Es ist ein Sport der spektakulären Art: Am Wochenende haben sich die Weltbesten des Timbersports in der Stuttgarter Porsche-Arena getroffen. Weltmeister im Sportholzfällen wurde der Neuseeländer Jason Wynyard.

Stuttgart - Es riecht nach verbranntem Benzin, die Luft ist erfüllt von Sägespanstaub. Das Publikum in der Porsche-Arena tobt, als die roten Zahlen auf der digitalen Stoppuhr 35,67 Sekunden anzeigt – Stirling Hart hat gerade den Weltrekord im Springboard aus dem Jahr 2011 um zwei Sekunden verbessert, bei der wohl spektakulärsten Disziplin an diesem Abend bei der Timbersports-Weltmeisterschaft.

 

Wie ein Eichhörnchen hat er den zwei Meter hohen Holzstamm erklommen, sich mit der Axt zwei Trittbretter in das Holz geschlagen. Ziel ist es, am Ende die Spitze des Stamms zu durchschlagen. Kein Wunder, dass Springboard den meistern Timbersportlern als die Königsdisziplin gilt. Es ist Nervenkitzel pur, wenn Hart und seiner Mitstreiter auf den Planken stehen, die nur einen Fuß breit sind und dabei verbissen auf das obere Ende des Baumstamms einschlagen. Das erfordert maximale Vielseitigkeit: Balance, Kraft und vor allem Technik. Der junge Kanadier beherrscht diese Kunst an diesem Abend am besten.

Der Sport wird schon seit 150 Jahren betrieben

Es ist eine uralte Technik, einen Baum zu fällen. Sportholzfäller haben das Ganze in ein Event verwandelt, der sich Timbersports nennt. In Neuseeland, Kanada und den USA wird Sportholzfällen schon seit rund 150 Jahren betrieben. In Deutschland lassen es die starken Männer erst seit Anfang dieses Jahrhunderts krachen. Doch die Zahl der Timbersports-Anhänger steigt.

Die meisten der Disziplinen der Timbersports Series, die von dem Gerätehersteller Stihl aus Waiblingen gesponsert wird, entstanden aus traditionellen Waldarbeitertechniken. Drei der sechs Disziplinen werden mit der Axt ausgeführt – Springboard, Standing Block Chop und Underhand Chop – drei mit der Säge – Stock Saw, Single Buck und Hot Saw.

Messerscharfe Äxte und rasende Motorsägen

Stirling Hart ist einer von zwölf starken Männern, die das Finale erreicht haben. Vor dem letzten Wettbewerb, dem Hot Saw, der heißen Säge, hat er beste Chancen auf eine Medaille. Das Gerät ist 60 bis 80 PS stark, die Kettengeschwindigkeit liegt bei 240 Stundenkilometern, das Gewicht bei 27 Kilogramm. Mit dieser Höllenmaschine gilt es, von einem waagerecht verankerten Holzblock drei vollständige Scheiben, sogenannte Cookies, abzusägen.

Doch Stirling Hart versagen die Nerven, die Säge springt erst nicht an, dann vermasselt er den Schnitt. Null Punkte in dieser Disziplin bedeuten am Ende Rang vier. Weltmeister wird der Neuseeländer Jason Wynyard, er zeigt in allen sechs Wettbewerben die größte Konstanz. Es ist der achte WM-Titel der lebenden Sportholzfällerlegende. Zweiter ist Matt Cogar aus den USA, vor Martin Komárek aus der Tschechischen Republik als bester Europäer.

Jason Wynyard spielt seine Erfahrung aus

Jason Wynyard ist mit 1,95 Meter Körpergröße und 135 Kilogramm Kampfgewicht ein Athlet von beeindruckender Statur. Schon mit zwölf Jahren nahm Wynyard an Wettkämpfen teil, mit 22 wurde er Profi. Viele Jahre verdiente der heute 42-Jährige sein Geld bei Events in den traditionellen Holzfäller-Nationen Kanada, USA, Australien und in seiner Heimat Neuseeland. In den USA kassieren die Besten dieses Sports pro Show Preisgelder von 10 000 Dollar. „Ich haben heute von meiner Erfahrung profitiert“, sagt Jason Wynyard. „Der Sport ist eben auch Kopfsache“.

Es ist wohl die Kombination aus Funsport und ehrlicher Arbeit, die die Zuschauer anzieht. Patrick Fähnle und sein Vater Peter aus Allmendingen in der Nähe von Ulm sind auch begeisterte Hobbysäger. „Bislang habe ich es nur im Fernsehen gesehen, aber live ist es absolut super“, sagt Patrick Fähnle, der sich im Wald seines Schwiegervaters mit Axt und Kettensäge austoben kann. „Gigantisch finde ich, dass sich dabei keiner verletzt“, sagt der 35-Jährige. Schließlich hantieren die Teilnehmer mit rasiermesserscharfen Äxten und Kettensägen mit hoher Umdrehungszahl. Pia Bütow aus Stuttgart ist ebenfalls fasziniert. „Es ist eine tolle Show, man fühlt sich auch als Frau total wohl.“

Das deutsche Nationalteam kommt auf Platz sechs

Nicht ganz so glücklich war der deutsche Starter Dirk Braun, der Platz fünf belegte. „Ich hätte dem heimischen Publikum heute gerne mehr gezeigt. Aber die Axtdisziplinen waren nicht meine Stärke“, sagt der 43-Jährige aus Winterberg. Eigentlich wollte er es an der Säge rausholen. „Ich hab’s mir leider selbst versaut“, sagt Braun. Etwas versöhnlich stimmt ihn der erste Platz bei der Hot Saw. Doch es ist verständlich, dass der zweimalige Europameister und achtfache Deutsche Meister insgesamt enttäuscht ist. Schließlich trainiert der Forstwirt täglich drei bis fünf Stunden für seinen Sport.

Den Teamwettbewerb am Freitag sicherte sich Australien vor Kanada und den USA. Das deutsche Nationalteam um Lokalmatador Robert Ebner und Dirk Braun wurde Sechster. An den drei Tagen wurde 28 Tonnen Pappelholz verbraucht. Einen Teil davon erhält die Diakonie Stetten als Heizmaterial für den Winter.