Wer eine Panne auf der Autobahn hat, sollte sich unbedingt abseits in Sicherheit bringen. Ein Autofahrer, der auf der A 8 bei Leonberg mit plattem Reifen anhalten musste, bezahlte seine Reparaturversuche auf dem Seitenstreifen mit dem Leben.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Leonberg/Stuttgart - Womöglich hatte er geglaubt, das Malheur kurz selbst beheben zu können. Wahrscheinlich hat er nicht gewusst, dass er nur zwei Kilometer weiter eine Betriebsausfahrt mit großer Stellfläche vorgefunden hätte. So aber entschied sich ein 54-jähriger VW-Golf-Fahrer aus Duisburg, auf dem rechten Seitenstreifen anzuhalten, als er einen Reifenschaden am linken Hinterrad bemerkte. Die Panne auf der A 8, fast genau in der Mitte zwischen den Anschlussstellen Rutesheim und Leonberg-West in Fahrtrichtung Stuttgart, hatte am frühen Montagmorgen tödliche Folgen. Der Mann wurde von einem vorbeifahrenden Lkw erfasst.

 

Nach Angaben der Polizei ereignete sich der Unfall am Montag gegen 4.20 Uhr. Nachdem der Golf-Fahrer auf der dreispurigen Strecke einen Platten an seinem Wagen festgestellt hatte, steuerte er den Standstreifen an. Im Bereich der Wasserbachtalbrücke, die Rutesheim mit den Wohngebieten am S-Bahn-Halt verbindet, blieb der Wagen stehen. Der hintere Reifen auf der Fahrerseite verlor Luft, weil sich eine Schraube hineingebohrt hatte.

Lkw-Fahrerin sieht Wagen mit Warnblinker nicht

„Der Betroffene schaltete den Warnblinker ein und zog sich eine Warnweste an“, sagt Polizeisprecher Peter Widenhorn. Allerdings habe er darauf verzichtet, ein Warndreieck aufzustellen. Der Golffahrer hatte bereits das Reserverad und den Wagenheber bereitgelegt und mit dem Lösen der Radmuttern begonnen, als es passierte.

Dem Pannenfahrzeug näherte sich ein Sattelzug mit Zulassung im Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen. Die 39-jährige Fahrerin nahm das Pannenfahrzeug offenbar nicht wahr. Ob aus mangelnder Konzentration oder Müdigkeit, das ist zunächst unklar. „Anhaltspunkte auf eine mögliche Lenkzeitüberschreitung haben sich bisher nicht ergeben“, sagt Polizeisprecher Widenhorn. In die Ermittlungen wurde auf Anordnung der Staatsanwaltschaft noch ein Gutachter eingeschaltet.

Fatalerweise geriet der Sattelzug an dieser Stelle auch noch zu weit nach rechts – und damit in den Bereich des Seitenstreifens. Der Lkw schrammte an der Fahrerseite des VW Golf entlang – und riss den 54-Jährigen mit sich. Der Mann wurde vor seinen Wagen geschleudert und erlitt tödliche Verletzungen.

Staukolonnen reichen 15 Kilometer weit

Für den morgendlichen Berufsverkehr hatte der Unfall erhebliche Auswirkungen. Wegen der Dauerbaustelle am Dreieck Leonberg gibt es ohnehin kilometerlange Blechkolonnen –nun reichten die Staus bis nach Pforzheim-Süd zurück. Die Fahrzeuge standen auf bis zu 15 Kilometer. Der Streckenabschnitt war auch wegen der Ermittlungsarbeiten für längere Zeit nur eingeschränkt passierbar. Erst gegen 9.40 Uhr gab es wieder freie Fahrt.

Der Streckenabschnitt der A 8 zwischen Rutesheim und Leonberg gilt derzeit wegen der Dauerbaustelle am Autobahndreieck Leonberg als besonders unfallträchtig. Seit Anfang Mai hat die Polizei mehr 80 Unfälle registriert. Erst in der vergangenen Woche hatte ein Lkw-Unfall einen Millionenschaden und ein Verkehrschaos im Großraum, Stuttgart zur Folge. Ein Sattelzugfahrer hatte ein Stauende übersehen.

Unterschätzte Gefahr: Pannenautos am Fahrbahnrand

Der Unfall rückt freilich ein Problem in den Mittelpunkt, das auch anderen Stellen von Autobahnen und Bundesstraßen hoch gefährlich ist: Pannenfahrzeuge am Fahrbahnrand. Vor zwei Wochen wurde eine 56-jährige Fiat-Fahrerin auf der A 8 zwischen Dreieck Leonberg und Kreuz Stuttgart schwer verletzt, als ihr Wagen mit einem technischen Defekt liegen blieb und von einem Sattelzug gerammt wurde. Vor einigen Wochen sah ein 78-jähriger Nissan-Fahrer auf der A 81 bei Sindelfingen-Ost einen liegen gebliebenen Transporter mit Anhänger zu spät und prallte gegen einen VW-Bus der die Gefahrenstelle absichern wollte. Dabei gab vier Verletzte, drei davon schwer. Weitere Fälle in diesem Jahr gab es auf der B 27 bei Filderstadt, der B 10 bei Reichenbach im Kreis Esslingen sowie auf der A 831 beim Autobahnkreuz Stuttgart.

Besonders schlimm war es auf der A 8 bei Aichelberg (Kreis Göppingen), wo ein unaufmerksamer 66-Jähriger im August 2013 gleich zwei Menschen in den Tod riss. Ebenfalls bei Aichelberg konnte sich ein Helfer im Februar 2012 nur mit einem kühnen Sprung retten, als ein 47-jähriger Transporterfahrer ein Pannenfahrzeug übersah und dessen Fahrer tötete.

Die Polizei rät daher dringend, sich erst selbst aus dem Gefahrenbereich zu bringen, diesen mit Warndreieck und möglichst Blinkleuchten abzusichern und dann Hilfe herbeizurufen. Dies gelte für Pannen und Unfälle gleichermaßen.