Die Schwäbische Alb bezwingt man besser zu Fuß. Die Strecke von Beuren über den Hohenneuffen nach Neuffen ist nichts für schwache Beine, aber etwas für die Augen. Und eine Reise durch die Geschichte ist sie obendrein.

Neuffen - Achtung, es besteht die Aussicht auf gute Aussicht! Ein paar Höhenmeter muss man schon überwinden, aber diese Tour erweitert im Wortsinne den Horizont. Für alle, die sich schnell abschrecken lassen, sei gleich am Anfang erwähnt: Es geht gleich deftig zur Sache, danach wird es besser. Die sich geradezu absurd steil anfühlende Strecke hinauf zum ersten Aussichtspunkt auf dem Beurener Fels wäre mit dem Rad schlicht nicht zu bewältigen. Deswegen machen wir es uns so leicht wie möglich und gehen die Tour vom Freilichtmuseum Beuren über die Burgruine Hohenneuffen bis nach Neuffen ganz einfach zu Fuß. Also Wanderstiefel geschnürt – die braucht man nämlich – und hinauf auf die Alb.

 

Die Tälesbahn zwischen Nürtingen und Neuffen bringt den Wanderer in Richtung Alb. Nach Beuren fährt ein Bus. Etwa eine Stunde dauert die Reise vom Stuttgarter Hauptbahnhof aus. Dann sind die Füße an der Reihe. Einen Kilometer führt der Weg die Straße entlang, dann schlägt der Wanderer sich mehr oder weniger ins Gebüsch. Die Orientierung zu verlieren ist hier unmöglich, denn solange es bergauf geht, kann der Weg allzu falsch nicht sein. Zwei Kilometer Strecke und mehr als 200 Höhenmeter sind die Eckdaten der Etappe.

Vom Weg abzukommen, kann sich lohnen

Wer es so weit nach oben geschafft hat, hat es sich verdient, auf alles andere herabsehen zu können. Und das geht vom Beurener Fels ganz hervorragend, schließlich liegt der Aussichtspunkt rund 730 Meter über dem Meeresspiegel. Über Owen im Osten etwa erhebt sich der Teckberg samt Burg, im Norden sieht man die beiden Vulkankegel Engelberg und Spitzberg, im Westen ist die Burg Hohenneuffen zu erkennen. Und weil es ja immer gut ist, ein Ziel vor Augen zu haben, kann man hier mitwandernden Kindern oder schon jetzt quengelnden Flachlandtirolern sagen: „Da hinten gibt’s was zu essen, ein Eis, ein Bier.“

Einen Überblick über alle Touren gibt die interaktive Karte:

Weil aber alles Kommende weniger anstrengend wird als die bisherige Strecke, dürfte sich etwaiges Quengeln fortan in Grenzen halten. Außerdem gibt es entlang des Weges genug zu entdecken, damit keine Langeweile aufkommt. Kurz vor Erkenbrechtsweiler etwa lohnt es sich, nach links vom vorgeschlagenen Weg abzuweichen. Nur Mut: der Weg sieht dort nur so aus, als wäre er zu Ende, es geht ein Stück über die Wiese. Belohnt wird der Abenteurer mit der Rekonstruktion eines keltisches Zangentores, wie es hier vor gut 2000 Jahren stand.

Denn an dieser Stelle verläuft der Heidengraben, eine jahrtausendealte Befestigungsanlage. Sie schützte um 100 vor Christus die größte keltische Siedlung auf dem europäischen Festland. Noch heute sind der Graben und der dazugehörige Wall um die Gemeinden Erkenbrechtsweiler (Kreis Esslingen), Grabenstetten und Hülben (beide Kreis Reutlingen) deutlich zu erkennen.

Täleswein betörte wohl schon bei der Dreiländerkonferenz

Nun gibt es die Möglichkeit, an der Hauptstraße rechts wieder auf die Route zu finden, die der Plan vorgibt. Oder aber man kann, nachdem in Sachen Wegestreue ohnehin schon Hopfen und Malz verloren ist, noch einen Abstecher zum Mostbesen in der Erkenbrechtsweiler Kirchstraße machen. Wer Most nicht mag oder sich unangenehm an Rotkäppchens Geschichte erinnert fühlt, darf diesen Schritt überspringen und sich am Albtrauf entlang direkt auf den Weg in Richtung Burg machen. Natürlich nicht, ohne ab und zu rechts ins Tal zu spähen, denn auch dort wieder: Aussicht.

Der Blick vom Hohenneuffen, endlich erreicht, eignet sich wahlweise für ein kleines heimatkundliches Quiz oder bloßes Staunen. Die Burgruine bietet Gelegenheit zur Rast. Der geschichtsträchtige Bau aus dem 12. Jahrhundert ist im Laufe der Zeit mehrfach belagert, oft erweitert und schließlich von 1720 bis 1780 als Gefängnis genutzt worden. 1801 wurde die Burg zum Abbruch freigegeben. Doch 31 Jahre später sah man den Fehler ein, verbot die Zerstörung und sicherte die Ruine. Seit 1862 beherbergt die Burg eine Gaststätte. Und 1948 fand dort die Dreiländerkonferenz zwischen Südbaden, Württemberg-Hohenzollern und Württemberg-Baden statt, in deren Folge das heutige Baden-Württemberg gegründet wurde. Welchen Einfluss der vermutlich dort kredenzte Täleswein auf das Konferenzergebnis hatte, bleibt wohl ein Geheimnis der Teilnehmer.

Von der Burg geht es nur noch bergab

Nach der Pause und vielleicht ebenfalls einem Viertele Wein dürfen noch einmal die Rucksäcke geschultert werden. Etwa zwei Kilometer sind es jetzt noch von der Gaststättentür bis zum Bahnhof in Neuffen. Und keiner der jetzt noch folgenden Schritte führt bergauf.

Für den Abstieg von der Burg gibt es zwei Varianten. Der direktere Weg ist eher für Wanderer geeignet, die keine Rücksicht auf ihre Knie nehmen müssen – die Strecke ist einigermaßen steil. Wer sich vom Parkplatz direkt unterhalb der Burg nicht ganz so scharf rechts hält, gelangt auf etwas sanftere Weise in Richtung Tal.

Damit die Wartezeit am Neuffener Bahnhof nicht zu lang wird, empfiehlt es sich, sich die Abfahrtszeiten der Bahn zu notieren. Denn eins fehlt im Tal ganz sicher, was andernorts die Langeweile vertreiben könnte: die Aussicht.

Zwischendrin Rast mit Most

Sonntagsfahrer:
Die Tälesbahn zwischen Nürtingen und Neuffen fährt seit März auch sonntags, so dass dem Wanderausflug auch an diesen Tagen nichts mehr im Wege steht. Im Stundentakt bringt sie dann Fahrgäste in Richtung Alb. Den ganzen Fahrplan gibt es online (http://www.weg-bahn.de/fahrplaene_strecken/). Es ist ratsam, ihn dabeizuhaben, um passend zum Bahnhof zurückwandern zu können.

Mosttrinker:
Wer es mit der Rast nicht bis zur Burgruine aushalten kann, ist im Mai und Juni freitags bis sonntags in Erkenbrechtsweiler gut aufgehoben. Die historische Besenwirtschaft Zum Mostkrug findet sich in der Kirchstraße 9. Die genauen Öffnungszeiten finden sich auf der Internetseite (www.mostkrug.de).