Wälder, Wiesen, Burgen und Seen kennzeichnen die Strecke zwischen Kirchheim und Dettingen: viel Flora, viel Fauna – und sogar ein Flugplatz.

Ludwigsburg und Rems-Murr : Martin Willy (ily)

Kirchheim/Teck - Kirchheim/Teck. Ja, die Stadt hatte einstmals einen enorm hohen Bekanntheitsgrad. Bis Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts war die Stadt im Kreis Esslingen deutschlandweit buchstäblich jedem Kind ein Begriff. Denn zur vollen und halben Stunde war von Kirchheim/Teck tagsüber immer die Rede: in den Verkehrsnachrichten. Denn bevor der Albaufstieg der Autobahn 8 von Stuttgart nach München sechsspurig ausgebaut wurde, kam es täglich zu kilometerlangen Staus „zwischen der Anschlussstelle Kirchheim/Teck und Merklingen“. Das hat sich inzwischen geändert. Zum Glück, für die Autofahrer und für die Kirchheimer.

 

Seit die 40 000-Einwohner-Stadt aus den Verkehrsmeldungen der Staurepublik Deutschland verschwunden ist, sind die Zeiten keineswegs schlechter geworden. Eines jedoch ist gleich geblieben, Bekanntheit hin oder her: Kirchheim kennen die meisten meist nur von der Autobahn aus, vom Vorbeifahren an der Anschlussstelle. Ein Schicksal, das die Stadt etwa mit dem norditalienischen Trento/Trient teilt. Abertausende Reisende lassen die mittelalterliche Stadt auf dem Weg in den Urlaub einfach links liegen, oft begleitet mit den Worten: „Eigentlich sollte man mal einen Abstecher dorthin machen.“ So eine Eigentlich-Stadt ist auch Kirchheim unter Teck. Die Stadt blüht im Verborgenen, am Rande der Alb und nur rund 30-S-Bahn-Minuten vom Stuttgarter Hauptbahnhof entfernt. Und der schmucke Ort hat einiges zu bieten, mitten in der Stadt, aber auch drum herum in landschaftlicher Hinsicht.

Einen Überblick über alle Touren gibt die interaktive Karte:

Die Wanderung ist ideal für Familien

Die Wanderung zu Füßen der Burg Teck von Kirchheim nach Dettingen belegt dies. Die rund zwölf Kilometer lange Strecke ist ideal für Familien. Die Tour, gemütlich an einem halben Tag zu absolvieren, ist sehr flach, die kleinen Steigungen sind leicht zu bewältigen. Sportschuhe reichen. Weil die Route ab und zu auch über Waldwege führt, sollte ein Kinderwagen mit guten Gummireifen ausgestattet sein. Vor allem aber die Familien seien gewarnt. Denn die Route birgt viele Gefahren – nicht weil sie nur etwas für austrainierte erfahrene Profikraxler wäre. Nein, es gibt viel zu viele Ablenkungen, abweichende und spannende Pfade vom Hauptweg, und vor allem lauern viel zu viele Verweilorte für Groß und Klein. Einer wartet gleich am Anfang. Wenn man kaum zehn Minuten vom Kirchheimer Bahnhof Richtung Segelflugplatz Hahnweide spaziert ist, wiehern Pferde auf einer Koppel. Keine zwei Minuten später ist der nächste Streichelzoo zu entdecken: Vier Pferde und acht Ziegen beäugen die Wanderer durch den Lattenzaun. Und nach gerade mal einer knappen halben Stunde steht man an der Riesenwiese, auf dem die Flieger starten und landen. Vom Ristorante des Flugplatzes aus hat man eine prima Aussicht auf das gesamte Fluggeschehen.

Und schon lädt die nächste Station die Wanderer zum Verweilen ein – an heißen Sommertagen verbunden auch mit einem Sprung ins kühle Nass der Bürgerseen. Dort kommt man nach gut einer Stunde an. In einem der drei Gewässer ist das Baden erlaubt, einer ist den Anglern vorbehalten, der dritte ist ein reines Biotop. An den Ufern gibt es einen Rast- und Grillplatz sowie einen Kiosk (Eis, Kaffee, Kuchen) samt Biergarten. Von dort zweigt auch ein Walderlebnispfad ab, der Abstecher kostet rund eine Stunde Zeit mehr. Auf dem Hauptweg hinauf zur Wechseleiche und zum Käppele (ist ausgeschildert) flattert ein Grünspecht durch die Bäume, und plötzlich huscht am helllichten Mittag ein Reh über den Waldweg.

Nach rund neun Kilometern erreicht man das Käppele – eine kleine Hochebene mit herrlichem Blick auf die Burg Teck. Bei guter Sicht sind sogar die Drei-Kaiser-Berge zu sehen: Staufen, Rechberg und Stuifen – und einige Vulkankegel. Auf dem Hügel bei Weilheim (Blickrichtung Süden) steht die sagenumwobene Burgruine Limburg. Sie vom Käppele aus zu sehen (Richtung Süden).

Die Sage vom Drachen auf der Limburg

Um die Ruine rankt sich die Sage vom Drachen auf der Limburg. Demnach trieb das Untier einstens dort sein Unwesen. Um den Drachen etwas zu besänftigen, habe der Kaiser befohlen, täglich zwei Menschen als Opfer auszulosen. Eines Tages habe das Los die Tochter des Kaisers getroffen. Ein tapferer Ritter habe das gehört und in einem langen Kampf das Monster besiegt. Der Retter preschte unerkannt von dannen. Der Sage nach soll es sich um den heiligen Georg oder um den Erzengel Gabriel gehandelt haben.

Vom Käppele geht es dann nur noch bergab nach Dettingen. Dort hat man zwei Möglichkeiten: erstens gleich Einkehren oder zweitens zum Dettinger Bahnhof gehen, mit der Teckbahn nach Kirchheim fahren und dort einkehren. Die Stadt bietet einen schönen Abschluss der Tour.

Nach knapp zehn Minuten Fußweg ab dem Bahnhof wartet eine herausgeputzte historische Altstadt mit etlichen Sehenswürdigkeiten: dem Schloss, dem Max-Eyth-Geburtshaus oder dem Rathaus. In der von Fachwerkhäusern gesäumten Fußgängerzone gibt es gemütliche Cafés, verschiedenste Gaststätten und Restaurants – mit der Möglichkeit, auch draußen zu verweilen. Außer der Sperrstunde lauern dann keine Gefahren mehr – auch den letzten Zug kann man nicht verpassen, denn von 23.51 Uhr an fahren die S-Bahnen im Stundentakt zurück nach Stuttgart.