Der Ersatz für den Taubenschlag auf der Rathausgarage kommt verspätet und bleibt nicht lang. Der neue Standort wird in wenigen Jahren abgerissen. Der Tierschutzverein wirft der Stadt Wortbruch vor.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Friede, Freude, Tierliebe – so liest sich die offizielle Mitteilung der Stadt mit der Überschrift: „Taubenhaus zieht vom Dach der Rathausgarage um.“ Und zwar auf das Dach der Stadtkämmerei, rund 200 Meter vom alten Standort entfernt. Kleinere Umbauten seien noch nötig, „um eine Gefährdung der Taubenwarte sowie eine Beschädigung des Gebäudes zu vermeiden“.

 

So ließ sich Dorothea Koller zitieren, die Leiterin des Ordnungsamts. Die Umbauten seien der Sicherheit der Taubenwarte geschuldet. Die Mitteilung schließt mit dem sanft verklausulierten Satz, dass die Stadt für ihre Bemühungen um Taubenschläge im vergangenen Jahr mit dem Landestierschutzpreis ausgezeichnet wurde.

Tatsächlich hat den Preis nicht die Stadt gewonnen, sondern der Tierschutzverein, der die Taubenschläge in Stuttgart betreut. Wäre es anders, würde manche Tierschützerin, so sie könnte, den Preis derzeit umgehend aberkennen. Zuvorderst Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer, die im Tierschutzverein für die Tauben zuständig ist. Feige und unfair sind die freundlicheren Attribute, mit denen sie den bevorstehenden Umzug des Taubenschlags kommentiert. Der sei, anders als in jener Mitteilung nahegelegt, keineswegs mit den Tierschützern abgesprochen. Abgesprochen sei ziemlich genau das Gegenteil.

Futter wird durch ein Fenster aufs Dach geworfen

Die Empörung entzündet sich daran, dass wegen der „kleineren Umbauten“ zwischen Abbau und Wiederaufbau rund drei Monate vergehen werden. Bis zum Ende der Arbeiten dürfen die Tierschützer auf dem Dach der Kämmerei Futter verstreuen, gewissermaßen als zwischenzeitliche Notversorgung. Allerdings vorerst ohne das Dach zu betreten. „Wir dürfen durch ein Fenster Futter auf das Flachdach werfen“, sagt Brucklacher-Gunzenhäußer.

Sinn habe dies keinen. Wohl würden Vögel zu den Fütterungszeiten Körner picken. Nisten würden sie allerdings andernorts und wären damit für das eigentliche Projekt verloren, ihre Eier gegen Attrappen zu tauschen. Die Empörung wird geschürt, weil ursprünglich ein anderer Standort zugesagt war, auf dem Rathaus, gleich gegenüber dem stillgelegten Parkhaus. „Uns wurde das alles ganz anders zugesagt“, sagt Brucklacher-Gunzenhäußer.

In der Tat – und zwar schriftlich: Nach eingehender Prüfung aller beteiligten Ämter „steht fest, dass der bisherige Taubenschlag im Flachdachbereich der Rathauspassage, einem Seitenflügel des Stuttgarter Rathauses, aufgestellt werden kann. Der Taubenschlag wird selbstverständlich vor dem Abriss der Rathausgarage fachmännisch umgesetzt“. So schrieb es Markus Rehm, Mitarbeiter des Finanzbürgermeisters Michael Föll, am Vormittag des 18. Dezember 2015 den Taubenschützern. Und: An dem Problem sei „mit Hochdruck gearbeitet“ worden.

Beide Dächer tragen das Taubenhaus nicht

Oder mit Überdruck, denn trotz der eingehenden Prüfung aller beteiligten Ämter stellte sich das ursprünglich vorgesehene Dach auf einem Flügel des Rathauses als nicht tragfähig genug für das Taubenhaus heraus. So lautet jedenfalls die amtliche Begründung für den Standortwechsel. Allerdings gilt für das inzwischen vorgesehene Dach der Stadtkämmerei Gleiches. Es müsse „statisch abgesichert“ werden, ist wiederum in jener städtischen Mitteilung zu lesen. Der Schlag sei zu schwer.

Ob die Ertüchtigung noch lohnt, scheint allerdings fraglich, und „eine Beschädigung des Gebäudes zu vermeiden“ nicht allzu dringlich. Im August 2018 soll der Ersatzbau für die Rathausgarage fertig sein, ein Büro- und Geschäftshaus. Die meisten der Büros wird die Stadtkämmerei beziehen. Ihr alter Standort mit dem Taubenschlag auf dem Dach steht dann leer.

Was danach mit den Häusern an der Schmale Straße 9 bis 13 geschehen soll, ist in der Antwort Fölls auf eine Anfrage des Stadtrats Hannes Rockenbauch (SÖS-Linke-Plus) zu lesen: „Die Gebäude sind stark sanierungsbedürftig, so dass ein Erhalt nach Auszug der Stadtkämmerei nicht sinnvoll ist.“ Sprich: Die Häuser werden abgerissen. Dann beginnt die Suche nach einem neuen Flachdach von vorn.