Ab Montag treffen sich in Doha im Emirat Katar die Staaten der Welt, um über künftige Maßnahmen zum Klimaschutz zu entscheiden. Wir fassen die wichtigsten Verhandlungspunkte zusammen.

Stuttgart - Vor dem Weltklimagipfel, der am Montag in Katar beginnt, haben mehrere Institutionen die Gelegenheit genutzt und alarmierende Meldungen über den rasanten Wandel des Klimas präsentiert: Die Weltwetterorganisation WMO teilte mit, dass die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre weiterhin steige. Inzwischen liegt sie 1,4 Mal so hoch wie zu Beginn der Industrialisierung. Die Weltbank schilderte in einem Report die dramatischen Folgen einer weiteren ungebremsten Erwärmung der Erde, wenn der Ausstoß an Treibhausgasen nicht deutlich gesenkt werde. Und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) stellte in einem nicht weniger aufrüttelnden Bericht fest, dass sich die Welt immer weiter von den vereinbarten Klimaschutzzielen entferne.

 

Wenn sich also am Montag in Katar die Delegierten der 193 Staaten treffen, die das UN-Klimaabkommen von 1992 unterzeichnet haben, dann stehen sie unter einem gewaltigen Druck. Zu dieser 18. Konferenz der Vertragsstaaten, die mit dem englischen Kürzel COP18 bezeichnet wird (Conference of Parties), werden 17 000 Teilnehmer erwartet: Neben den Delegierten auch Wissenschaftler sowie Vertreter von Umwelt- und Industrieverbänden. Das Ziel ist, ein umfassendes internationales Klimaabkommen auf den Weg zu bringen, das im Grundsatz auf dem letzten Klimagipfel vor einem Jahr im südafrikanischen Durban beschlossen worden ist. Der Fahrplan sieht vor, dass es spätestens 2015 verabschiedet und 2020 in Kraft treten kann.

Ein Vertrag zum Klimaschutz? Das gab es doch schon einmal

Die EU hatte in Durban darauf gedrungen, dass ein echter Vertrag angepeilt wird, doch vor allem Indien wehrte sich in den langen Abschlusssitzungen. Das Land befürchtete, ebenso wie China, sich damit vorzeitig auf einen deutlichen Beitrag zum Klimaschutz festzulegen, obwohl doch die Verantwortung in erster Linie bei den Industrieländern liege. Am Ende fand man einen sprachlichen Kompromiss und einigte sich darauf, eine „für alle gültige Regelung mit Rechtskraft“ anzustreben. Diese Formulierung ist neu für die diplomatische Sprache der Klimaverhandlungen und bietet vermutlich genügend Interpretationsspielraum, um nicht als vorzeitige Festlegung verstanden zu werden.

Die gemeinnützige Organisation Germanwatch sieht in Katar nun einen formalen Streit auf die Delegierten zukommen. Denn auf dem Klimagipfel 2007 auf der Insel Bali wurde bereits ein ähnlicher Fahrplan festgelegt, der bis zum Klimagipfel 2009 in Kopenhagen zu einem Abkommen hätte führen sollen. Einige Schwellen- und Entwicklungsländer hätten den Eindruck, dass sich die Industriestaaten mit dem neuen Fahrplan aus Durban nicht nur mehr Zeit verschaffen, sondern auch aus der Verantwortung stehlen wollen, berichtet Germanwatch in einem Diskussionspapier. Denn der alte Fahrplan sah vor, dass die Industriestaaten eine Art „Erstverantwortung“ haben.

Nachfolger gesucht: wer macht bei Kyoto II mit?

Parallel dazu wird in Katar über den Nachfolger des Kyotoprotokolls verhandelt, des bisher einzigen Vertrags zur Reduktion von Treibhausgasen. Auf dem Klimagipfel im japanischen Kyoto 1997 hatten sich die Vertragsstaaten zu verbindlichen Klimaschutzzielen durchgerungen: In den Jahren 2008 bis 2012 solle der CO2-Ausstoß der Industriestaaten um rund fünf Prozent unter dem des Jahres 1990 liegen. Für die einzelnen Staaten wurden unterschiedliche Ziele festgelegt: Deutschland hat sein Ziel von minus 21 Prozent erreicht.

Beim Klimagipfel vor einem Jahr in Durban wurde beschlossen, das Kyotoprotokoll von 2013 bis 2017 fortzuführen – ein Beschluss, der Beifall fand, weil die bestehenden Regelungen nicht neu ausgehandelt werden mussten. Es ist schließlich im Detail festgelegt, wie die Emissionen ermittelt und an die Vereinten Nationen gemeldet werden müssen. Doch die Fortsetzung des Kyotoprotokolls steht unter keinem guten Stern: Die USA sind weiterhin nicht mit von der Partie, und auch Kanada und Japan wollen aussteigen. Bisher wollen neben der EU und anderen europäischen Ländern nur Australien und Kasachstan mitmachen. Doch diese Länder sind nur für 15 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich.

