Kameradinnen der toten „Gorch Fock“-Kadettin Jenny Böken berichten als Zeugen von dem Unglücksabend vor acht Jahren. Das Gericht muss klären, ob es eine besonders gefährliche Lage für die Besatzung gab. Nur wenn dies zutrifft, hätte die Klage der Eltern Erfolg.

Münster - Acht Jahre nach dem Tod der Bundeswehr-Kadettin Jenny Böken auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ haben mehrere Zeugen erneut ihre Erinnerungen an den Unglücksabend geschildert. Nähere Details zu den Todesumständen wurden aber zum Auftakt der Berufungsverhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster am Mittwoch nicht bekannt, an einige Einzelheiten konnten sich die Zeugen nicht mehr erinnern. In dem Verfahren werden auch die Aussagen des ehemaligen Kapitäns und des Schiffsarztes erwartet.

 

Der Vorsitzende Richter hatte bereits vor zu großen Erwartungen gewarnt. Die Verhandlung werde die genauen Todesumstände von Böken im Jahr 2008 nicht aufklären können, sagte er. Es gehe nur um die Frage, ob den Eltern eine Entschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz zustehe. Die Eltern haben die Bundesrepublik auf Zahlung einer Entschädigung von 20 000 Euro verklagt, da ihre Tochter an Bord des Bundeswehr-Schiffes einen besonders lebensgefährlichen Dienst verrichtet habe und gesundheitlich angeschlagen gewesen sei.

Die Soldatin war während einer Nachtwache über Bord gegangen

Bökens Dienstherr bestreitet dies und lehnt eine Zahlung ab. Die Soldatin aus Geilenkirchen bei Aachen war nur Stunden vor ihrem 19. Geburtstag während einer Nachtwache auf der Nordsee über Bord gegangen. Ihre Leiche wurde elf Tage später bei Helgoland im Wasser gefunden.

Nach übereinstimmenden Zeugenaussagen lag das Schiff am Abend des 3. September ruhig im Wasser, als Böken vorne auf der „Gorch Fock“ im Ausguck stand. Das Gericht befragte mehrere Soldaten, die 2008 zum Beispiel bei der Übergabe der Wache gegen 22.00 Uhr dabei waren. Eine damalige Kadettin schilderte die Wetterlage und Sichtverhältnisse. Es sei trocken und der Himmel sei klar gewesen. Das Schiff habe keine besondere Neigung gehabt.

Bundeswehr-Ärztin und Soldatin mit Erinnerungslücken

Ob Böken den Kameraden an diesem Abend von Unterleibsschmerzen erzählt hatte? Diese Frage verneinten die Zeugen. Bei Detailfragen gaben eine Bundeswehr-Ärztin und eine heutige Soldatin allerdings Erinnerungslücken an. Dass Böken im Dienst immer mal wieder eingeschlafen sei, sei aber durchaus Thema an Bord gewesen.

Widersprüche gab es bei den Aussagen zur Zeit der Übergabe. Eine Zeugin gab an, die Wache an dem Abend im September wie gewöhnlich gegen 21.45 Uhr an Böken übergeben zu haben. Laut Polizeiprotokoll hatte sie dies vor acht Jahren anders geschildert. Demnach hatte Jenny Böken die Wache erst ungewöhnlich spät um 22.20 Uhr übernommen.

Die Eltern der verunglückten Kadettin erhoffen sich von der mündlichen Verhandlung mit Hilfe des Verwaltungsrechts neue Impulse für Ermittlungen und Aussagen zur Klärung der Todesumstände.