Helga Brehme war mit ihren Puppen in Polen zu Gast beim Theaterfestival „Deutsche Woche“. Dort hat sie das Kinderprogramm gestaltet.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Helga Brehmes Häuschen in Heslach ist eine Puppenstube. Von außen sieht es aus wie ein kleines Hexenhäuschen, im Inneren sind unzählige handgeschnitzte und von Hand gebastelte Puppen zu Hause, die über das ganze Erdgeschoss hinweg verteilt sind. Dazwischen steht und hier und da ein riesengroßer Kleiderständer mit einem unendlichen Fundus an Verkleidungsstücken. Wer bei Helga Brehme ins Theater geht, darf nämlich selbst ein bisschen Theater machen. „Alle Eltern und Kinder dürfen sich vor der Vorstellung verkleiden“, sagt die 77-Jährige. Auf die Bühne dürfen sie dann zwar nicht, aber ein anderes Theatergefühl ist es schon. Immer wieder werde sie gefragt, was das Geheimnis der Erfolges ihres Puppentheaters ist, erzählt Brehme. Sie verrät es: „Ich lebe meine ganzen Vorstellungen. Und die Besucher leben mit.“ Sie kümmert sich neben dem Puppenspiel um Licht, Ton, Regie – sie ist ein Ein-Frau-Theater. Manchmal könne dabei vielleicht auch etwas schief gehen. „Und all das leben die Zuschauer bei mir mit, fiebern mit“, sagt sie.

 

Helga Brehme geht oft mit ihren Puppen auf Reisen

Vielleicht wurde Brehme deshalb von dem polnischen Theaterfestival „Deutsche Woche“ angeschrieben, vor Ort in Danzig das Kinderprogramm zu gestalten. „Die haben mich im Internet gefunden“, sagt Brehme. Sie selbst konnte sich damit zwei Träume erfüllen: Einmal mit ihren Puppen in Polen auftreten und nach Danzig reisen. „Meine Eltern hatten sich mal in Danzig getroffen als mein Vater im Ausland gearbeitet hatte“, sagt Brehme. Auf einer Fotografie habe sie die schönen Straßen Danzigs bewundert. Um so mehr habe sie sich über die Einladung gefreut.

Helga Brehme hat in Prag studiert, als die Tschecheslowakei noch zur Ostzone gehört hat. Seit 45 Jahren betreibt sie im Stuttgarter Süden in der Hasenstraße 32 ihr Puppentheater. Ihre Stücke wirken eigentlich am Besten in ihrem eigenen Heim, sagt sie. Doch zu den osteuropäischen Ländern hat Brehme nach wie vor eine Verbindung. Theater habe dort eine besondere Bedeutung gehabt. „Im Kommunismus war das etwas Wesentliches“, erzählt die Puppenspielerin. „Auch wenn die Menschen kein Geld hatten, besuchten sie mit ihren Kindern Vorführungen.“ Vor allem Brehmes Puppentheater scheinen dort beliebt zu sein. In Russland war Brehme schon oft auf Tournee, fast 30 Mal hatte sie dort Gastspiele. Ebenso wie in Georgien.

Die 77-Jährige hat ihre Puppen für das Grimms Märchen „Jorinde und Joringel“ eingepackt und sich von einem Fahrer nach Danzig chauffieren lassen. „Mit manchen Puppen kann ich nicht verreisen“, begründet sie die Auswahl des Stücks. Auch haben die Veranstalter sich das Märchen der Gebrüder Grimm gewünscht. „Das hat wohl gut zu der deutschen Woche gepasst.“ Die meisten Stücke seien bei dem Festival seien für Erwachsene gewesen, die einzigen Stücke für Kinder waren von ihr. „Der kleine Raum am Shakespeare Theater war deshalb proppevoll“, sagt Brehme.

Beeindruckt hat sie selbst vor allem das Theatergebäude. Von außen sei es ganz schwarz gewesen, die Ziegel seien extra mit Kohle vermischt angefertigt worden. „Provozierend“ sei das Äußere, im Inneren wiederum sei alles ganz weiß und hell. Sie selbst habe in dem dortigen kleinen Fenstertheater gespielt.

Das Gebäude des Shakespeare Theaters hat die Puppenspielerin beeindruckt

Im Sommer könne man da die Fenster öffnen und das Stück für die Menschen auf der Promenade davor zeigen. „Ich habe aber nur im Raum gespielt“, sagt Brehme. Gut angekommen seien ihre Puppen trotzdem. Und das obwohl sie das Stück ganz alleine gespielt hat. In Stuttgart hat sie oft noch einen zweiten Schauspieler. Zu Gast waren die Schüler eines Gymnasiums, die gerade deutsch lernen, und ein Kindergarten. Auch Mitarbeiter der deutschen Botschaft waren dort. Eine Dame hab sich sogar an sie erinnert: Die Botschaftsmitarbeiterin hatte einst in Stuttgart gelebt und war als Kind oft bei Helga Brehme in Heslach im Theater am Faden.

Schwierig war für Brehme, sich verständlich zu machen. Das Stück an sich komme ohne Text aus, die Erklärungen zu Beginn durch Kasper und sein Pferd seien jedoch auf deutsch. „Ich habe dann versucht, ein englisch zu reden, aber da haben mir oft Wörter gefehlt“, sagt die 77-Jährige.

Mit dem Besuch haben die kleinen Puppen von Brehme ein weiteres Land auf der Weltkarte abgehakt. Davor waren sie schon neben Russland und Georgien auch in Indien, Guatemala oder auch in Ecuador. Am beliebtesten sind sie aber in Indien. „Dort spiele ich oft vor 1000 Menschen“, sagt Helga Brehme.

Nur anstrengender wird es für sie, mit ihren 77 Jahren. Fünf Jahre will Brehme aber auf jeden Fall noch mit ihren Puppen auftreten und um die Welt reisen. „Dann habe ich mämlich 50 Jahre voll.“