Die Stadt Stuttgart muss dem Varieté auf dem Pragsattel erneut finanziell unter die Arme greifen. Nachgebessert werden muss beim Brandschutz sowie bei der Lüftungsanlage. Ein Darlehen soll Abhilfe schaffen.

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart muss dem Varieté auf dem Pragsattel erneut finanziell unter die Arme greifen. Demnach wird zunächst ein weiterer einmaliger Zuschuss von 145 000 Euro als Ausgleich für Einnahmeausfälle gewährt. Der Grund: durch Versäumnisse im Liegenschaftsamt bei der Freimachung des Bauplatzes neben dem Theaterhaus kann die Spielstätte vier Wochen später als geplant und damit erst am 4. Dezember eröffnen.

 

Des Weiteren, und das verwundert, sieht der Vorschlag, der dem Verwaltungsausschuss am Mittwoch hinter verschlossenen Türen präsentiert wurde, zur Deckung erhöhter Baukosten ein für zwei Jahre von Zins und Tilgung befreites städtisches Darlehen in Höhe von 475 000 Euro ans Varieté vor. Noch im Sommer hatten sich die Geschäftsführung des Unterhaltungstheaters und die Architekten ausgesprochen optimistisch gezeigt, die Baukosten für den Holzbau trotz verspäteten Baubeginns einhalten zu können. Wie berichtet, hatte die Stadt dem Varieté zuvor bereits eine Ausfallbürgschaft in Höhe von einer Million Euro sowie einen einmaligen Baukostenzuschuss von 450 000 Euro für die Errichtung der funktionalen Halle in Fertigbauweise zugesagt. Das Baugrundstück wurde dem Unterhaltungstheater zudem für fünf Jahre pachtfrei überlassen.Schon damals war abzusehen gewesen, dass die Kalkulation der Geschäftsführung „auf Kante genäht“ war, wie es ein Stadtrat seinerzeit formulierte. Das scheint sich jetzt zu bewahrheiten. In den Baukosten war ein Posten für Unvorhergesehenes nicht enthalten. Überhaupt notwendig geworden war die städtische Unterstützung deshalb, weil der bisherige Hauptsponsor des privaten Theaters, die L-Bank, dem Varieté im Jahr 2013 überraschend den Mietvertrag für die Rotunde im Friedrichsbau gekündigt hatte. In ihrer Not wandten sich die Verantwortlichen ans Rathaus mit der Bitte um finanzielle Hilfe. In einem ersten Schritt billigte der Gemeinderat einstimmig den Zuschuss sowie die Ausfallbürgschaft für den Bankkredit, um den Umzug auf den Pragsattel abzusichern. Nun müssen die Räte im Oktober erneut abwägen, wie viel Euro ihnen das Varieté wert ist. Dann will Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) dem Gemeinderat eine Vorlage präsentieren, in der Details der Übereinkunft aufgelistet sind. Unter anderem könnte auch beschlossen werden, dass der Kredit notfalls in einen Baukostenzuschuss umgewandelt wird, falls sich das Theater mit der Rückzahlung nachweislich schwertut. Setzt man die Zinsen für das Darlehen mit drei Prozent an, beliefe sich der auf zwei Jahre befristete Zinsverzicht auf 28 500 Euro, was einem weiteren „Einmalzuschuss“ für das Varieté gleichkäme.

Ratsmehrheit traut sich nicht, ein Exempel zu statuieren

Trotz dieser Fakten ist die Bereitschaft unter den Fraktionen gering, dem Theater weitere finanzielle Unterstützung zu versagen. Auch die Tatsache, dass nach StZ-Informationen die höheren Baukosten unter anderem durch höhere Ausgaben beim Brandschutz, bei der Be- und Entlüftung des Gebäudes sowie bei der Gastronomie hervorgerufen wurden, die der Varieté-Geschäftsführung und den Architekten noch vor zwei Monaten keine Erwähnung wert waren, wird kaum dazu führen, dass der Rat ausgerechnet bei einer traditionsreichen Kultureinrichtung ein Exempel statuiert. Stattdessen heben die Fraktionsvertreter unisono die Bedeutung des Friedrichsbau-Varietés für die Landeshauptstadt, die Region und den Tourismus hervor. Die SPD brachte gar eine Übernahme der Immobilie durch die Stadt als letzte Möglichkeit ins Spiel. Verschiedene Stadträte weisen darauf hin, dass auch kaum ein städtisches Bauvorhaben in der Vergangenheit im Kostenrahmen geblieben sei. Vor allem die Tatsache, dass das Projekt bereits weit gediehen ist, lasse kaum eine andere Wahl als den Kredit samt Verzicht auf Zinseinnahmen zu gewähren. Immerhin: weitere Zuschüsse oder gar eine dauerhafte Unterstützung soll es nicht geben. „Aus meiner Sicht ist jetzt das Ende der Fahnenstange erreicht“, so ein Kommunalpolitiker.