Diskutiert wird auch über ein weiteres „Überbleibsel“ der Kyoto-Vereinbarung. 1997 hatten die Industriestaaten ein gewisses Kontingent an Zertifikaten für Emissionsrechte zugewiesen bekommen. Insbesondere Russland, aber auch andere osteuropäische Länder, haben diese aber wegen der Einbrüche in ihrer CO2-lastigen Industrie nur teilweise genutzt. Sie wollen nun ihre überschüssige „heiße Luft“ – es geht um mehr als zehn Milliarden Tonnen CO2 – gewinnbringend verkaufen. Das stößt auf erheblichen Widerstand.

Die Grundlage aller Verhandlungen ist jedoch die Bereitschaft aller Staaten, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Auf dem gescheiterten Gipfel 2009 in Kopenhagen, als selbst der frisch mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete US-Präsident Barack Obama nur eine dürftige Abschlusserklärung zustande brachte, einigte man sich immerhin darauf, dass alle Staaten freiwillig und unverbindlich ihre CO2-Reduktionsziele an das UN-Klimasekretariat in Bonn melden können. Das Online-Portal Climate Action Tracker, an dem mehrere Klimaforscher beteiligt sind, rechnet die Zusagen laufend zusammen. Sollten die derzeitigen Selbstverpflichtungen eingehalten werden, dürfte sich der weltweite CO2-Ausstoß von derzeit 33,5 Milliarden Tonnen auf rund 60 Milliarden Tonnen zur Mitte des Jahrhunderts erhöhen. Das entspricht etwa einem Temperaturanstieg um 3,3 Grad über dem vorindustriellen und 2,5 Grad über dem heutigen Niveau.

Geldquelle für ärmere Länder: der Grüne Klimafonds

Weil den Industriestaaten der Klimaschutz finanziell leichter fallen müsste, ist auf dem Klimagipfel 2010 im mexikanischen Badeort Cancún ein Grüner Klimafonds eingerichtet worden, der Entwicklungsländer beim Klimaschutz und auch bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen soll. Dieser soll von 2020 an besonders betroffenen Ländern beeindruckende hundert Milliarden Dollar im Jahr zur Verfügung stellen. Als Anschubfinanzierung sollte der Fonds bis Ende dieses Jahres bereits mit 30 Milliarden Dollar ausgestattet werden.

Bisher ist die konkrete Ausgestaltung des Fonds allerdings erst sehr vage. Immerhin wurde im Oktober entschieden, dass er seinen Sitz in der südkoreanischen Stadt Songdo haben wird – eine Enttäuschung für Deutschland, das sich mit Bonn ebenfalls beworben hatte. In Katar soll dieser Beschluss nun bestätigt werden.

Außerdem soll nun darüber verhandelt werden, wer wie viel zahlt und wie sich die Wirtschaft und andere private Geldgeber beteiligen. Wie immer, wenn es an konkrete Finanzzusagen geht, ist der Ausgang solcher Geberverhandlungen ungewiss. Immerhin hat Deutschland dem Fonds bereits für 2012 und 2013 insgesamt 40 Millionen Euro zugesagt. Daneben will man nun auch neue Geldquellen erschließen. Dazu zählt eine CO2-Abgabe auf Flüge, die allerdings heftig umstritten ist. Auch der Schiffsverkehr soll zur Kasse gebeten werden, was noch schwerer durchsetzbar sein dürfte.

Umstritten ist auch die Zusammenarbeit mit der Weltbank. Sie wird von den Industrienationen als unerlässlich angesehen, um keine neue Verwaltung aufbauen zu müssen. Die Weltbank selber wirbt damit, dass sie verstärkt auf die Umweltverträglichkeit der von ihr geförderten Projekte achtet. Zudem verwaltet sie einen 7,2 Milliarden US-Dollar schweren internationalen Klimainvestmentfonds. Laut Weltbank soll dieser weitere 43 Milliarden Dollar an „sauberen“ Investitionen nach sich ziehen.

Wälder als CO2-Speicher: das neue REDD-Programm

Auf der Konferenz in Katar wird auch das Waldprogramm REDD eine wichtige Rolle spielen. Dieses recht neue Instrument, das die Klimaerwärmung zusätzlich bremsen soll, wurde beim Klimagipfel in Bali eingeführt. Die englische Abkürzung REDD steht für die Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und zerstörerischer Waldnutzung zu Gunsten landwirtschaftlich genutzter Flächen. Inzwischen wurde das Programm zu REDD+ erweitert: Nun werden auch Maßnahmen zum Waldschutz mit einbezogen sowie die Speicherung von CO2 bei einer nachhaltigen Waldnutzung. Zudem werden die Menschen und ihre wirtschaftliche Lage in den betroffenen Gebieten berücksichtigt.

Um das Programm auf eine wirtschaftliche Basis zu stellen, soll der in den Wäldern gespeicherte Kohlenstoff mit einem bestimmten Geldbetrag „belohnt“ werden. So will man Ländern mit tropischen Regenwäldern – und in Zukunft vielleicht auch Länder mit nördlichen borealen Wäldern – einen Anreiz geben, diese wichtigen CO2-Speicher nicht abzuholen oder zu verbrennen. Ein wichtiges Instrument, denn fast 20 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen gehen auf die Vernichtung und zerstörerische Nutzung von Wäldern zurück – mehr als der gesamte weltweite Transportsektor. Unter Naturschützern ist REDD allerdings umstritten.