Ein Bebauungsplan soll den Ärger um den Göppinger Tierpark beenden. Doch ob das Kalkül des Oberbürgermeisters Guido Till aufgeht, ist ungewiss.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Nicht schon wieder! Dieser Stoßseufzer dürfte dieser Tage im Göppinger Rathaus zu vernehmen gewesen sein. Anlass ist die Stellungnahme einer Anwohnerin zum Bebauungsplan, der eigentlich den Konflikt um den Göppinger Tierpark befrieden soll. Doch die Anwohnerin lehnt das Papier ab. Der ausgelegte, aber noch nicht offiziell verabschiedete Plan verstoße gegen verschiedene Vorschriften des Baugesetzbuchs, der Baunutzungsverordnung und des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Er werde deshalb scheitern, heißt es in der fristgerecht eingegangenen Stellungnahme der Frau.

 

Erinnerungen an den Stadthallenstreit

Es dürfte weniger diese Prophezeiung sein, die im Rathaus Nervosität verursacht, als vielmehr der Name, der im Absender des Schreibens steht. Die Frau hat nämlich einen alten Bekannten mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt. Der Stuttgarter Rechtsanwalt Jürgen Fritz hat auch den Gesundheitsunternehmer Thomas Hummel vertreten, der im vergangenen Jahr der Stadt ein als Schlüsselgrundstück bezeichnetes Areal an der Stadthalle vor der Nase weggeschnappt hatte. Der Oberbürgermeister Guido Till hatte den Physiotherapeuten daraufhin mit einer Veränderungssperre zum Weiterverkauf zwingen wollen. Doch der Versuch schlug fehl, auch weil Fritz als Hummels Rechtsanwalt geschickt und vor allem unnachgiebig agierte.

Mindestens 100 Meter Abstand

Auch im vorliegenden Fall scheint der Stuttgarter Fachanwalt für Verwaltungsrecht nicht zum Spaßen aufgelegt. Bei den Gehegen und Ställen handele es sich, abgesehen von dem im Jahr 1927 genehmigten Gaststättengebäude, um „eine Ansammlung von Schwarzbauten“, die nun nachträglich legitimiert werden sollten. Doch das Ziel, die vorliegenden Konflikte mit den Nachbarn planerisch zu lösen, sei nicht erreichbar, weil der Abstand zwischen Tierpark und Wohnbebauung zu gering sei. Fritz verweist auf ein Urteil aus Nordrhein-Westfalen. Dort wurde der Mindestabstand auf 100 Meter festgelegt. In Göppingen trennt den Tierpark von den Häusern der Schickhardtstraße aber nur eine Straßenbreite.

Hat OB Till den Gemeinderat falsch informiert?

Dass die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten nie etwas gegen die Ausbreitung des Tierparks unternommen habe, obwohl er ausnahmslos auf städtischem Grund und Boden liege, sei ein „klassischer, nahezu beispielloser Fall von Behördenwillkür“, schreibt Fritz. Dem OB wirft der Jurist in diesem Zusammenhang eine Falschinformation vor. Till hatte bei einer Gemeinderatssitzung im Dezember erklärt, die benachbarten Häuser hätten nie so nahe an den Tierpark heranrücken dürfen. Diese Aussage sei sowohl sachlich, als auch juristisch falsch. „Bis zum Beginn der 70er Jahre, als unsere Mandantin ihr Gebäude errichten ließ, war der Tierpark eine vernachlässigbare Größe am Rande des Wohngebiets“, so der Rechtsanwalt. Es danach sei der Ausbau zum Zoo erfolgt.

Bebauungsplan als Konfliktbewältigung

Der Baubürgermeister Olav Brinker verteidigte das Vorgehen der Stadt. Mit dem Bebauungsplan wolle man zur Konfliktbewältigung beitragen. Dabei befinde man sich auf einem guten Weg, „auch wenn da jetzt eine renommierter Rechtsanwaltskanzlei dran ist“. Es sei auch ein Irrglauben, dass der Zoo sofort verschwinde, wenn nur der Bebauungsplan vom Tisch sei. „Die Anwohner könnten sich in den Augen des Gerichts ins Unrecht setzen, wenn sie die Konfliktbewältigung verhindern“, sagte Brinker. Ein beim Verwaltungsgericht anhängiges Verfahren war im Hinblick auf das laufende Bebauungsplanverfahren ausgesetzt worden.

200 Tiere könnten ihre Heimat verlieren

Sein Vorgänger Joachim Hülscher, der inzwischen für die Freien Wähler-VuB im Gemeinderat sitzt, ist weniger optimistisch. Fritz verstehe sein Handwerk, „und der OB hat sich gegen ihn schon einmal eine blutige Nase geholt“. Am Ende müsse wohl doch über einen kostspieligen Umzug der Traditionseinrichtung zum Beispiel auf ein Gelände südlich der Klinik am Eichert nachgedacht werden. 200 Tiere, datunter viele Exoten, lassen sich schließlich nicht einfach auf die Straße setzen.