Reportage: Frank Buchmeier (buc)
Die gedruckten Tageszeitungen verlieren kontinuierlich Anzeigenkunden und Abonnenten, während die Erträge aus dem Internetgeschäft für die Verlage bisher überschaubar sind. Sie müssen noch 37 Jahre arbeiten. Machen Sie sich Sorgen?
Plavec Ich glaube, dass die Tageszeitungsverlage mit den digitalen Angeboten langfristig aus der Krise herausfinden werden. Meine Eltern haben sich kürzlich ein iPad und dazu gleich drei App-Abonnements für Zeitungen gekauft. Vor einem Jahr wussten sie noch nicht einmal, was ein iPad ist. Die Branche wandelt sich, die Lesegewohnheiten ändern sich. Das ist eine Chance.
Einen vergleichbaren Wandel gab es vermutlich noch nie.
Borgmann Und ob, ich habe eine technische Revolution mitgemacht, die die aktuelle Entwicklung weit übertrifft: den Wechsel vom Bleisatz zum Computer. Mitte der 70er Jahre hatten wir auf einmal diese Kisten bei uns rumstehen. Das war ein Theater, nichts funktionierte so, wie es sollte. Anfangs saßen wir bis nachts um drei da, damit wir überhaupt eine Zeitung hinbekamen. Die Folgen für die Setzer waren natürlich ungleich dramatischer: Die dachten, sie hätten einen Job fürs Leben, und wurden plötzlich durch Maschinen ersetzt.
Nun wird das Zeitungspapier durch Lesegeräte ersetzt.
Plavec Zumindest gibt es immer mehr Menschen, die digitale Angebote nutzen. Das hat Auswirkungen auf unseren Beruf. Früher hat ein StZ-Redakteur selten vor halb zehn das Pressehaus betreten. Nun beginnt der Arbeitstag für uns Onliner schon um sieben, weil die Leute, die morgens in der Stadtbahn sitzen, die neuesten Nachrichten auf ihren Smartphones oder Tablets lesen wollen . . .
Borgmann . . . ich hasse es, wenn die Menschen überall auf ihren Geräten rumfingern und ihre Umwelt gar nicht mehr wahrnehmen.
Plavec Das ist dasselbe, wie wenn Sie Zeitung lesen.
Borgmann Gewiss nicht.
Plavec Jedenfalls muss ich morgens möglichst schnell herausfiltern, was sich in den vergangenen Stunden weltweit Berichtenswertes getan hat. Das sollte dann so schnell wie möglich auf die StZ-Website. Nebenher bereite ich Zeitungsartikel fürs Internet auf und bediene die sozialen Netzwerke Twitter und Facebook. So geht das weiter bis zum Feierabend.
Borgmann Möglicherweise haben wir unterschiedliche Ansichten über journalistisches Arbeiten. Für mich bedeutet dieser Beruf, dass man seinen Schreibtisch verlässt und sich dorthin bewegt, wo etwas passiert. Ich habe in meinen 35 Jahren bei der StZ so wenig Zeit wie möglich am Computer verbracht, dafür umso mehr mit Menschen gesprochen. Bevor man über die wichtigen Entwicklungen in dieser Stadt berichten kann, muss man sie eben auch hautnah miterlebt haben.
Plavec Ich glaube nicht, dass wir ein unterschiedliches Journalismusverständnis haben. Ob Online oder Print – die Standards sind grundsätzlich gleich, und natürlich sind nur gut recherchierte Geschichten auch gute Geschichten. Die Aufgaben an meinem konkreten Arbeitsplatz als Onlineredakteur sind halt ganz andere. Das hat auch damit zu tun, wie viele Ressourcen in den Onlinebereich seitens des Verlags gesteckt werden.
Borgmann Ich bleibe dabei: Als echter Zeitungsmann treibt man sich nicht bei Facebook rum, sondern recherchiert vor Ort.