Tierrechtler werfen den Betreibern des Zirkus Francordia „tierquälerische Haltung“ vor und fordern die Beschlagnahmung der Elefantin Benjamin. Der Zirkus sieht sich einer Hetzjagd ausgesetzt – auch durch die ZDF-Sendung Frontal 21.

Leinfelden - Eine knappe Stunde vor der letzten Vorstellung des Zirkus Francordia breiten sie ihre Botschaft aus. Auf ihren Schildern prangen Slogans wie „Tiere haben Rechte, Zirkus ist Gewalt“ oder „Tiere raus aus dem Zirkus“, darunter sind wilde Tiere hinter Gittern abgebildet. Doch der Tierrechtsorganisation Peta und der Tierrechtsinitiative Region Stuttgart geht es an diesem Sonntag auf dem Festplatz in Leinfelden-Echterdingen in erster Linie um einen ganz bestimmten Fall: Sie fordern die Beschlagnahmung der Elefantendame Benjamin, die nach ihrer Ansicht nicht tiergerecht untergebracht ist. Im Zirkus Francordia, der bis vor kurzem noch Luna hieß, sieht man das anders. Die Betreiber sprechen von einer Hetzkampagne.

 

Der Fall Benjamin hat in den vergangenen Jahren schon häufiger für Schlagzeilen gesorgt. Doch dürfte ein Beitrag der ZDF-Sendung Frontal 21, in der Reporter vor zwei Wochen über den Zirkus Luna berichteten, eine besonders breite Öffentlichkeit erreicht haben. In dem Beitrag zeigte das ZDF heimlich gemachte Aufnahmen von Bären in einem zu kleinem Käfig und der Elefantendame Benjamin in einem zu engen, unbeheizten Transporter bei fünf Grad Kälte. Experten befanden diese Temperatur anschließend als viel zu kalt für das tropische Tier. Der Beitrag zeigte zudem, wie Tiere mit Schlägen gefügig gemacht wurden, um schließlich Kinder und Erwachsene mit Kunststücken wie Kopfständen zu unterhalten. Doch ob die Bilder wirklich zeigen, wie es hinter den Kulissen in dem Zirkus zugeht, ist umstritten.

„Wir tun nichts Illegales“

Denn Alexandra Fink, die Sprecherin des Zirkus Francordia, wehrt sich gegen viele Behauptungen in dem Beitrag. „Die Bilder der geschlagenen Elefanten waren nicht bei uns gedreht, aber dieser Eindruck ist erweckt worden. Wir tun nichts Illegales“, sagt sie. Es sei in Deutschland schließlich erlaubt, Wildtiere in Zirkussen zu halten. Am Donnerstag sei wie an jedem neuen Standort der Esslinger Amtstierarzt dagewesen und habe alles für Okay befunden. „Wir sehen uns Verleumdungen ausgesetzt und haben in der Sache mit dem ZDF einen Anwalt eingeschaltet“, sagt sie. Die nächtlichen Aufnahmen der Elefantin in dem kalten Transporter hätten lediglich eine vorübergehende Unterbringung gezeigt, da zu diesem Zeitpunkt die Heizung ausgefallen sei.

Peter Höffken von Peta verweist dagegen auf 124 durch das ZDF recherchierte Fälle, in denen Amtsveterinäre dem Zirkus Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen angelastet hätten. Höffken ist bei Peta seit vier Jahren als Fachreferent für Tiere in der Unterhaltungsbranche zuständig. Er bemängelt die Tatenlosigkeit der Ämter. „Der Aufwand für die Staatsanwaltschaft und die Polizei sowie die Kosten für die Unterbringung sind natürlich groß. Das möchte sich keiner aufbürden“, kritisiert er. Seiner Meinung nach sitzt man das Thema die vier Tage während des Gastspiels einfach aus. Danach ziehe der Zirkus dann ohnehin in den nächsten Landkreis weiter.

Elefantin verletzte schon mehr als einmal Besucher

Laut Peta geht von der Elefantin auch eine Gefahr für Zirkusbesucher aus. Das Tier sei „durch jahrelange tierquälerische Haltung im Zirkus unberechenbar geworden“, heißt es in einer Pressemitteilung der Organisation. Tatsächlich hat Benjamin in der Vergangenheit Menschen schwer verletzt. Das haben die Zirkusbetreiber nie abgestritten. Doch es habe sich um einzelne Unfälle gehandelt, sagen sie. Vor fünf Jahren attackierte der Elefant einen Mann samt Kleinkind. Der Mann wurde schwer verletzt. Vor drei Jahren erlitt ein Junge aus Burladingen (Zollernalbkreis) einen Kieferbruch durch einen Rüsselschlag.

Auch wenn das Veterinäramt keine Reaktion auf die Forderung von Peta gezeigt hat, so haben Proteste vor dem Zirkuszelt durchaus eine Wirkung. „Viele Besucher, die solche Demos bei uns sehen, machen kehrt. Wir haben dann deutlich weniger Gäste“, ärgert sich Fink, die ihren ganzen Berufsstand infrage gestellt sieht.