Ist die Rente ein Auslaufmodell, oder ist sie besser als ihr Ruf? Deutschland diskutiert über die Altersvorsorge. In unserer Serie beleuchten wir die Rente aus verschiedenen persönlichen Perspektiven. Heute: der Facharbeiter Mario Taccogna.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Martin Gerstner (ges)

ESSLINGEN - „Arbeit ist nicht alles!“ Mario Taccogna weiß, wovon er spricht. Für seine Firma, den Werkzeugmaschinenhersteller Index in Esslingen, hat er jahrelang Spindeldrehmaschinen montiert. Wahre Kolosse, die aber Filigranes leisten: Computergesteuert bohren, drehen oder fräsen sei millimetergenaue Formen. Die Kunden sind Autozulieferer, die Elektronikindustrie und auch die Medizintechnik. Firmen wie Index verkörpern den klassischen Maschinenbau, Männer wie Taccogna verkörpern das Personal, das man für diese Industrie braucht: Tatkräftig, selbstbewusst, belastbar. Doch auch im Südwest-Maschinenbau wandeln sich die Werte. „Für meine jüngeren Kollegen ist ein Ausgleich zwischen Job und Freizeit sehr wichtig“. Wochenendarbeit werde nicht als Selbstverständlichkeit betrachtet. „Das hängt auch damit zusammen, dass die Anforderungen wachsen.“ Der Zwang, schneller und effektiver zu werden, wirke sich auf alle Arbeitsprozesse aus. Das Management zögere bei Neueinstellungen und verteile Mehrarbeit lieber auf die bestehende Belegschaft.

 

Viele Kollegen müssen genau rechnen

Der 49-Jährige ist seit 2002 Betriebsratsvorsitzender bei Index. Er kennt die Sorgen und Nöte der Belegschaft. Wie lange halte ich die Belastung aus? Kann ich vielleicht ein paar Jahre früher in Rente? Mit welchen Abschlägen? Dabei sind die Arbeitsbedingungen in der Metallindustrie auf dem Papier gut: 35-Stunden-Woche, 30 Urlaubstage, ordentliche Entlohnung. Auch der gleitende Übergang in den Ruhestand ist möglich. Doch das birgt Risiken. „Viele Kollegen zahlen eine Immobilie ab und haben Kinder, die in weniger sicheren Jobs arbeiten.“ Fast alle bemerken die schmerzenden Warnsignale des Körpers. Sie müssen abwägen: welche Abschläge an der Rente nehme ich in Kauf, um ein paar Jahre früher aufzuhören?

Auch Mario Taccogna plant die zweite Hälfte seines Erwerbslebens. „Mit 63 könnte ich in den Vorruhestand gehen.“ Dann hätte er die dafür nötigen 45 Berufsjahre. Langeweile fürchtet er nicht. „Schließlich sind da schon zwei Enkel, um die ich mich mit kümmern kann, und ein großer Garten.“ Fit hält er sich seit 36 Jahren durch regelmäßiges Boxtraining. Die Debatte um die Rente mit 70 bringt den freundlichen Facharbeiter allerdings auf die Palme. „Schauen Sie sich die Servicemitarbeiter an, die vor Ort unsere Maschinen montieren. Manchmal müssen die auf dem Rücken liegend 30-Kilo-Teile in die richtige Position bringen. Das ist ein Knochenjob, den niemand bis 70 macht.“

Er wünscht sich einen politischen Impuls bei der Betriebsrente. „Die Unternehmen müssten verpflichtet werden, mehr zu tun.“ Mehr getan hat Mario Taccogna bereits, um sein Einkommen im Alter zu verbessern. „Einen Teil meines Lohns wandele ich in eine Zusatzrente um.“ Für ihn stehen die Chancen nicht schlecht, ein wenig früher Abschied vom Arbeitsalltag zu nehmen.

Beispielrechnung für einen fiktiven Lebenslauf, die die Rentenversicherung exklusiv für unsere Zeitung erstellt hat.

Sven Mustermann

49 Jahre, Facharbeiter in der Autoindustrie,

verheiratet, 2 Kinder, wohnt im nicht abbezahltem Eigenheim

Ausbildung 1. August 1983 bis 31.September 1987

Lohn

1. Ausbildungsjahr: 586 DM (entspricht 299,62 Euro)

2. Ausbildungsjahr: 639 DM (326,72 Euro)

3. Ausbildungsjahr: 715 DM (365,57 Euro)

4. Ausbildungsjahr: 782 DM (399,83 Euro)

Jahreslohn steigt von 1987 mit 43.359 DM (umgerechnet 22.169,10 Euro) um durchschnittlich 3,5 Prozent auf 60.000 Euro im Jahr 2016

Fiktive Renteninformation

In dieser Renteninformation haben wir die für Sie vom 01.08.1983 bis zum 14.06.2016 gespeicherten Daten und das geltende Rentenrecht berücksichtigt. Ihre Regelaltersrente würde am 01.06.2034 beginnen. Änderungen in Ihren persönlichen Verhältnissen und gesetzliche Änderungen können sich auf Ihre zu erwartende Rente auswirken. Bitte beachten Sie, dass von der Rente auch Kranken-und Pflegeversicherungsbeiträge sowie gegebenenfalls Steuern zu zahlen sind.

Höhe Ihrer künftigen Regelaltersrente

Ihre bislang erreichte Rentenanwartschaft entspräche nach heutigem Stand einer monatlichen Rente von:

Sollten bis zum Rentenbeginn Beiträge wie im Durchschnitt der letzten fünf Kalenderjahre gezahlt werden, bekämen Sie ohne Berücksichtigung von Rentenanpassungen von uns eine monatliche Rente von:

Rentenanpassung

Geht man von einer jährlichen Rentenerhöhung von 1 Prozent aus, so ergäbe sich eine monatliche Rente von etwa 2490 EUR.