Der Regisseur Johannes Soppa bringt sein Theaterstück zum Reformationsjubiläum in überarbeiteter Form auf die Bühne. In der Bad Boller Stiftskirche finden zehn Vorstellungen statt.

Bad Boll - „Nieder mit dem Klerus! Nieder mit dem Adel!“ schallt es durch die Stiftskirche in Bad Boll. Wie eine Walze schiebt sich ein halbes Dutzend Menschen in die Mitte des Kirchenschiffs. Man schreibt das Jahr 1517. Amateurdarsteller mimen unzufriedene Bauern, Adressat ihres Zorns ist Martin Luther. Dem Stuttgarter Regisseur Johannes Soppa ist ihr Auftritt nicht wuchtig genug. Mit schweren, rhythmischen Schritten sollen sie einem jeden ihrer Worte mehr Nachdruck verleihen. Bis zum Freitag, 6. Oktober, muss alles sitzen, denn dann feiert das Stück „Martin Luther. So wahr mir Gott helfe …“ Premiere. Insgesamt zehn Aufführungen sind in der Stiftskirche geplant.

 

Anlässlich des großen Reformationsjubiläums hat Johannes Soppa sein Lutherstück, das bereits im Jahr 2009 in Bad Boll aufgeführt wurde, überarbeitet und neu inszeniert. „Es sind ein paar Figuren dazugekommen. Außerdem gibt es keine Umbauten mehr“, erläutert er. In 14 Szenen zeichnet das Stück die Lebensstationen des Reformators nach. Dabei liegt Soppa, der sich seit langen intensiv mit Luther beschäftigt, nichts an einer Glorifizierung des Mönchs, der sich vor 500 Jahren mit den Kirchenoberen anlegte und bis heute gültige Maßstäbe setzte. Für ihn sei Luther ein „Grenzlandgänger“, ein Mensch mit einem Januskopf, sagt Soppa. So spart das Stück nicht aus, dass der Reformator für die Freiheitsbestrebungen der Bauern kein Verständnis aufbrachte und nicht an „der von Gott gegebenen Ordnung“ rüttelte. Vielmehr habe er den Tod Tausender Bauern verschuldet. Auf der anderen Seite beeindrucke Luther durch seine Standhaftigkeit und seinen Mut. Soppa nennt ein Beispiel: „Als die Pest ausbricht, bleibt er bei den Kranken.“

Fast täglich stehen Proben auf dem Programm

Die Darsteller formieren sich erneut am Rand des Kirchenschiffs. Drohend halten sie Sensen, Forken und Heugabeln in den Händen, dann setzen sie sich stampfend wie eine Maschine in Bewegung. „Wunderbar!“ Johannes Soppa winkt ab. Er ist zufrieden mit den Bauern. Nur der Luther, den Klaus Hudik kraftvoll und sehr überzeugend gibt, ist ihm in dieser Szene zu massiv . „Besinne dich deiner Souveränität, poltere nicht zu sehr“, fordert er Hudik auf, um sich dann Katharina Kofke zuzuwenden. Ausgerechnet die zierliche junge Frau aus Stuttgart soll die aufgebrachten Bauern mit einem Schwert von Luther fernhalten. Es gelingt. Sopa ermuntert die Darstellerin, ihrer Präsenz zu vertrauen und greift auch mal selbst zum (Plastik-)Schwert, um, wie er das gerne tut, temperamentvoll vorzuführen, wie er sich diese Szene vorstellt.

Bis zur Premiere am 6. Oktober sind die Darsteller ausgebucht. Fast täglich stehen Proben auf dem Programm. Gleichzeitig wird in der Kirche emsig gewerkelt, im Bereich des Altars entsteht eine Bühne. Auch ein Tontechniker ist an Bord sowie ein Fachmann für Licht- und Beamertechnik. Anstelle eines Bühnenbildes nutzt Soppa Videoinstallationen, mittelalterliche Folterszenen etwa, als dramaturgisches Mittel. Auch Lotte Schmid und Martina Mayer kommen kaum zum Verschnaufen.

Die Premiere steigt an diesem Freitag

Sie haben die Kostüme nach historischem Vorbild für das komplette Ensemble geschneidert. „Bald werden die Kostüme verteilt“, sagt Johannes Soppa, der sich in für den Probenendspurt in Bad Boll einquartiert hat, um sich die Fahrt von Stuttgart ins Albvorland zu ersparen. Mehr als 80 Prozent des Textes seien originale Luther-Zitate, sagt er noch. „Ich wollte eng an der Historie bleiben.“