Tiefer Winter in Kirgisistan und ein einsamer Kommissar, der den Krebstod seiner Frau betrauert: Akyl Borubaew, der Held im neuen Thriller von Tom Callaghan, ermittelt in Bischkek und hat jede Menge Morde aufzuklären. Ohne die ordentliche Portion Sarkasmus wäre das viele Blut hier kaum zu ertragen.

Regio Desk: Sabine Schröder (sane)

Stuttgart - Kommissar Akyl Borubaew ist nicht zu beneiden: in Kirgisistan herrscht tiefster Winter, und er muss den brutalen Mord an einer jungen Frau aufklären, die, wie sich herausstellt, zu allem Überfluss auch noch die Tochter des Ministers für Staatssicherheit ist – ein Fall von höchster Brisanz also. Die Leiche ist grausam zugerichtet und der kauzige Kommissar, dessen zynischer Blick auf die Welt sich seit dem Krebstod seiner Frau Tschinara eher noch verschräft hat, soll den Mord aufklären – in einem Land, das von Drogen und Korruption beherrscht wird, das wirtschaftlich und moralisch am Boden liegt.

 

Kein Blatt vor dem Mund

„Blutiger Winter“ ist der erste Fall des Kommissars Akyl Borubaew – und wie der Autor Tom Callaghan die Sicht des Kommissars auf die Welt beschreibt, das vergisst man nicht so schnell. „Meine Welt ist ein hoffnungsloser, grausamer Ort, ein Land, bevölkert von Bedauern und hoffnungsloser Liebe. Ich tastete nach meinen Zigaretten, lehnte das angebotene Feuer ab und saugte den Krebs in meine Lungen.“ Da ermittelt einer, der mit unerschütterlicher Sicherheit durch einen Sumpf aus Gewalt watet, und dessen einziger Trost zu sein scheint sich in Sarkasmus zu flüchten: „Es war die Sorte einer Piepsstimme, die man zu hören bekommt, wenn eine verbitterte Schlampe mittleren Alters versucht, einen davon zu überzeugen, sie sei trotz überwältigender Gegenbeweise jung und begehrenswert.“ So klingt das, wenn Borubaew eine Straßenhure beschreibt.

Callaghans Kommissar nimmt kein Blatt vor den Mund, schlägt brutal zu und schießt im Lauf der Ermittlungen den einen oder anderen Gangster über den Haufen – seine moralische Integrität verliert er aber nie. Und er widersetzt sich jedem Klischee, auch dem des Wodka-Affinen: „Das Licht glitt blitzend über die Oberfläche des Wodkas und flüsterte von den Tröstungen, die er bereithielt. Es macht mir nichts aus, nichts zu trinken, aber ich hasse es, in Versuchung geführt zu werden.“

Nahe dran an Kälte und Wodka

Dabei bräuchte es manchmal vielleicht einen Wodka, denn der Fall wird immer verworrener: es geschehen weitere Morde in anderen Teilen des Landes und an der Grenze zu Usbekistan. Ist da ein Serientäter am Werk oder haben die Morde einen politischen Hintergrund? Dann taucht auch noch die rätselhafte Saltanat auf, Angehörige der usbekischen Staatssicherheit, eine undurchsichtige, aber äußerst attraktive Frau, die ihre eigenen Theorien entwickelt und den Kommissar in jeder Hinsicht verunsichert.

All das beschreibt Callaghan schonungslos, düster, spannungsgeladen. Die Beschreibungen der kirgisischen Landschaft, der Lebensumstände und Gepflogenheiten, zeugen von der Kennerschaft des Autors, der seinen Lesern eine fremde Kultur mitunter schonungslos nahe bringt. Viel Wodka, viel Schnee, wenig Mitleid. Die Kälte des kirgisischen Winters ist förmlich zu spüren – doch der Plot ist heiß.

Tom Callaghan: „Blutiger Winter“. Atlantik-Verlag, 320 Seiten, 14,99 Euro. Auch als E-Book, 10,99 Euro; als Audio-CD, 19,99 Euro; als Hörbuch-Download, 12,99 Euro.