Thomas Borgmann war 35 Jahre in der StZ-Lokalredaktion tätig, Jan Georg Plavec ist Jungredakteur im Onlineressort: Teil 3 unserer Serie „Generationentreff“.

Reportage: Frank Buchmeier (buc)
Stuttgart – - Bevor ein Wort gesprochen wird, sind die Rollen klar verteilt. Der pensionierte Lokalredakteur Thomas Borgmann schmökert im Amtsblatt, der Jungredakteur Jan Georg Plavec wischt übers Display seines Smartphones. Ein Verfechter des gedruckten Wortes trifft auf einen Repräsentanten des digitalen Zeitalters.
Herr Borgmann, wie wurden Sie Journalist?
Thomas Borgmann Zu meiner Zeit sagte man: Journalisten scheitern in ihren Beruf hinein. So war es auch bei mir. Ich habe kein Abitur und sah nie eine Universität von innen. Mit einem Abschlusszeugnis der Handelsschule habe ich zunächst eine Ausbildung zum Berufsreiter gemacht. 1970 bewarb ich mich ohne eine einzige Arbeitsprobe bei der „Filderzeitung“ für ein Volontariat und bekam es sofort. Was ich in der Schule versäumt hatte, holte ich im Beruf schnell nach. Als Journalist profitiert man davon, dass man sich mit vielen Themen und Menschen beschäftigen darf.
Später wurden Sie Leitender Redakteur im StZ-Lokalressort. Wäre eine solche Karriere heute noch denkbar?
Borgmann Mit meiner Biografie würde ich es nicht einmal mehr zum Portier im Pressehaus schaffen. Früher stand der Redakteursberuf jedem offen, und ich finde es schade, dass sich das geändert hat. Es gibt ja auch heute noch Spätzünder, Menschen, die wie ich etwas länger brauchen, um sich im Wirrwarr des Lebens zurechtzufinden. Wir hatten bei der StZ mal in der Landespolitik einen Kollegen, der war zuvor Tierfänger am Amazonas gewesen. Solche Charakterköpfe haben in unserer Branche keine Chance mehr.
Herr Plavec, muss man als Redakteur hoch gebildet sein?
Jan Georg Plavec, 30, arbeitet im StZ-Onlineressort Foto: Achim Zweygarth
Jan Georg Plavec Tatsache ist, dass alle jungen StZ-Kollegen einen ähnlichen Werdegang wie ich haben: ein Hochschulstudium, nebenher freie Mitarbeit und Praktika bei verschiedenen Medien im In- und Ausland, schließlich ein Volontariat. Ich hatte das Glück, als Onlineredakteur übernommen zu werden. Dass man in dieser Branche als 30-Jähriger eine Festanstellung ergattert, ist heutzutage eine Ausnahme – obwohl keine Generation so gut ausgebildet war, wie wir es sind.
Borgmann Mit Verlaub, ich habe den Eindruck, dass es dem journalistischen Nachwuchs an einer fundierten Allgemeinbildung mangelt. Wenn ich sehe, welche Themen auf der StZ-Homepage auftauchen, bekomme ich Zweifel, ob Sie und Ihre Kollegen das Unwichtige vom Relevanten trennen können. Dabei ist das eine Grundfertigkeit.
Plavec Wir verstehen unser Handwerk genauso wie Sie, Herr Borgmann. Allerdings bedienen wir mit der StZ-Website ein anderes Publikum als die Tageszeitung. Wir wählen die Nachrichten aus, die unsere Online-Leser interessieren. Im Gegensatz zur gedruckten Ausgabe können wir anhand der Klickzahlen sofort erkennen, ob wir mit unseren Einschätzungen richtig liegen.
Wollten Sie ins Onlineressort?
Plavec Fast jeder Jungredakteur würde am liebsten nur Reportagen für die Seite Drei schreiben, auch ich. Aber inzwischen bin ich überzeugter Onliner. Die Möglichkeiten sich auszudrücken sind im Internet vielfältiger als in der gedruckten Zeitung, wo ich nur Worte, Fotos und vielleicht noch eine Grafik habe. Im Internet kann ich zusätzlich Audiofiles, Filme und vertiefende Links anbieten und mich mit dem Leser interaktiv austauschen.