Die Polizei ermittelt wegen des gewaltsamen Todes einer Frau in ihrem China-Restaurant nach wie vor in alle Richtungen. Raubmord oder Fremdenfeindlichkeit als Hintergrund gilt allerdings als eher unwahrscheinlich. Auch das nähere familiäre Umfeld wurde überprüft.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Backnang - Gut einen Monat nach dem gewaltsamen Tod einer 53-jährigen Frau in einem Chinarestaurant in Backnang sind die Hintergründe des mutmaßlichen Mordes weiterhin unklar. Am Freitag hat die Polizei in einem Pressegespräch Einblicke in die Arbeit der 40-köpfigen Sonderkommission gewährt, dabei aber nicht viel über die Umstände der Tat preisgegeben. Nur so viel steht fest: Die Seniorchefin, die am Morgen des 4. März von einer Mitarbeiterin tot auf der Toilette des Restaurants an der Stuttgarter Straße aufgefunden wurde, ist kurz nach Mitternacht an den Folgen massiver Gewalteinwirkung gestorben. Details könnten nicht öffentlich gemacht werden, weil man ansonsten Täterwissen verraten würde, so die Polizei.

 

Von den mehr als 200 gesicherten Spuren seien rund 80 weitgehend abgearbeitet worden, sagte der Leitende Kriminaldirektor und Chef der Waiblinger Kriminalpolizei Reiner Möller. Man ermittle weiterhin in alle Richtungen, gehe aber nach jetzigem Stand der Erkenntnisse nicht davon aus, dass das nähere Umfeld der Getöteten, etwa der Ehemann, der Sohn oder die Mitarbeiter des Backnanger Lokals für die Tat in Frage kommen. Auch einen Raubmord oder einen fremdenfeindlichen Hintergrund hält Möller für unwahrscheinlich, nahe liegender erscheint ein Motiv im persönlichen oder geschäftlichen Bereich. Doch „ausschließen können wir zum jetzigen Zeitpunktgar gar nichts“.

Ex-Mann, Sohn und Mitarbeiter überprüft

Der aktuelle Geschäftsführer der „Asien Perle“, die mittlerweile wieder ihren Restaurantbetrieb aufgenommen hat, ist der Sohn des Opfers. Die Frau, die einen niederländischen Pass besitzt, aber gelte als die Seniorchefin des Unternehmens. Sie hatte vor Jahren zunächst ein Lokal in der Sulzbacher Straße eröffnet und war mit diesem dann in die Stuttgarter Straße übergesiedelt. Ihr Ehemann lebe von ihr getrennt an einem anderen Ort in Deutschland.

Die Ermittlungen gestalteten sich aus verschiedenen Gründen schwierig, erläuterte der Kripochef. Ein wesentliches Problem sei die Sprache. Die Familie der Frau stamme aus einem Kreis in der südöstlichen chinesischen Provinz Zhejiang, in dem ein Dialekt gesprochen werde, den herkömmliche Dolmetscher nicht verstehen könnten. Rund zwei Wochen habe es gedauert, bis man einen kundigen Übersetzer habe auftreiben können. Der weit verzweigte Familienclan sei in verschiedenen Ländern sesshaft geworden, so dass sich die Ermittlungen neben Backnang und China unter anderem auch auf die Niederlande, Spanien, Italien und Ungarn erstreckten. Das geschäftliche Beziehungsgeflecht sei ebenfalls international.

Dies alles abzugleichen, bedeute einen erheblichen Aufwand, betonte Möller. Ein Gutteil der Kommunikation sei per Smartphones über eine in China weit verbreitete Plattform abgelaufen, in der man sich vornehmlich per Sprachnachricht austausche. Das System sei überdies tief verschachtelt und lasse wenige Rückschlüsse auf die jeweiligen Absender zu.

3,77 Terabyte umfasse die Sammlung an Daten, die seine Kollegen von Handys, Computern oder Tablets sichergestellt hätten, sagte Möller. Allein mehr als eine Million Bilddateien müssten zugeordnet werden. Die Polizei hofft dennoch, das Gros der Spuren bis in 14 Tagen abgearbeitet zu haben. Dann soll die Soko verkleinert werden, einige Kollegen sollen wieder an ihre regulären Arbeitsplätze zurückkehren. Rund 240 potenzielle Zeugen sollen bis dahin vernommen sein. Doch man hofft, dass noch weitere dazukommen.

Nur wenige Hinweise aus der Bevölkerung

Man habe nur sehr wenige Hinweise aus der Bevölkerung erhalten, sagt Möller. Der Kripochef geht davon aus, dass sich längst nicht alle Gäste gemeldet haben, die das Restaurant am Vortag der Tat besucht haben. An weitere Informanten versucht man nun, wie berichtet, über ein spezielles Internetportal heranzukommen. Dank einer zwischengeschalteten Verschlüsselung könne man dort Angaben machen, ohne seine Identität zu verraten, verspricht die Polizei. Seit Mittwoch ist der Zugang geschaltet. Bisher sei zwar erst ein Hinweis eingegangen, die Polizei glaubt aber, dass sich die Möglichkeit erst noch herumspreche. Dazu sollen in den nächsten Tagen Plakate in chinesischer Sprache in asiatischen Restaurants ausgehängt werden. Außerdem will man einem Hinweis im chinesischen Handelsblatt platzieren.