Nach den Todesschüssen vor der Discothek versucht die Polizei vor allem zu der Spur der Waffe zu folgen. Allein für den Besitz eines solchen Kriegsgewehrs wandert man ins Gefängnis. Die Frage ist: Wie kam der 34-Jährige an das Sturmgewehr der US-Streitkräfte?

Konstanz - Nur dreieinhalb Stunden nach den Todesschüssen tauchte die Konstanzer Diskothek Grey ihr Facebook-Titelbild in schwarz. Bis die Betreiber des 2500 Gäste fassenden Lokals in einem Industriegebiet ihre Sprache wieder gefunden hatten, dauerte es etwas länger. „Wir können es noch gar nicht fassen, uns fehlen die Worte. Unser herzliches Beileid und unsere tiefe Anteilnahme allen Betroffenen!“ postete das Team schließlich.

 

Die Polizei sicherte am Montag noch immer Spuren in dem Club, in dem ein 34-Jähriger mutmaßlich nach einem privaten Streit mit seinem Schwager mit einem Sturmgewehr, das unter anderen die US-Streitkräfte benutzen, um sich geschossen und einen Türsteher getötet hatte. Danach lieferte er sich einen Schusswechsel mit der Polizei, bei dem er selbst getötet wurde. Drei weitere Menschen, darunter ein Polizist, wurden schwer verletzt, acht Personen kamen mit leichten Blessuren davon.

Hundert Ermittler verfolgen die Spur der Waffe

Woher der Mann die Waffe hatte, versuchen die etwa 100 Ermittler, die den Fall bearbeiten, nun herauszufinden. Einen legalen Markt gibt es dafür nicht. Die M16 ist ein Kriegsgerät. Allein der Besitz stellt ein Verbrechen dar, das mit mindestens einem Jahr Gefängnis bestraft werden könne, sagt der zuständige Staatsanwalt Hans-Jörg Roth. Er vermutet, dass der Täter sich die Waffe über das sogenannte Darknet besorgt hat. Über die dunkle Seite des weltweiten Netzes lassen sich Waffen oder Waffenteile beschaffen, die zu funktionsfähigen Tötungsmaschinen zusammengesetzt werden können. Der mutmaßliche Täter hatte reichlich Munition dabei; die Polizei fand bei ihm drei volle Magazine. Weitere Waffen entdeckte man aber weder bei ihm noch in seiner Wohnung.

Der kurdischstämmige Iraker war zwischen 2000 und 2011 mehrfach wegen Körperverletzung und Drogendelikten verurteilt worden, seitdem aber laut Roth nicht mehr nennenswert aufgefallen. Er war nach islamischem, nicht aber nach deutschem Recht mit der Schwester des Mannes verheiratet, der als Angestellter einer GmbH den Discobetrieb führte. Mit dem Schwager hat die Polizei ebenso gesprochen wie mit Zeugen. So soll der 34-Jährige zunächst randaliert haben, worauf ihn sein Schwager des Lokals verwiesen habe. Dann soll es zu einem lauten Streit zwischen dem Täter und Security-Mitarbeitern gekommen sein, weil diese ihm den erneuten Zugang zur Disco verwehrt hatten. Danach fuhr der 34-Jährige mit einem Taxi heim, holte das Sturmgewehr und kehrte bewaffnet wieder zurück.

Nach dem Wiedereintreffen des Todesschützen bei dem Club ging alles wahnsinnig schnell. Der Mann soll versucht haben, in die Disco einzudringen, wurde aber vom Türsteher gestoppt. Zudem konnte nach Polizeiangaben die Tür zum Veranstaltungsraum noch rechtzeitig geschlossen werden. Um 4.26 Uhr gingen die ersten Notrufe ein. Drei Minuten später, sagt ein Konstanzer Polizeisprecher, seien die ersten Kollegen vor Ort gewesen. Der Täter habe um sich geschossen und versucht, zu fliehen. Dabei kam es zu dem Schusswechsel mit einem Polizisten, bei dem der 34-Jährige tödlich verletzt wurde.

Sicher ist: Alles ging wahnsinnig schnell

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl sagte, die Besucher des Grey hätten „Glück im Unglück“ gehabt: „Mit einem solchen Schnellfeuergewehr kann man natürlich in einer Diskothek wirklich etwas Furchtbares anrichten“, so der CDU-Politiker. Das M16 kann je nach Modell 700 bis 950 Schüsse pro Minute abfeuern. „Es ist wirklich schlimm genug, aber nicht zuletzt aufgrund des schnellen und konsequenten Eingreifens der Polizei ist noch ein denkbar viel größeres Unglück verhindert worden.“ Derzeit weise nichts auf einen politischen oder terroristischen Hintergrund der Tat hin, alles deute auf private Motive. Und das „werden wir nie zu 100 Prozent verhindern können“, sagte Strobl.

Stadt richtet Service-Hotline ein

„Wir sind alle schockiert“, erklärte auch der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU). Die Stadt werde alles tun, um den Betroffenen zu helfen. Als Erstes wurde eine psychosoziale Service-Hotline eingerichtet. Das Grey in der Max-Stromeyer-Straße hat erst vor zwei Monaten unter diesem Namen eröffnet. In dieser Zeit sei die Disco der Polizei nicht negativ aufgefallen. Zuvor waren in dem Gebäude diverse Diskotheken mit wechselnden Betreibern untergebracht gewesen. Dorthin sei die Polizei öfter gerufen worden – wegen Streitereien und Körperverletzungen.