Das neue Stück des internationalen, inklusiven Ensembles Café Babel Produktion zeigt im Kulturhaus Schwanen in Waiblingen Schlüsselszenen aus Sagen und Erzählungen. Im Zentrum steht ein Hügel von Kleidern.

Waiblingen - Märchen verbinden Menschen. Das weiß die Regisseurin Ismene Schell spätestens, seit sie mit dem Theaterensemble „Café Babel Produktion“ begonnen hat, dessen aktuelles Stück „Der Berg“ zu erarbeiten. Das rund einstündige Werk, das am 26. Mai im Kulturhaus Schwanen in Waiblingen Premiere feiert, ist eine Collage aus Schlüsselszenen der Märchenliteratur. Die wohlbekannten Grimmschen Märchen, aber auch Motive aus türkischen und persischen Erzählungen, aus Andersens Kunstmärchen und aus Geschichten der schwedischen Autorin Selma Lagerlöf hat Ismene Schell ausgewählt und ihrer Theatertruppe zu Beginn der Probenarbeit im Oktober vorgesetzt.

 

Szenen über entscheidende Momente im Leben

„Wir haben über Improvisationen geschaut, welche Themen die Schauspieler interessieren und daraus Geschichten entwickelt“, erklärt Ismene Schell, wie „Der Berg“ entstanden ist. Hinzu kamen Geschichten, welche manche der 25 Ensemblemitglieder beigesteuert haben. Dass diese aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen stammen, war kein Hindernis. Rotkäppchen, Aschenputtel und Co. seien – in abgewandelten Versionen – auf der ganzen Welt ein Begriff, sagt Schell. Schließlich schildern Märchen typische Gefühle und entscheidende Momente im Leben eines Menschen: Liebe, Hass und Versöhnung, Freude, Tragödien, Traumata.

Zentraler Dreh- und Angelpunkt, quasi der rote Faden des Stücks, sei ein Berg von Kleidern, sagt die Regisseurin: „Da nehmen die Schauspieler sich Klamotten raus und verwandeln sich für kurze Zeit in jemand anderen.“ Die Szenen hat Ismene Schell in Proben in kleinerem Rahmen, mit zwei bis sechs Teilnehmern, erarbeitet. In manchen werde gar nicht oder wenig gesprochen, sagt Schell, denn: „Gerade für die syrischen Schauspieler ist die Sprache noch ein Hindernis.“ Allerdings seien durchaus Fortschritte zu beobachten: „Am Anfang mussten wir bei den Proben noch Englisch sprechen, inzwischen gibt es manche Syrer, die fast perfektes Deutsch beherrschen.“

Schweißtreibende Gesangsproben

Der Rest der Gruppe musste während dieser Einzelproben aber ebenfalls ran: Mit Jenny Sprenger-Müller haben die Ensemblemitglieder Musikstücke einstudiert, die in den Szenen auftauchen, aber auch als Verbindungselemente zwischen diesen dienen. „Ein Freiheitslied, das in Syrien auf Demonstrationen gesungen wurde, ist zu einem Motiv im Stück geworden“, sagt Jenny Sprenger-Müller, die versichert: „Bei den Gesangsproben kommen die Leute genauso ins Schwitzen wie beim Theaterspielen.“

Neben den Theater- und Gesangsproben gehören zum Programm der inklusiven Theatergruppe auch Workshops und Trainings – beispielsweise mit der koreanischen Tänzerin Soogi Kang oder dem afrikanischen Tanztrainer Yahi Nestor Gahé. Bis zu drei Mal in der Woche malochen die jungen Schauspieler. „Das festigt die Gruppe extrem“, hat Ismene Schell beobachtet. Auch an den Wochenenden wird geschafft – und mancher Schüler, manche Schülerin, die gerade Prüfungen schreiben muss, paukt in den Pausen auch noch Mathe, Deutsch und Englisch.

Wunschberuf Schauspieler

„Wir sind inzwischen so eine Art Großfamilie geworden“, sagt Jenny Sprenger-Müller – mit dem Kulturhaus Schwanen als zweiter Heimat. Dessen Leiter Cornelius Wandersleb sagt, das Café Babel sei nicht nur ein Theater-, sondern auch ein Bildungsprojekt: „Es geht auch um die Entwicklung der Leute.“ Die geht laut Ismene Schell bei manchen in eine professionelle Richtung: „Es gibt einige, die nun Schauspieler werden wollen.“

Eine Collage aus Grimm, Andersen und Co.

Ensemble
„Café Babel Produktion“ ist ein internationales, inklusives Jugendtheater-Ensemble. Am aktuellen Stück sind 25 Jugendliche und junge Erwachsene beteiligt.

Vorstellungen
Die Premiere des Stücks „Der Berg“ ist am 26. Mai im Kulturhaus Schwanen in Waiblingen, Winnender Straße 4, zu sehen. Weitere Vorstellungen finden am 27. Mai und am 1. und 2. Juni statt. Beginn ist jeweils um 19 Uhr. Im September steht das Stück im Theaterhaus Stuttgart auf dem Programm. Das Stück eignet sich für Zuschauer ab neun Jahren.

Karten
Tickets für die Aufführung sind im Vorverkauf zum Preis von 5,40 Euro und 8,70 Euro erhältlich – oder an der Abendkasse, wo sie 6,50 beziehungsweise zehn Euro kosten. Geflüchtete zahlen einen Euro. Eine telefonische Reservierung vorab ist empfehlenswert (0 71 51/50 01 16 74).