Ein Dummejungenstreich hat den Austauschschüler Diren D. in den USA das Leben gekostet. Den Todesschützen Markus Kaarma erwartet nun eine lange Haftstrafe. Seine Verteidigungsstrategie überzeugte die Geschworenen im Staat Montana nicht.

Missoula – Diren D.’s Mutter brach in Tränen aus, als das Urteil fiel. Einige seiner ehemaligen Mitschüler aus der High School von Missoula im US-Bundesstaat Montana taten es ihr nach. Es müssen Tränen der Erleichterung gewesen sein. Markus Karmaa, der Mann, der den Hamburger Austauschschüler Ende April diesen Jahres erschoss, ist schuldig. So hat eine Geschworenenjury aus acht Frauen und vier Männern am Mittwoch entschieden. Es ist das vorläufige Ende eines Kriminalfalls, bei dem lange Zeit nicht klar war, ob der Täter wegen eines speziellen Gesetzes in Montana nicht doch freigesprochen werden würde.

 

Zwölf Stunden hatte die Jury beraten, dann fällte sie ihr Urteil. Kaarma drohen nun mindestens zehn Jahre Haft. Die Strafe kann aber auch deutlich höher ausfallen. Bis das Strafmaß bekannt gegeben wird, dürften noch einige Wochen vergehen.

Der leidenschaftliche Appell der Staatsanwältin hat offenbar Eindruck auf die Geschworenen gemacht. Karla Painter hatte in ihrem Schlussplädoyer davon gesprochen, dass Diren in jener Nacht im April exekutiert worden sei: „Diren, ein unbewaffnetes Kind, wurde gewaltsam und sinnlos hingerichtet.” Der 17-Jährige hatte sich damals in die Garage von Kaarma geschlichen. Er wollte offenbar eine Mutprobe abgeben, sagte ein Mitschüler vor Gericht aus. „Garagen-Hopping“ nennen es die Jugendlichen von Missoula, wenn sie nachts auf der Suche nach Alkohol sind.

Staatsanwältin: Schütze war nicht in Lebensgefahr

Der 30 Jahre alte Kaarma fackelte in jener Nacht nicht lange. Als er bemerkte, dass ein Eindringling in seiner Garage war, schnappte er sich sein Gewehr und gab vier Schüsse in die Dunkelheit ab. Zwei Kugeln trafen Diren. Das Geschoss, das im Kopf des 17-Jährigen landete, war tödlich.

Kaarmas Anwälte beriefen sich im Prozess auf die sogenannte „Castle Doctrine“. Dieses Gesetz in Montana erlaubt es Hausbesitzern, tödliche Gewalt gegen Eindringlinge auszuüben, wenn sie sich von diesen an Leib und Leben bedroht fühlen.

Doch die Argumentation verfing nicht. Die Geschworenen folgten den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte Kaarma beschuldigt, einen Mord begangen zu haben. Er sei nicht in Lebensgefahr gewesen, als der unbewaffnete Diren in seiner Garage auftauchte. Zudem habe er seine Tat gewissenhaft vorbereitet und auch angekündigt. An die zwölf Geschworenen hatte die Staatsanwältin appelliert: „Bitte sagen Sie dem Angeklagten, wir leben zwar in einem Bundesstaat mit einer starken Waffenkultur, aber nicht der Rechtlosigkeit und der Selbstjustiz“.

Todesschütze hatte vor der Tat wüste Drohungen ausgestoßen

Kaarma, ein ehemaliger Feuerwehrmann, hatte in der Tagen vor den tödlichen Schüssen geklagt, es sei schon zweimal in kurzer Zeit bei ihm eingebrochen worden. Das werde er es sich mehr länger untätig anschauen. Kaarma soll offen gedroht haben, er werde die Jungs töten, wenn sie es wieder versuchten. „Ich mache keine Sprüche, ihr werdet das im Fernsehen sehen können“, soll Kaarma gesagt haben.

Während der Plädoyers von Verteidigung und Anklage schluchzte Direns Mutter, die zur Verhandlung in die Kleinstadt Missoula gereist war, mehrfach auf. Ihr Mann legte ihr die Hand um die Schulter und versuchte sie zu trösten. Nach dem Urteil sagte Direns Vater: „Jeder muss die Strafe bekommen, die er verdient.“

Die zwei Schwestern von Diren hatten den Prozess von Deutschland aus im Internet verfolgt, wie sie dem „Hamburger Abendblatt“ sagten. Dass ihre Eltern die Kraft gehabt hätten, jeden Tag im Gericht zu sein, mache sie sehr stolz, erklärte Esra, eine der beiden. „Was Mama und Papa hilft, ist die große Anteilnahme, die die Menschen in Amerika ihnen entgegenbringen.“ Die Schwestern betonten, dass ein Schuldspruch für sie „keine Freude, aber eine Erleichterung“ sei. „Er hat es nicht verdient, glücklich mit seiner Familie zu leben, hat er doch unsere für immer zerstört.“ (mit dpa)