wie sie den Gig im Zwölfzehn runterspielt, würde sie das auch auf den Festivalbühnen tun. Also, liebe Industrie: zugreifen!

Diese kleinen großen Momente

Nach der gefühlt kürzesten Umbaupause der Stadt (wahrscheinlich weil um 23 Uhr die Bühne zwecks anschließender Studentenparty geräumt sein muss) beginnt das wesentlich ruhigere Set von The Little Unsaid: zwei Musiker und zwei Musikerinnen in ungewöhnlicher Besetzung (Klavier/Gitarre/Gesang, Bratsche, Synthesizer, Schlagzeug) und großartigem Songwriting. In Großbritannien ist John Elliott mit Streicherquartett unterwegs, auf Tour muss eine Bratsche reichen. 

Der Intensität des Konzerts tut das keinen Abbruch. Die vier Musiker legen Wert auf Dynamik und Präzision, darüber schwebt der hagere Elliott mit seiner hoch emotionalen Tenorstimme. Sie erinnert stellenweise an die Isländer von Agent Fresco, die am selben Abend im LKA auftreten. Von "sensibler Barde an der Akustikgitarre" bis zu "fein modulierender Electronic-Folker" nimmt Elliott viele musikalische Rollen ein. Er kann sich dabei auf seine Band verlassen, die dem bewegten Vortrag ein solides Fundament beschert. So reiht das Konzert ganz viele dieser kleinen großen Momente aneinander, die man gerade mit einer kleinen, aber aufmerksamen Zuhörerschaft erzeugen kann.

Und wie das so ist an solchen Abenden, lassen sich die wenigen Zuhörer umso mehr mitreißen. Zugabe, Applaus, Jubel, Blick ins Zwölfzehn: inzwischen sind doch dreißig Leute da. Sein Publikum während der Veranstaltung zu verzehnfachen - das muss man auch erstmal schaffen!


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