Mit Bruno Stickroth hat Stuttgart eine seiner schillerndsten Persönlichkeiten verloren. Ein Mann, der sein Lebenszeit so facettenreich gestaltete, wie kaum ein anderer.

Stuttgart - Er hat gelebt, geliebt und gefeiert. Bruno Stickroth hat die Frist der 80 Jahre auf Erden in vollen Zügen ausgekostet. Er hatte kaum etwas zu bereuen, kaum etwas ausgelassen. Und nun ist die Stadt um eine schillernde Persönlichkeit ärmer. Er starb in dieser Woche. Bruno Stickroth, vielen als der „schöne“ Bruno bekannt, war nie wirklich zu fassen. Vielleicht, weil er mit zuviel Talent gesegnet war, einfach zu viel Gaben hatte. Singen konnte er wie wenige. So nahm er Menschen für sich ein: mit Stimme, Charme, Humor und seiner schier nie versagenden Energie. Ob als Knabe im Hymnuschor, als Elvis-Interpret auf Bühnen oder wenn er die Originale aus der Jukebox in irgendeiner Eckkneipe im Stuttgarter Westen übertönt hatte.

 

Viele fragten sich in solchen Momenten: Wer ist dieser Mann?

Mister Stuttgart der ersten Stunde

Eine Frage, auf die es keine eindeutige Erklärung geben kann. Und jeder, dessen Lebensweg Bruno zu einer bestimmten Zeit gekreuzt hat, wird seine persönliche Antwort geben. Peter Gottlob etwa, ein Stuttgarter Pionier der Body-Builder-Szene wird sagen, dass Bruno Stickroth diesem Sport wichtige Impulse gegeben hat. Gottlob eröffnete in den 1960er-Jahren in Stuttgart eines der ersten Studios in Deutschland und veranstaltete die ersten Wettbewerbe, bei denen Bruno Stickroth Mister Stuttgart oder Mister Württemberg wurde. Bei Gottlobs zweiten Veranstaltung im Jahr 1965 gewann ein junger Bursche aus Österreich den „Mister Europe Junior“: Arnold Schwarzenegger. Stickroth erzählte diese Geschichte immer gerne. Denn keiner hätte diesem groben Klotz aus der Steiermark zugetraut, dass er jemals bester Body Builder der Welt, Hollywood-Star oder gar der 38. Gouverneur Kaliforniens wird. Andererseits hatte Schwarzenegger schnell erkannt, dass in Stickroth mehr steckt. Und sei es nur die Fähigkeit jedem typgerecht die Haare zu schneiden. „Bruno“, sagte Schwarzenegger daher in Gottlobs Studio in der Leuschnerstraße: „Bruno, schneid’s kuuuurz, damit mer d‘ Body besser sieht.“

Frisör für Elvis Presley

Zuvor hatte er einem nicht minder bekannten eine neue Kurzhaar-Frisur verpasst: 1958 schnitt Stickroth Elvis Presley die Haare schnitt. Ein angegilbtes Schwarz-weiß-Foto, das beide zeigt, diente Bruno oft als Beweismittel. Zu unglaublich war diese Geschichte, zu sensationell. Ebenso wie vom vermeintlichen Tod Stickroths 1980 in der Türkei. Mit seinen stahlblauen Augen hatte er unter dem Pseudonym Bruno Hakan das türkische Publikum verzaubert. Hakan war auf dem besten Weg zum Star und dann kam der tiefe Fall. In den Medien hieß es, Bruno Hakan sei bei einem Unfall gestorben. Das Märchen aus 1000 und einer Nacht war über Nacht zu Ende. Warum der Produzent seinen Star für die Öffentlichkeit sterben ließ, bleibt bis heute ein Mysterium.

Bruno, das Multitalent

Aber auch diese Geschichte passt in die Vita des Stuttgarters, der immer nah dran war, die ganz große Karriere einzuschlagen. Wie gesagt: Talente hatte er mehr als genug. Ob als feiner Boxer bei Germania oder wieselflinker Leichtathlet. Stickroth war alles zugleich und damit am Ende auch nichts. Nichts, wenn man sein Leben, im Blickwinkel von durchschlagendem Erfolg oder großem Ruhm betrachtet. Der war ihm nie vergönnt. Ganz im Gegensatz zu seinem Sohn Thomas, der auch dank des Vaters Unterstützung Fußball-Profi (SC Freiburg, FC Homburg, Bayer Uerdingen, FC St. Mirren, 1. FC Saarbrücken, VfL Bochum) wurde. Dabei hatte wohl auch kleine Maßnahmen des Vaters am Ende große Wirkung. Zum Beispiel, den Hausmeister des MTV Stuttgart im Winter mit zehn Mark so milde zu stimmen, damit er die Sporthalle exklusiv für Stickroths Sohn Thomas und dessen Kumpels zum Kicken aufschloss.

Das Treffen der „schönen Brunos“ sehen Sie im Video. Die komplette Video-Serie finden Sie außerdem auf Youtube.